Aktion gegen Rechtsextremismus Kein Bier für Rassisten

Dortmund/Düsseldorf · Viele Bundesligisten haben Probleme mit Rechtsradikalen auf den Tribünen. Nazis versuchen junge Fans zu rekrutieren. Borussia Dortmund wehrt sich mit einer Bierdeckel-Aktion gegen den braunen Sumpf.

 Flagge zeigen: BVB-Fans wehren sich gegen die Unterwanderung ihrer Szene durch Rechtsradikale.

Flagge zeigen: BVB-Fans wehren sich gegen die Unterwanderung ihrer Szene durch Rechtsradikale.

Foto: Imago

Vor ein paar Tagen sind Rechtsradikale bei Borussia Dortmund aufgezogen. Die Nazis wollten die Macht der Bilder für ihre Zwecke nutzen. Der BVB hat mit seinen möglichen Mitteln auf die ungebetenen Gäste reagiert und ihnen kurzerhand das Licht rund um die Arena ausgeschaltet. Der Ballspielverein 09 hat allerdings nicht nur vor dem Stadion Probleme mit dem braunen Sumpf. Auch auf den Tribünen versuchen sich Rechte massiv auszubreiten. Der Verein wehrt sich dagegen. In Zusammenarbeit mit der BVB-Fan- und Förderabteilung hat der Bundesligist eine neue Kampagne gestartet: Unter dem Motto "Kein Bier für Rassisten" will der Verein klar Stellung beziehen — gegen Fremdenhass und Rassismus, für Weltoffenheit.

Eine Million Bierdeckel sind in Dortmunds Kneipen und Restaurants verteilt worden. "Wir tragen Verantwortung, bei ausländer- und menschenfeindlichen Parolen nicht wegzuhören, sondern klar Stellung dagegen zu beziehen", sagt BVB-Präsident Reinhard Rauball. "Die BVB-Familie verdeutlicht einmal mehr ihre klare Haltung: für Toleranz und einen bunten BVB, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit."

Auf der Rückseite des Deckels steht ein sogenannter QR-Code, wer den abruft, erhält Online Argumente gegen rassistische Stammtisch-Parolen. Zum Beispiel: "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen", "Politik gehört nicht ins Stadion" oder "Ausländer sind krimineller als Deutsche" — der Klub antwortet darauf mit einem Auszug aus der Statistik, dass die Gewaltkriminalität bei Ausländern nur um 1,5 Prozent gestiegen ist und bei Deutschen um 12,3 Prozent.

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"Leider ist das Thema 'Rassismus‘ auch in Dortmund aktuell wie nie. Wir wollen ein Zeichen dafür setzen, dass die menschenverachtende Weltanschauung dieser Leute nicht zu Dortmund passt", sagt Tobias Westerfellhaus, Vorstandsmitglied der Fanabteilung. Etwa 120 Neonazis sollen sich mittlerweile auf der Südtribüne tummeln. Sie gelten als die bestorganisierten im ganzen Land. Für sie ist das Stadion ein ideales Biotop, um neue Mitstreiter zu rekrutieren.

Probleme auch in Duisburg, Aachen, Cottbus und Braunschweig

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Dortmund ist indes nicht der einzige Fußball-Standort, der Probleme mit Rechtsradikalen in der eigenen Anhängerschaft hat. In Aachen wird der Ultra-Gruppe "Karlsbande" rechte Gesinnung nachgesagt. Über Druck und Gewalt haben sie Macht bei Alemannia erlangt. Auch in Duisburg beim MSV, bei Eintracht Braunschweig und Energie Cottbus gibt es derartige Probleme. In Bremen bieten Rechte beispielsweise Mitfahrgelegenheiten zu Auswärtsfahrten an, um sich so Sympathien bei Jugendlichen zu erschleichen. Das Fanprojekt setzt auf die Selbstreinigungskräfte der Anhängerschaft. Rechte Sprücheklopfer sollen nicht überhört, sondern konsequent ausgegrenzt werden. "Es ist wichtig die Fans zu sensibilisieren und klar hinter ihnen zu stehen, wenn es um das Thema Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung geht", sagt Werders Fanbeauftragte Julia Ebert im Interview mit "Radio Bremen". "Dazu haben wir die genannten Projekte und Initiativen gemeinsam mit Fans und Institutionen ins Leben gerufen: Um zu unterstreichen, dass wir eben nicht weggucken."

Wie präsent das Thema ist, wurde deutlich, als selbst ernannte Retter des Abendlandes sich zu der Vereinigung Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) zusammengeschlossen haben. Den Kern dieser Gruppe bilden rund 300 Gewalttäter von Vereinen quer durch die ganze Republik. Um Fußball ist es ihnen in Wahrheit noch nie gegangen.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) stellt jede Saison 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, um Projekte gegen Rechtsextremismus zu unterstützen. Und auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) versucht mit diversen Projekten, den braunen Rattenfängern den Nährboden zu entziehen. Der vergangene Spieltag der Bundesliga stand unter dem Motto: "Mach einen Strich durch Vorurteile". Alle Klubs haben sich daran beteiligt und sich deutlich gegen Fremdenfeindlichkeit positioniert. "Wir empfangen Ausländer und Flüchtlinge in unseren Vereinen mit offenen Armen", sagt DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und verweist auf gelungene Projekte an der Basis. Zum Beispiel den SV Lindenau aus Leipzig. Er wurde vom Verband für seine Arbeit mit dem Integrationspreis ausgezeichnet. Dort spielen Flüchtlingskinder zusammen mit dem deutschen Nachwuchs.

Normalität ist ein solches Miteinander längst nicht überall.

(RP)
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