Die Vita der Bundesliga-Coaches Trainer (Mitte 40), Baden-Württemberger, gesucht

Düsseldorf · Keine Überflieger als Aktive, gefragt als Trainer – dieser Trend in der Bundesliga hält an. Während die Tuchels, Streichs und Klopps ihre Zunft in den vergangenen Jahren verändert haben, thront jedoch ein ganz anderes Trio oben in der Tabelle.

 Christian Streich und Jürgen Klopp dürfen durchaus als Erfolgsmodelle ihrer Zunft bezeichnet werden.

Christian Streich und Jürgen Klopp dürfen durchaus als Erfolgsmodelle ihrer Zunft bezeichnet werden.

Foto: dpa, Bernd Thissen

Keine Überflieger als Aktive, gefragt als Trainer — dieser Trend in der Bundesliga hält an. Während die Tuchels, Streichs und Klopps ihre Zunft in den vergangenen Jahren verändert haben, thront jedoch ein ganz anderes Trio oben in der Tabelle.

Die folgende Aussage könnte überraschen: Christian Streich ist ein ganz gewöhnlicher Bundesligatrainer. Wer den Coach des SC Freiburg an der Seitenlinie beobachtet und seine Interviews kennt, den wird dieses Urteil mitunter irritieren. Doch Streichs Profil entspricht am ehesten dem Bundesliga-Durchschnitt, wenn man die Vita der 18 Trainer vergleicht. Der 48-Jährige stammt aus Baden-Württemberg, war früher Profi ohne allzu durchschlagenden Erfolg, spielte im Mittelfeld und stieg als Jugendtrainer ins Geschäft ein.

Insbesondere die süddeutsche Fraktion fällt ins Auge. Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht kommt aus Rheinland-Pfalz, Augsburgs Markus Weinziel und Frankfurts Armin Veh sind in Bayern geboren. Gleich acht Trainer haben ihre Wurzeln in Baden-Württemberg, genau wie Bundestrainer Joachim Löw und dessen Assistent Hansi Flick. Wolfsburgs Dieter Hecking geht in diesem Kreis als gebürtiger Westfale fast schon als Nordlicht durch.

Bei einem weiteren Merkmal ballen sich die Bundesligatrainer. Acht haben ihre Laufbahn im Nachwuchsbereich begonnen, mit teils großen Erfolgen. Thomas Tuchel, Thomas Schneider und Christian Streich gewannen mit der Jugend sogar die deutsche Meisterschaft. Später wurden sie aufgrund ihrer Meriten ohne Zögern ins kalte Profiwasser geschmissen.

Bleibt man bei dieser Analogie, trug Jürgen Klopp bei seinem Sprung ins kühle Nass nicht einmal eine Badehose. Es darf getrost als Nacht- und Nebelaktion bezeichnet werden, wie der damals verletzte Altprofi im Jahr 2001 den FSV Mainz 05 in der 2. Bundesliga übernahm. 13 Jahre später ist Klopp der erfolgreichste deutsche Trainer im Oberhaus. Borussia Dortmund hat er zu zwei Meisterschaften, einem Pokalsieg und ins Champions-League-Finale geführt. Auf eine erfolgreiche Mutation vom Schwaben zum Ruhrpott-Original lassen Klopps "Pöhler"-Kappe und seine Frei-Schnauze-Statements schließen.

"Wir haben das Gefühl, dass es überhaupt keine Notwendigkeit gibt, Geld für ausländische Trainer auszugeben", hat Schalkes Marketingchef Alexander Jobst kürzlich gesagt. Nach der Hinrunde stehen in Pep Guardiola, Sami Hyypiä und Lucien Favre jedoch ein Spanier, ein Finne und ein Schweizer in der Tabelle vorne. Als ehemalige Nationalspieler ihres Landes widerlegen sie zudem die Theorie, dass die fußballerische Klasse als Aktiver für die Trainerlaufbahn gar keine Rolle mehr spielt.

"Loddarisierte" Ex-Nationalspieler

Ein A-Länderspiel für den DFB hat aber kein aktueller Bundesligacoach absolviert. Vor genau 20 Jahren sah das noch anders aus. Hannes Bongartz, Siggi Held, Klaus Toppmöller und Franz Beckenbauer hatten für Deutschland gespielt. Ihre potenzielle Nachfolger-Generation wirkt "loddarisiert" (Lothar Matthäus, Stefan Effenberg und Co.) oder arbeitet im Management (Rudi Völler, Stefan Reuter und Co.). Heute haben sechs Trainer keinerlei Erstligaerfahrung als Aktiver gesammelt, 1994 waren es nur zwei — mit dem Lehrer Volker Finke als Synonym für den etwas anderen Mann auf der Bank.

Im Januar 2014 nimmt einer seiner Nachfolger beim SC Freiburg diese Rolle ein. Doch wie gesagt, ein Unikat ist Christian Streich mit seinem Werdegang auf keinen Fall. 40 bis 50 Jahre, Erfahrung im Jugendbereich, kein großer Name, Wurzeln in den Baden-Württemberg — das ist gefragt. Hannover 96 hat in Tayfun Korkut, dem gebürtigen Schwaben, scheinbar einen solchen Nobody als Trainer installiert. Doch mit 42 Länderspielen für die Türkei war der als Profi fast schon zu erfolgreich.

(can)
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