Borussia Mönchengladbach Zwischen den Welten und eine verführerische Frage

Enger war es nach 24 Spieltagen noch nie zwischen Europapokalplätzen und Abstiegskampf in der Bundesliga. Borussia ist nach dem 1:2 beim Hamburger SV eher oben dran als unten drin. Trotzdem war es die wohl schwächste Leistung im Jahr 2017.

Hamburger SV - Borussia Mönchengladbach: Einzelkritik
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Hamburg - Borussia: Einzelkritik

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Foto: dpa, dan hak
  • Ein Hauch von Angstgegner

Max Kruse machte ein langes Bein und drückte den Ball über die Torlinie. Es war der 24. September 2014, Borussia Mönchengladbach spielte zu Hause gegen den Hamburger SV und gewann am Ende 1:0. In den folgenden fünf Ligaspielen gegenden HSV ist Gladbach nicht mehr als Sieger vom Platz gegangen. Gegen keinen anderen Klub liegt der letzte Erfolg länger zurück, wenn man von RB Leipzig absieht, das diese Saison zum ersten Mal erstklassig ist. Dafür ist der letzte Pflichtspielsieg im DFB-Pokal gegen Hamburg noch keine zwei Wochen alt, weshalb Borussia und ihren Fans die verführerische Frage gestellt werden darf, welcher Sieg ihnen lieber gewesen wäre. Ein Einzug ins Pokalfinale wäre bei einer Niederlage zumindest hinsichtlich einer Europapokal-Qualifikation wertlos, während drei Punkte in der Liga am Ende womöglich fehlen zum unverhofften Sprung ins internationale Geschäft. Die Frage muss wohl bis in den Mai geschoben werden.

  1. Zwei Superlative

Vor der Pause lag die Passquote mit 71,9 Prozent noch knapp über der Marke, die ein halbwegs fundiertes Kombinationsspiel von Darmstadt-Werten und Leverkusener Hardcore-Pressing in besten Roger-Schmidt-Zeiten trennt. Nach der Pause kamen bei Borussia nur noch 66,3 Prozent aller Zuspiele an, womit kaum noch Entlastung möglich war, geschweige denn ernsthafte Bemühungen um ein zweites Tor. 69,2 Prozent waren am Ende der schlechteste Wert für Borussia in dieser Saison. Und der HSV? Feierte "das beste Pressing-Spiel" in der Zeit unter Markus Gisdol (O-Ton Markus Gisdol).

  1. Hamburg dreht zum ersten Mal ein Spiel

Dieter Hecking dagegen hätte das schwächste Spiel seiner Zeit als Gladbach-Trainer monieren können. Davon sah er öffentlich ab, ohne aber die Fehler zu verschweigen. "In der zweiten Halbzeit haben wir es nicht mehr geschafft, die Bälle zu sichern, sind nicht ins Umkehrspiel gekommen", sagte er. "Der HSV hat das Spiel verdient gewonnen, weil er gerade in dieser Phase die 50:50-Zweikämpfe für sich entschieden hat." So kassierte Borussia die erste Auswärtsniederlage unter Hecking im neunten Spiel. Eine weitere Premiere brachte diese Premiere auf den Weg: Zum ersten Mal verlor Borussia in diesem Jahr eine zweite Halbzeit. Der HSV wiederum drehte erstmals einen Rückstand, nachdem er zuvor nur in einem von 13 Fällen noch gepunktet hatte.

  1. Rotationsrekord unter Dieter Hecking

Andreas Christensen meldete sich zurück, nachdem er seine Rückenprobleme überstanden hatte. Christoph Kramer durfte wieder ran nach seiner Gelbsperre in der Europa League. Zudem gab es auf den Außenbahnen den üblichen Wechsel, Patrick Herrmann war wieder an der Reihe. Damit hätte Hecking seinen maximalen Rotationswert der vergangenen Wochen bereits erreicht, er wollte aber auch Tony Jantschke hinten rechts eine Pause gönnen und Nico Elvedi eine Chance geben. Dass es aufgrund der kurzfristigen Ausfälle von Raffael und Lars Stindl nicht sogar sechs Änderungen wurden, lag allein an der Tatsache, dass Mo Dahoud einen der beiden ersetzte und von der Sechs auf die Zehnerposition rückte. Nun sind fünf das neue Maximum.

  1. Chance vertan

Eintracht Frankfurt, der 1. FC Köln und der SC Freiburg hatten alle nicht gewonnen, so dass Borussia der Sprung auf den sechsten Platz winkte. Nach der verpassten Chance, die Aufholjagd der vergangenen Wochen endgültig mit dem Attribut "sensationell" zu versehen, ist Gladbach zwar weiterhin Neunter. Der Relegationsplatz ist allerdings nähergekommen, sechs Punkte sind es nach unten, drei nach oben auf Frankfurt. Dass nur neun Punkte zwischen einem Europapokalplatz und dem 16. Platz liegen, ist seit der Einführung der Drei-Punkte-Regel 1995 zuvor erst einmal vorgekommen. 2007 war Bayer Leverkusen Sechster mit 35 Punkten und Frankfurt 16. mit 26. Damals allerdings mussten sich mehr Teams akut mit dem Abstieg beschäftigen als heute — der VfL Wolfsburg hatte als Neunter nur einen Vorsprung von zwei Punkten.

(jaso)
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