Borussia Mönchengladbach Xhakas Übermut und noch mehr Schweizer mit Folgen

Mönchengladbach · Borussia Mönchengladbachs 2:4 beim SC Freiburg lässt sich schnell erzählen: 0:1. Riesige Chancen. Halbzeit. Fast-Eigentor Freiburg. 1:1. Elfer verschossen. Gelb-Rot. 2:1. 3:1. Geschenktes 4:1. 30-Meter-Freistoß zum 4:2. Abpfiff. Die "Zehn vom Niederrhein" hat die Langfassung.

Borussia Mönchengladbach beim SC Freiburg: Einzelkritik
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Freiburg - Gladbach: Einzelkritik

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1. Freiburg-Fluch Dieser Erfolg in der 2. Bundesliga kurz vor Weihnachten 2007 gilt nicht wirklich. Die Borussia hat seit dem 23. März 2002 nicht mehr und überhaupt erst einmal im Oberhaus beim SC Freiburg gewonnen. Sonst ließe sich auch die Negativ-Heimserie gegen Bayer Leverkusen anfechten — immerhin gab es in den vergangenen 25 Jahren im DFB-Pokal zwei Erfolge im Elfmeterschießen. Die Breisgau-Misere fortzuführen, ist so einfach wie das Älterwerden: Man zählt einfach ein Jahr dazu.

31. Spieltag der Bundesliga: Pressestimmen
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Pressestimmen zum 31. Spieltag

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2. Auswärts-Herrmann Dabei hatte Gladbach bereits nach neun Minuten mehr Tore erzielt als in den vergangenen vier Gastspielen beim SC Freiburg. Für Patrick Herrmann war es das erste Auswärtstor seit dem 3. Februar 2013 in Nürnberg, zudem resultierte der Treffer aus einer Flanke. Flach zwar, das stimmt, aber als Flanke sollte die Hereingabe von Juan Arango dennoch durchgehen. Konnte ja niemand ahnen, dass dieses Spiel in den folgenden 81 Minuten noch unzählige andere Momente mit Seltenheitswert bieten sollte.

3. Wiedersehen mit Schweizern Admir Mehmedi hat es schon einmal erlebt. Am 21. August 2012 hat der Schweizer schon einmal die Champions-League-Hymne im Borussia-Park gehört. Bei Dynamo Kiew saß er auf der Bank, kam in der Schlussminute beim Stand von 3:1 aus Sicht seiner Mannschaft ins Spiel. Dass es in der kommenden Saison zu 94 Prozent nicht so kommen wird, dass die Borussia nicht Rang vier belegen wird, hat Mehmedi mit seinen Saisontoren zehn und elf selbst eingefädelt. Anders als Max Kruse könnte Gladbach diesem Freiburger Doppel-Torschützen wohl wenigstens die Europa League bieten.

4. Auf dem Zettel Mehmedis erster Treffer hätte unterm Strich gar nicht so sehr schmerzen müssen, wenn Filip Daems nicht erneut ein ehemaliges Naturgesetz ausgehebelt hätte. Am Samstag in Freiburg könnte eine Ära zu Ende gegangen sein. Jahrelang schoss Daems keine Tore aus dem Spiel. Jetzt dürfte er in naher Zukunft nicht einmal mehr Elfmeter aus dem Spiel heraus schießen. Für den Zettel im Elfmeterschießen — Darmstadt, Heidenheim, München, wo auch immer — dürfte es nach wie vor reichen.

5. Ohne Skrupel Max Kruse wollte, Max Kruse durfte theoretisch sogar — aber Filip Daems war sich nicht minder sicher. Nun hat der Autor dieser Zeilen noch nie einen Elfmeter in der Bundesliga geschossen, ist sich aber sicher, dass er auf dem Weg zum Punkt ungern von einem Mitspieler bequatscht werden, sondern sich lieber konzentrieren würde. Optimal ist diese Szene nicht verlaufen. Irgendwie beschleicht einen das Gefühl, dass Kruse auch im WM-Finale gegen Spanien beim Stand von 0:0 in der 89. Minute keine Skrupel hätte, sich den Ball zu nehmen. Fraglich ist eher der Finaleinzug der deutschen Mannschaft.

6. Übermotiviert Granit Xhaka stellte das Wort "Schnelllebigkeit" bei seiner Startelf-Rückkehr auf beeindruckende Weise pantomimisch dar. Nach 45 Minuten sah es danach aus, als würde er bis zum Saisonende eine tragende Rolle bei der Borussia und anschließend eine großartige WM mit der Schweiz spielen. Allein sein Pass auf Arango vor dem 0:1 taugte als überzeugendes Argument. Eine Halbzeitpause und 24 Minuten später hatte Xhaka die Niederlage mit eingeleitet und wird zumindest in der nächsten der drei verbleibenden Partien keine Rolle spielen.

7. Geht auf keine Kuhhaut Vier Gegentore in Bremen, fünf Gegentore in Dortmund, vier Gegentore gegen München, vier Gegentore in Leverkusen — Schlimmeres hat die Borussia unter Lucien Favre in der Bundesliga noch nicht erlebt. Selbst bei Semi-Angstgegner Freiburg war der VfL bislang mit weniger ausgekommen. Darunter waren ein 103 km/h schneller Strich in den Winkel und ein Ostergeschenk von Alvaro Dominguez. Dieses Spiel hatte einfach alles. Nicht unterschlagen werden sollen: Raffaels Riesenchancen in der ersten Halbzeit sowie Immanuel Höhns Beinahe-Eigentor des Jahres.

8. Der Gewalt-Arango Eine eigene Kategorie verdient das zweite, das schöne und dennoch nutzlose Tor durch Havard Nordtveit zum 2:4 aus Sicht des VfL. Da treffen Gladbachs Sechser seit dem 2. Spieltag nicht ins Tor — und dann haut Nordtveit einfach aus 30 Metern den Ball rein. Auch diese Szene passte ins Bild eines völlig aus den Fugen geratenen Spiels.

9. Läuft nicht Gladbachs Endspurt in der Saison 2010/2011 könnte ganze Seminare über den Abstiegskampf füllen. Geht es um die Existenz, ist der VfL eine Macht. 1999 und 2007 war im Finale längst nichts mehr zu retten, ansonsten hat sich die Mannschaft noch immer befreit. Droht beim Verfehlen der Ziele kein allzu harter Fall, ging das Unterfangen 1996, 2012 und 2013 jedoch latent daneben. Das Maximum holte die Borussia nie heraus, etwas weniger war immer irgendwie zufriedenstellend. Fragen wirft eine Zahl vom Samstag auf: Die Mannschaft lief zwölf Kilometer weniger als der SC Freiburg. Zwar spielte Gladbach 21 Minuten lang zu Zehnt — dadurch gingen jedoch höchstens 2,5 Kilometer verloren.

10. In Europa gesetzt Dennoch ist es nicht vermessen, zu glauben, dass Gladbach die Saison auch ohne weiteren Punktgewinn auf Platz sieben beenden würde. Der FC Augsburg müsste in dem Fall immer noch sieben Punkte aus drei Spielen holen, um vorbeizuziehen. Verboten ist der Blick in die mittlere Ferne allenfalls Borussias Spielern. Am 31. Juli geht die 3. Quali-Runde der Europa League los, falls es am Ende Platz sieben wird. Am 21. und 28. August stünden die Play-offs an. Seitenwahl.de hat bereits das Uefa-Ranking gecheckt und herausgefunden, dass die Borussia — derzeit europaweit die Nummer 81 — in allen Runden gesetzt wäre. Realistisch wären damit Reisen nach Island, Norwegen, Estland, Kasachstan, Rumänien und Aserbaidschan. Die nächste Reise führt jedoch nach Gelsenkirchen.

(seeg)
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