Borussia Mönchengladbach "Wir müssen sofort punkten, ganz egal wie"

Mönchengladbach · Borussias Verteidiger Tony Jantschke spricht über den Start in die Rückrunde, den Gegner Stuttgart, die Entwicklung bei Borussia und seine Vielseitigkeit.

Tony Jantschke ist "egal", auf welcher Position in der Defensive er spielt.

Tony Jantschke ist "egal", auf welcher Position in der Defensive er spielt.

Foto: Soeren Stache

Herr Jantschke, Borussia startet am Samstag beim VfB Stuttgart in die Rückrunde, Dienstag kommt der SC Freiburg, dann geht es zum FC Schalke 04. Wie kompliziert ist der Auftakt?

Jantschke Er ist so kompliziert wie jede andere Konstellation auch. Es ist immer kompliziert in der Bundesliga und man muss sowieso irgendwann gegen jede Mannschaft spielen. Demzufolge müssen wir ganz einfach die Sache so nehmen wie sie ist und versuchen, gut aus den Startlöchern zu kommen. Darum sollten wir am besten in Stuttgart sofort punkten.

Vergangene Saison ging der Start in die Rückrunde daneben. Sieben Spiele in Folge gab es keinen Sieg. Gibt es Gründe, warum es dieses Mal anders laufen wird?

Jantschke Das ist schwer zu sagen. Dazu müsste ich die mentalen und physischen Voraussetzungen unserer Spieler mit dem letzten Jahr vergleichen. Ich denke, es ist nicht groß etwas anders. Wir sind fit wie vor einem Jahr und bereit. Es ist einfach manchmal ein Lauf, den man sich erarbeiten muss. Vergangenes Jahr hatten wir direkt das Spiel gegen die Bayern zum Auftakt. Dann ging es nach Hannover, wir haben dort nicht gut gespielt und verloren, danach gab es das unglückliche 0:1 gegen Leverkusen - und wir waren direkt in der Negativspirale. Jeder weiß, wie schwer es ist, aus so einer Spirale wieder herauszukommen, siehe in dieser Saison die Dortmunder. Deswegen müssen wir jetzt sofort punkten, ganz egal wie. Dann lässt es sich befreiter aufspielen.

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Foto: dpa/Andreas Gora

Hat sich das Team im Vergleich zum vergangenen Jahr weiterentwickelt?

Jantschke Natürlich sind alle ein Jahr erfahrener geworden. Auf der anderen Seite hatten wir in der vergangenen Saison 33 Punkte, jetzt haben wir 27, da könnte man auch sagen, wir haben uns verschlechtert. Es ist schwer, das zu vergleichen. Aber wir haben ganz sicher dazu gelernt und zudem die Situation mit den drei Wettbewerben sehr gut gemeistert. Wie gut und wie weit wir wirklich sind, zeigt sich jedoch erst am Ende der Saison.

Trainingsspiel unter Wettbewerbsbedingungen
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Ihr Trainer Lucien Favre hat gesagt, man dürfe den Gegner nicht vergessen. Gerade der VfB Stuttgart ist doch eine echte Wundertüte.

Jantschke Vor allem natürlich zum Rückrundenauftakt. In der Winterpause gibt es immer Veränderungen, insofern weiß man nie genau, worauf man sich einstellen muss. Und wir selbst wissen ja auch nicht genau, wo wir stehen. Wir hatten Testspiele, aber die haben recht wenig Aussagekraft. Die wirkliche Antwort gibt es am Samstag. Wir wissen natürlich, dass Stuttgart ein Traditionsklub ist, der in den vergangenen Jahren ein paar Probleme hatte. Nichtsdestotrotz ist es eine gute Mannschaft. Wir haben in Stuttgart aber schon gute Resultate erzielt, daher fahren wir positiv gestimmt dorthin.

Lucien Favre sagt auch: Wir denken immer von Spiel zu Spiel. Jetzt gibt es im Drei-Tages-Takt-Spiele. Kann man da wirklich nur immer auf das nächste Spiel schauen?

Jantschke Gerade in solchen Phasen geht das. Man denkt nur an das aktuelle Spiel und die Tage danach, in denen man dann Ruhe hat. Das Spiel gegen Freiburg ist gefühlt noch ewig hin.

Wie kriegen Sie und Ihre Kollegen es immer wieder hin, den Fokus nur auf das nächste Spiel zu legen. Denn das ist ja eines der Erfolgsgeheimnisse in Gladbach.

Jantschke Ich würde sagen, es ist uns einfach in Fleisch und Blut übergegangen. Grundsätzlich hat es uns die Saison mit der Relegation eingeimpft. Wir waren da ja eigentlich schon abgestiegen - und da ging es gar nicht anders. Wir mussten immer von Woche zu Woche punkten, wenn das nicht geklappt hätte, wäre ja alles dahin gewesen. Das hat sich bei uns eingebrannt. Und es geht auch immer gleich auf die neuen Spieler über. Viele von uns waren damals dabei und bilden das Gerüst der Mannschaft. Da wird dieses Denken immer an die Neuen weitergegeben. Außerdem sind seitdem viele Leute dazu gekommen, die viel Erfahrung haben. Granit Xhaka, Raffael und Yann Sommer haben beispielsweise schon in der Champions League gespielt, die wissen genau, worauf es ankommt, wenn wir so viele Spiele in kurzer Zeit haben. Und die anderen erleben das einfach mit und passen sich mit der Zeit an.

Wie wichtig ist es für einen Klub, eine klare Philosophie zu haben?

Jantschke Vor allem für uns ist es wichtig, denn ein Gerüst lässt ein Team doch auch immer mit Negativerlebnissen souveräner umgehen. Wir haben es hier in Gladbach ja jahrelang erlebt, wie ein Gerüst auch immer wieder auseinanderfallen kann, wenn es schlecht läuft und Panik aufkommt. Wenn ein Klub stabil ist und ein Gerüst hat, in dem es auch immer wieder Neuerungen gibt und der von oben bis unten gefestigt ist, dann kann man auch eine Phase, wie wir sie zu Beginn der letzten Rückrunde hatten, leichter überstehen. Es gibt viele Vereine, in denen es schnell Unruhe gibt - wir waren lange ja auch so ein Verein. Aber das ist zum Glück vorbei.

Das gibt auch der Mannschaft Sicherheit.

Jantschke Natürlich. Ich kenne es ja noch aus der Zeit, als ich aus der Jugend hochkam. Das war ganz anders als heute. Die Jungs, die heute hochkommen, haben es natürlich leichter. Früher war es ein ganz anderes Umfeld. Natürlich waren alle nett, aber jeder dachte in eine andere Richtung, es gab viele Einflüsse von überall. Ich habe damals auch alle Zeitungsartikel drei-, vielmal gelesen. Das sollte man dann auch nicht tun, sonst wird man verunsichert. Wenn aber das Gerüst gefestigt ist, gibt es weniger solche Dinge. Es ist für einen Spieler sehr angenehm, wenn er in Ruhe arbeiten kann. Wir haben hier inzwischen eine sehr angenehme Kultur im Verein und mit den Fans.

Das trägt auch zur Stimmung in der Kabine bei?

Jantschke Es macht natürlich mehr Spaß, wenn es gut läuft, das ist aber in jedem Job so.

Sie persönlich haben in der Vorbereitung mal wieder Rechtsverteidiger gespielt, in der Hinrunde waren Sie Innenverteidiger. Ist das Spiel in Stuttgart daher für Sie auch eine Art Wundertüte?

Jantschke Das würde ja heißen, ich wäre total überrascht, wenn ich da oder dort spiele. Das ist nicht so. Es ist mir relativ egal. Im Trainingslager habe ich beim Testspiel gegen Bremen ja sogar mal links gespielt.

Ihre Vielseitigkeit haben Sie optimal eingebracht: Egal, was umgestellt wird, Tony Jantschke spielt in Gladbach trotzdem.

Jantschke Ich hoffe natürlich, dass es noch lange so bleibt. Ich spiele dort, wo es für das Team am besten ist. Wichtig ist mir, dabei zu sein. Jeder weiß, dass ich meinen Erfolg an den der Mannschaft knüpfe - und dafür tue ich alles. Aber wir haben inzwischen ja einige Spieler, die Variationsmöglichkeiten bieten. Der Kader wurde ja so zusammengestellt und es wird vom Trainer gefördert, indem er im Training den einen oder anderen auch mal woanders spielen lässt. Es ist gut für den Trainer, wenn er viele Möglichkeiten hat.

Darf man in der Rückrunde taktische Variationen bei Borussia erwarten, vielleicht auch jenseits des angestammten 4-4-2-Systems?

Jantschke Ach, wir haben doch auch mal Überraschungen parat gehabt in der Vergangenheit. Gegen die Bayern haben wir mal 4-3-3 gespielt und in der Europa League gegen Lazio Rom auch 4-1-4-1. Unser Trainer ist ein absoluter Taktikexperte und sehr akribisch.

Sie gelten als taktisch sehr gut geschulter Spieler. Diskutieren sie ab und an auch mal mit dem Trainer über die Taktik?

Jantschke Unser Trainer hat klare Vorstellungen und wir wissen, dass das, was er sagt, meistens richtig ist. Deswegen hören wir eher zu als zu diskutieren. Mehr Video kann man nicht gucken und auch nicht noch genauer den Gegner einstudieren.

Es ist anzunehmen, dass das klare Konzept hilfreich für das Team ist?

Jantschke Natürlich. Jeder weiß, was wo verlangt wird seit drei, vier Jahren. Aber es gibt ja auch immer wieder kleine Veränderungen, wie jetzt das Spiel mit den vielen schnellen Außen. Dadurch verändert sich das Spiel natürlich. Im ersten Jahr mit Lucien Favre haben wir nur auf Konter gespielt, jetzt versuchen wir, mehr unser Spiel zu machen. Aber vom Grundsatz her haben wir ein Konzept, das steht und zu uns passt.

Bis Ende März gibt es fast nur Englische Wochen. Gibt es bei der Vielzahl der Spiele eines, auf das sie sich besonders freuen?

Jantschke Ehrlich gesagt ist es das in Stuttgart. Ich halte nicht so viel davon, zu weit nach vorn zu blicken. Wenn ich mich zum Beispiel besonders auf Sevilla freue und verletzte mich dann vorher im Derby gegen Köln, was bringt mir das? Darum macht es auch keinen Sinn, jetzt von Platz vier oder Platz sechs in der Tabelle zu reden. Auch da müssen wir erst mal abwarten, wie wir starten. Letztes Jahr haben alle von der Champions League geträumt, weil wir Dritter waren, auf einmal sind wir böse erwacht und mussten zusehen, dass wir am Ende noch Sechster werden. Mit Dingen, die allzu weit in der Zukunft sind, beschäftige ich mich im Fußball nicht. Es ist wahrscheinlich der erste Fehler, den man machen kann.

(RP)
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