Borussia Mönchengladbach Und jetzt fährt er auch noch nach Berlin...

Mönchengladbach · Seit 39 Tagen ist André Schubert Borussias Interimstrainer. Er lässt keine Fan-Wünsche offen. Er hat fast nur gewonnen und nebenbei Rekorde eingesammelt.

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Foto: dpa/Marius Becker

Die Geschichte des Interimstrainers André Schubert wird immer verblüffender. 39 Tage ist er nun übergangsweise für die sportlichen Geschicke der Borussen zuständig, und es sind 39 Tage voller Erfolge. Das 2:0 im DFB-Pokal bei Schalke 04 war der sechste Sieg im achten Pflichtspiel unter seiner Anleitung, in den nationalen Wettbewerben gab es ausschließlich Siege.

Längst ist Schubert ein Fall für die Geschichtsbücher, auch ohne Cheftrainer-Status. Kein Gladbach-Trainer startete besser in den Job als er (fünf Siege in der Bundesliga). Den Bestwert hielt bislang Udo Lattek in der Saison 1975/1976. Der Nachfolger von Hennes Weisweiler holte in seinen ersten fünf Spielen drei Siege und zwei Unentschieden, das macht elf Punkte. Schubert hat den vollen Ertrag geschafft: 15 Zähler.

Lattek ist nun noch der Borussen-Trainer, der zu Beginn seiner Amtszeit am längsten unbesiegt ist. Erst im neunten Spiel gab es die erste Niederlage nach vier Siegen und vier Unentschieden. Ein 0:3 in Berlin beendete Latteks Lauf. Ebenda spielt Schuberts Borussia morgen - und will ihre Bilanz mit dem Trainer im grünen Pulli (inzwischen unterstützt durch einen dicken schwarzen Schal) weiter ausbauen. Was die Berlin-Reise angeht, ist - augenzwinkernd - der Schubert-Effekt fast schon magisch: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", sangen die Gladbach-Fans "auf" Schalke. Und was macht Schubert? Er lässt keine Fan-Wünsche offen und fährt postwendend mit den Seinen in die Hauptstadt. Als allerdings der Liga-Spielplan, der die Konstellation möglich macht, entworfen wurde, war Schubert noch nicht im Amt. Es hat damit also nicht zu tun.

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Das ist André Schubert

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Foto: afp

Einen weiteren Vereinsrekord hält er dagegen schon: Keiner war so lange Interimstrainer in Gladbach wie er. Zuvor war Horst Köppel mit 25 Tagen (beim zweiten Mal als Übergangslösung) der Rekordhalter, doch längst hat Schubert diese Bestmarke übertroffen. Wie lange er noch der Mann für den Übergang sein wird, liegt an Sportdirektor Max Eberl und dessen Entscheidung ob des "neuen perfekten Trainers für Borussia". Inzwischen ist längst denkbar, dass Schubert für den Rest der Saison übergangsweise das Vakuum füllt, das der entschwundene Lucien Favre hinterlassen hat. Dass er bei den Fans inzwischen bei einer Trainerwahl wohl nahezu 100 Prozent der Stimmen bekommen würde, ist anzunehmen. Wer einen positiven Lauf wie diesen hat, der hat auch stets die Argumente.

Dass die Borussen diesen Lauf haben, hat Gründe, und einer davon ist natürlich Schubert. Er hat die richtigen Worte gefunden, um die Profis aus ihrer Beklommenheit zu befreien. Er hat die von Favre installierten Automatismen (u.a. Johnson/Wendt auf links) revitalisiert, um wieder Stabilität zu bekommen. Spieler wie der neue Kapitän Granit Xhaka (als solcher darf er sich nun mehr erlauben, was die Gelbgefahr reduziert), Raffael, der emotional total aufgeblüht ist, oder Lars Stindl, der als Stürmer seinen Platz gefunden hat, übernehmen Verantwortung und bilden eine gute Achse.

Borussia Mönchengladbach: So gut wie André Schubert startete keiner
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Foto: Walter Strucken

War Schuberts Ansatz in den ersten Spielen vor allem wild und spaßorientiert, so ist er nun ernsthafter geworden, ergebnisbezogener: Drei der letzten fünf Spielern endeten ohne Gegentor. In Turin wurde hochkonzentriert gearbeitet, nun "auf" Schalke auch das Glück strapaziert. Gerade die wenig erbauliche erste Halbzeit, die unbeschadet überstanden wurde, brachte dem Trainer die Erkenntnis, dass der Teamgeist intakt ist, die Borussen mental stark sind und Rückschläge schnell abhaken können. So oder so: Schuberts Borussia kann es wild, aber auch berechnend und eiskalt.

Und - das war neu im Pokalspiel - sie kann auch rotierend siegen. Erstmals seit er Trainer ist, musste Schubert recht viel ändern an der Startelf. Die Idee mit Drmic und Stindl ging nicht auf - der Wechsel ganz vorn nach 45 Minuten zeigt Schuberts Entschlossenheit: "Ich will ja gewinnen. Wenn man sieht, dass etwas hakt, kann man versuchen von außen darauf einzuwirken oder man verändert personell etwas", erklärte er. Er lag richtig: Mit Fabian Johnson kam mehr Stabilität ins Spiel und Hazard "hat es neben Lars Stindl sehr gut gemacht". Schubert kann also auch die richtigen Wechsel. Nur eines hat er bisher nicht geschafft: national verlieren. Dabei soll es morgen in Berlin bleiben. Schafft Schubert das, würde er den einsamen Bundesliga-Rekord von Willi Entenmann einstellen. Nur der schaffte als Neu-Trainer sechs Siege am Stück, das war 1986 mit dem VfB Stuttgart.

(RP)
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