Borussia Mönchengladbach Uwe Kamps: "Ter Stegen sollte noch etwas bei uns bleiben"

Mönchengladbach · Der Torwarttrainer von Bundesligist Borussia Mönchengladbach spricht mit unserer Redaktion über das Wechseltheater um Torhüter Marc-André ter Stegen und die Erwartungen vor dem Duell gegen Schalke.

Uwe Kamps: "Marc-André ter Stegen sollte noch etwas bei uns bleiben"
Foto: Bolzen

Herr Kamps, hat Marc-André ter Stegen Sie schon einmal gefragt, warum Sie in den 1990er-Jahren nicht zu Real Madrid gewechselt sind?

Uwe Kamps Klar haben wir darüber gesprochen. Aber bei ihm wäre die Situation eine völlig andere. Wenn er zu einem solchen Top-Klub wechseln würde, dann hätte er auch einen Stammplatz sicher. Ich war als Ersatzmann von Bodo Illgner vorgesehen. Ich habe mich dagegen entschieden, weil ich mich einfach in Gladbach wohlgefühlt habe und das alles nicht aufgeben wollte.

Wie viel hat ter Stegen zu verlieren, wenn er die Borussia verlassen würde?

Kamps So etwas kann man im Vorfeld schlecht sagen. Es ist klar, dass der Druck bei einem Klub wie dem FC Barcelona größer ist als bei uns am beschaulichen Niederrhein. Bei einem Top-Klub stehst du 24 Stunden am Tag unter Beobachtung.

Rein sportlich gibt es wenig Gründe für einen Torwart, die Bundesliga zu verlassen.

Kamps Stimmt, es ist sehr ausgeglichen in der Bundesliga. Es gibt aber natürlich noch andere Gründe. Sollte ein FC Barcelona bei einem anklopfen, ist das sicher eine Hausnummer.

Gehören Sie zu den wenigen Vertrauten von ihm, die schon wissen, wie er sich entscheidet?

Kamps Nee, natürlich nicht. Das ist eine Entscheidung, die er ganz alleine treffen wird. Bis zur Winterpause werden wir Klarheit bekommen. Ich hoffe, dass er bei uns bleibt.

Ist es in der heutigen Zeit vorstellbar, dass ter Stegen der neue Uwe Kamps in Gladbach wird und 20 Jahre für den gleichen Verein spielt?

Kamps Das wäre für mich kein Problem. Aber das Geschäft hat sich einfach geändert.

Man kann also festhalten, die Leute kommen und gehen, nur Uwe bleibt. Erzählen Sie schon viele Veteranen-Geschichten?

Kamps Ich ertappe mich manchmal dabei. Ich versuche mich aber zurückzuhalten.

Sind Torhüter heute besser als zu Ihrer Zeit?

Kamps Ja, das liegt alleine schon an der Ausbildung. Heute werden die Jugendlichen besser vorbereitet. Wenn Sie sich Marc-André angucken, dann sieht man, was ein Torwart alles mitbringen muss. Er soll Tore verhindern, er muss sich aber auch in den Spielaufbau einschalten und dementsprechend sicher mit dem Ball sein. Auch das wurde früher vernachlässigt. Da war man froh, wenn man den Ball über die Mittellinie gedroschen hat.

Würde es aus Ihrer fachlichen Sicht Sinn machen, wenn ter Stegen noch mindestens ein weiteres Jahr bleibt und dann nach Dortmund wechselt?

Kamps (lacht) Warum denn jetzt Dortmund?

Man könnte auch nach einem möglichen Wechsel zu Schalke, Manchester oder eben Barcelona fragen.

Kamps Sehen Sie, ich sehe das ganze durch die Borussia-Brille. Und da muss ich sagen, es hätte aus vielen Gesichtspunkten einen Reiz, wenn er noch mindestens eine Saison bei uns bleibt. Gerade wenn wir uns wieder für den Europapokal qualifizieren könnten. Das andere wäre ein ganz großer Schritt. Es gibt einige Beispiele, wo sich junge deutsche Torhüter bei ihrem ersten Anlauf im Ausland schwer getan haben.

Für den Fall, dass Borussia einen Torwart suchen muss, wären Sie ein Mitglied der Findungskommission?

Kamps Davon gehe ich stark aus.

Könnte der Freiburger Oliver Baumann ein Kandidat sein?

Kamps Baumann bringt vieles von dem mit, was man sich von einem modernen Torwart wünscht. Aber sehen Sie es mir nach, wenn ich mich zu einzelnen Namen detaillierter äußern würde, bekäme ich das immer wieder vorgehalten.

Borussia könnte mit einem Sieg am Samstag gegen Schalke dem unmittelbaren Konkurrenten bis auf sieben Punkte enteilen. Ist gerade in diesem Spiel Marc-André ter Stegen ein wichtiger Vorteil gegenüber den Königsblauen?

Kamps Wenn ich die Position direkt miteinander vergleichen müsste, würde es 1:0 für uns stehen. Die Schalker sind im Moment da offenbar nicht ganz so zufrieden auf dieser Position. Timo Hildebrand ist einer von diesen jungen deutschen Torhütern, die im Ausland nicht glücklich geworden sind.

Hätten Sie vor der Saison damit gerechnet, zu diesem Zeitpunkt vor Schalke in der Tabelle zu rangieren?

Kamps Eher nicht. Die Entwicklung bei uns ist extrem positiv.

Woran liegt es, dass Borussia speziell im eigenen Stadion dominant spielt?

Kamps Die Spieler sind im Rhythmus und haben unglaubliches Selbstvertrauen.

Welche drei Torhüter würden Sie mit zur WM nach Brasilien nehmen?

Kamps Manuel Neuer ist die Nummer eins. Dahinter muss man sehen, das kann ein erfahrener Mann wie Roman Weidenfeller oder René Adler sein. Dahinter hat der Bundestrainer sehr viele Möglichkeiten. Marc-André zählt dazu.

Ter Stegen hat sich ausgerechnet im DFB-Trikot ein paar Unsicherheiten geleistet.

Kamps Er ist auch nur ein Mensch, er ist ja keine Maschine.

Das ist eine echte Nachricht.

Kamps (lacht) Sehen Sie, ich bin immer wieder froh, wenn ich weiterhelfen kann.

Sind Sie überrascht davon, wie schnell er sich von kleineren Rückschlägen erholt?

Kamps Es gab schon viele, die gedacht haben, jetzt macht er eine größere Krise durch. Es war gerade bei der Nationalmannschaft Pech dabei, er hat aber auch seinen Teil dazu beigetragen. Man muss so etwas sagen dürfen. Es spricht für seine Stärke, wie er das alles verarbeitet. Er hat viel aus seinen Fehlern gelernt.

Gianni Costa, Karsten Kellermann und André Schahidi führten das Gespräch.

(gic)
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