Borussia Wichtiger Punkt oder verschenkter Sieg?

Jedes Fußballspiel hat viele Botschaften. Zum einen die an der Oberfläche, die nackten Ergebnisse und den offensichtlichen Verlauf der 90 Minuten. Dies zugrunde gelegt, war das Derby beim 1. FC Köln für Borussia Mönchengladbach ein verschenkter Sieg.

Köln - Gladbach: Einzelkritik
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1:0 geführt hat das Team von Michael Frontzeck durch den sehenswerten Treffer von Marco Reus in der 56. Minute. Und die Gladbacher haben das Spiel weitgehend klar dominiert: Ihre Spielanlage wirkte reifer, ausgeklügelter und leichtfüßiger als die des 1. FC Köln, es gab deutlich mehr mannschaftliche Struktur. Doch Maniche, der ansonsten wenig auffällige Portugiese, glich noch aus, weil ihm "ein Sonntagsschuss" (Frontzeck) gelang. So gesehen war es ein Spiel, das "wir gewinnen müssen", wie Reus monierte. Denn: "Beim 1:1 haben wir uns doof angestellt."

"Mutig nach vorn gespielt"

Nun gibt es aber eine Tiefenstruktur des Ballkunstwerks, und diese machte Trainer Frontzeck und auch Sportdirektor Max Eberl zufrieden. "Vorrangig war es unser Ziel, nach den zuvor zwei Niederlagen wieder Boden unter die Füße zu kriegen", gab Frontzeck bekannt. Weswegen Eberl von "einem wichtigen Punkt sprach". Noch wichtiger jedoch war "die Art und Weise, wie wir gespielt haben". "Mutig nach vorn" schon vor der Pause, "wobei wir aber den letzten Pass vergessen haben", so Eberl. Nach dem Wechsel "sind wir noch aktiver gewesen".

Aktiv und mutig — das waren die Borussen nicht oder viel zu wenig, als sie 0:3 in Dortmund und 0:4 gegen Wolfsburg verloren. Das 1:1 in Köln war inhaltlich die richtige Reaktion: Die Borussen haben gezeigt, dass sie etwas bewegen wollen, auch wenn es am Ende nicht zu einem Sieg reichte, der verdient gewesen wäre. Und noch ein Botschaft hatte das Spiel: Gladbach spielte besser als Köln, war also der gefühlte Sieger nach Punkten. Zudem blieb die tabellarische Distanz zum Effzee bestehen.

"Weiter von Spiel zu Spiel denken"

31 reale Punkte hat Borussia nun, und somit, angesichts der Gesamtlage der Liga, weiterhin eine komfortale Situation. 31 Punkte — das ist nach 27 Spielen exakt die Ausbeute, die Borussia vergangene Saison nach 34 Spielen hatte. Damals war das Endergebnis die Basis für alles weitere, den es bedeutete einfach nur die Rettung. Nun kann der Ertrag noch deutlich gesteigert werden in den verbliebenen sieben Spielen, welche die Gladbacher zumindest mit einem guten Gefühl in der Magengegend angehen können, weil sie relativ sorgenfrei sind (was nach einer Niederlage in Köln anders gewesen wäre). Nun aber die vorzeitige Rettung auszurufen, dazu will sich Max Eberl keineswegs hinreißen lassen. "Wir werden weiter von Spiel zu Spiel denken, so wir es die ganze Saison gemacht haben. Das hat uns immer stark gemacht", sagte der Sportdirektor.

Eberl will mit dieser bewussten Fokussierung auf die allernächste Zukunft die innere Spannung aufrecht erhalten. Wer nur ans nächste Spiel denkt, der zieht keine voreiligen Schlüsse, was die gesamte Saison angeht. Denn wer sich zu früh zurück lehnt, gerät leicht in einen gefährlichen Strudel. Das haben die beiden derben Pleiten vor dem 1:1 gezeigt: Borussia ist nur das stark, wenn die Ordnung stimmt und das Team als Team arbeitet. In Köln war das so.

Doch ist ein Derby ein Ort besonderer Motivation, eine, die dem Spiel immanent ist. Somit ist ein Derby ein eher ungeeigneter Gradmesser für das Gesamtbefinden. Das kommende Spiel gegen den Hamburger SV, das trotz des Ur-Gladbachers sowie Ex-Borussen Marcell Jansen weit weniger prickelt als das gegen den Erzrivalen aus der Domstadt, wird am Sonntag zeigen, ob das 1:1 in Köln tatsächlich eine Trendwende war oder doch nur eine verpasste Gelegenheit, drei Punkte zu holen.

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