Hetzkampagne gegen Schiedsrichter Amerell macht Wack verantwortlich

Frankfurt/Main (RPO). Im Sitten-Skandal um den inzwischen zurückgetretenen früheren Schiedsrichterbeobachter Manfred Amerell haben dessen Ehefrau Margit sowie sein Anwalt Jürgen Langer schwere Vorwürfe gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und DFB-Präsident Theo Zwanziger erhoben.

Manfred Amerells Erklärung im Wortlaut
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Foto: ddp

"Der DFB will vertuschen und verschleiern", sagte Langer am Montag auf einer Pressekonferenz in München, warf dem DFB eine Verschwörung gegen seinen Mandanten vor und sprach dabei vom "System DFB" sowie vom "System Zwanziger".

DFB erwägt rechtliche Schritte

Der DFB will sich dies nicht bieten lassen, in einer Stellungnahme am Nachmittag drohte der Verband Langer mit juristischen Schritten. "Herr Langer eröffnet immer neue Nebenkriegsschauplätze, um vom eigentlichen Kern des Verfahrens abzulenken. Gegen seine Äußerungen, es handele sich im Fall Amerell um eine Verleumdungskampagne, werden rechtliche Schritte geprüft."

Schwere Beschuldigungen erhoben Langer und Margit Amerell, die eine fünfminütige Erklärung vorlas, auch gegen Ex-Referee Franz-Xaver Wack. Wack und den neben Referee Michael Kempter drei weiteren Schiedsrichtern, die am Sonntag eidesstattliche Erklärungen mit dem Vorwurf der sexuellen Belästigung gegen Amerell unterzeichnet hatten, dabei aber anonym bleiben wollten, werden "üble Nachrede" und "Verleumdung" vorgeworfen.

"Skandalöse Umstände beim DFB"

"Beim DFB herrschen skandalöse Umstände, davon kann ich mich nur mit Grauen abwenden", sagte Langer auf der Pressekonferenz vor etwa 40 Journalisten im Hotel Bayerischer Hof. Laut Langer sei Wack "die zentrale Figur im Komplott" gegen seinen Mandaten. Margit Amerell bezeichnete Wack als "Lügner".

Laut Margit Amerell soll Wack sie unter Druck gesetzt haben. Am vergangenen Freitag soll Wack sie bei einem Telefonat um ein Treffen gebeten haben. Bei diesem Treffen in der Nacht auf Samstag habe Wack ihr angeblich erklärt, dass er im Besitz einer Akte sei, in der insgesamt zehn Schiedsrichter ihren Ehemann beschuldigen würden. Wack habe ihr nahegelegt, dass sich Manfred Amerell am Montag "stellen soll".

Wack rechtfertigt sich

Dagegen wehrte sich der Ex-Referee. "Die Behauptung, dass ich im Fall Amerell in Besitz einer DFB-Akte sei, ist schlichtweg falsch" hieß es in einer Stellungnahme Wacks. Er habe sich mit Frau Amerell in einem Hotel in Augsburg getroffen, "um als langjähriger Bekannter auf der einen Seite und als Vertrauensmann der Schiedsrichter auf der anderen Seite in einem ruhigen, sachlichen Gespräch an die Vernunft zu appellieren und einer weiteren und für alle Seiten schädlichen Eskalation entgegen zu wirken."

Amerell hatte schon zuvor Wack des "Rufmords" bezichtigt. Wack habe bereits seit langer Zeit versucht, seinem Ansehen zu schaden, um seine Ämter zu übernehmen. Amerell spielt auf den Sonntag an, als neben Michael Kempter in München drei weitere Schiedsrichter Vorwürfe wegen angeblicher sexueller Belästigung gegen ihn erhoben haben. Dabei trat Wack als "Vertrauensperson" der Referees auf.

Laut Anwalt Langer hat sich Amerell juristische Schritte vorbehalten, will aber zunächst die Verhandlung am Donnerstag mit dem DFB vor dem Landgericht München abwarten.

Kritik an Zwanziger

Scharfe Kritik hatte Langer auch zuvor bereits an Zwanziger geäußert. "Wenn ein Volljurist, Rechtsanwalt und ehemaliger Oberverwaltungsrichter die Öffentlichkeit mit falschen Informationen bedient, dann vervollständigt dies das mir vorliegende Mosaik", sagte Langer.

Unterdessen soll Kempter am Freitag in der Zweitligapartie zwischen Fortuna Düsseldorf gegen die SpVgg Greuther Fürth sein Comeback geben. Ob Kempter am Freitag tatsächlich zurückkehrt, ist noch fraglich. Denn der 27-Jährige sieht sich selbst Vorwürfen eines jungen Referee, der in der 3. Liga als Linienrichter aktiv ist, ausgesetzt.

Beim DFB nimmt der Druck auf Schiedsrichter-Boss Volker Roth und auch auf Zwanziger immer weiter zu. Laut Wack habe Roth seit mindestens fünf Jahren von Amerells angeblichen Neigungen gewusst. Der frühere FIFA-Unparteiische hatte berichtet, er habe schon 2005 Verdacht gegen Amerell geschöpft, deshalb unter anderem Kontakt mit Roth aufgenommen und darauf hingewiesen, dass es Hinweise für Amtsmissbrauch bei Amerell gebe. Roth habe nicht reagiert und den Verdacht "abgetan". Wack sprach von einem "System Amerell" und einem "komplexen Netzwerk".

Roth hatte erst im Januar dieses Jahres reagiert. Nachdem FIFA-Schiedsrichter Michael Kempter im Dezember 2009 Vorwürfe gegenüber Amerell an Roth herangetragen hatte, leitete Roth die Anschuldigungen mit mehrwöchiger Verspätung weiter an Zwanziger.

Roth, der im Oktober beim DFB-Bundestag wie geplant abtreten will, wird von Zwanziger gestützt. Zwar bezeichnete der DFB-Boss Roths zögerliches Handeln als offenkundigen Fehler, hält aber trotzdem an ihm fest.

Zwanziger steckt selbst in der Bredouille. Es steht die Frage im Raum, ob bzw. warum der DFB-Präsident angeblich nichts von den jahrelangen Vorwürfen gegen Amerell gewusst hat. Kein gutes Licht werfen auch die Vorwürfe eines jungen Referees gegen Kempter auf den DFB. Der DFB verwies darauf, dass im Gegensatz zu Amerell bei Kempter "keine Hinweise auf eine Pflichtverletzung" vorlägen und hat aus diesem Grund kein weiteres internes Verfahren eröffnet. Langer kritisierte dieses "Nicht-Handeln" des DFB scharf.

(SID/seeg)
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