Bundesliga-Hingucker Bürki behält seinen Heldenstatus — "Anpfiff" für Kimmich

Düsseldorf · Zlatko Junuzovic holt sich absichtlich eine Gelbe Karte ab und verpasst das Spiel bei Tabellenführer Bayern München. Dessen Trainer Pep Guardiola nimmt sich nach dem 0:0 im Topspiel bei Borussia Dortmund Joshua Kimmich zur Brust. Gladbachs Patrick Herrmann verdient sich in Wolfsburg den Fair-Play-Preis. Dies und mehr in unseren Hinguckern des Tages.

FC Bayern München: Pep Guardiola nimmt sich Joshua Kimmich zur Brust
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Guardiola nimmt sich Kimmich zur Brust

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Foto: dpa, hpl wst sam ase

Joshua Kimmich wusste nicht so recht, wie ihm geschah. Direkt nach dem Schlusspfiff schnappte sich Bayern Münchens Trainer Pep Guardiola nach dem 0:0 im Bundesliga-Gipfel bei Borussia Dortmund seinen jungen Abwehrspieler und redete wild gestikulierend und lautstark auf ihn ein. Was aussah wie eine minutenlange Standpauke, entpuppte sich als eine Mischung aus Liebeserklärung und Einzelcoaching. "Ich habe ihm gesagt, dass er einer der besten Innenverteidiger der Welt ist. Aber nicht nur das, er kann überall spielen", klärte Guardiola später schmunzelnd auf.

Artig und aufmerksam ließ Kimmich den deutsch-englischen Redeschwall des katalanischen Fußball-Lehrers über sich ergehen. Jedes Wort habe er nicht verstanden, wohl aber was Guardiola ihm sagen wollte: "Er kritisiert öfter. Er ist einfach nie zufrieden, will immer das Maximale herausholen", sagte der 21-Jährige. Das sei auch gut, "damit man sich immer weiter verbessert".

Guardiola hält große Stücke auf seinen Aushilfsabwehrspieler, der beim Remis in Dortmund als Innenverteidiger in der Viererkette sein wohl bestes Spiel im Bayern-Trikot ablieferte. "Ich liebe diesen Jungen. Ich mag das Arbeiten mit diesen Fußballspielern, die lernen und immer weiter wollen. Er hat den Wunsch, er hat Leidenschaft, er hat absolut alles. Mit diesem Spieler kannst du gehen 'whereever you want'", schwärmte Guardiola vom U21-Nationalspieler, und gab allen noch einen gut gemeinten Rat mit auf den Weg: "Sagt nicht mehr, dass er nicht Innenverteidiger spielen kann."

Roman Bürki hat dem Topspiel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München seinen Stempel aufgedrückt. Der Schweizer parierte zweimal hervorragend — einmal in einer Eins-gegen-Eins-Situation gegen Douglas Costa, in einer anderen Situation lenkte er einen Schuss des Chilenen Arturo Vidal mit einem tollen Reflex gerade noch so gegen die Latte.

In einer Szene hatte Bürki allerdings das Glück des Tüchtigen. Nach einem Rückpass wurde er von Robert Lewandowski angelaufen und verpasste es, den Ball rechtzeitig nach vorne zu spielen. Der polnische Stürmer kam mit dem Fuß an den Ball, von dort ging es zum Glück für den BVB ins Toraus. In dieser Szene hätte aus dem Helden Bürki ganz schnell der Depp werden können. Am Ende aber blieb es beim Heldenstatus.

Douglas Costa vom FC Bayern München scheitert an Borussia Dortmunds Roman Bürki
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Bayerns Costa scheitert frei vor Dortmunds Bürki

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Die Geschichte "Herrmann bewirbt sich für Fair-Play-Preis" musste bald nach dem Abpfiff umgeschrieben werden in "Herrmann verhindert erst im Liegen den Ausgleich und sahnt dann nicht einmal einen Fair-Play-Preis ab".

Was war passiert? Herrmann wurde im Luftduell mit 197 Casteels-Zentimetern konfrontiert und ging mit brummendem Schädel zu Boden. Kollege Thorgan Hazard schoss ihm gegen das knapp über dem Rasen baumelnde Bein, anstatt ins leere Tor zu treffen. "Auf einmal war helle Aufregung. Wieso? Das habe ich jetzt auch noch nicht ganz verstanden", gab Herrmann nachher zu Protokoll. Vielleicht gibt es ja einen Preis für aufgrund von Benommenheit entgangene Fair-Play-Preise.

Statt Eckball für Gladbach gab es Abstoß für Wolfsburg. Herrmann verzichtete auf ein Schwindeln, obwohl sein Team beim Stande von 1:2 jede Chance nach einer Standardsituation gebrauchen konnte. "Das ist Fair Play wie man es sich wünscht", lobte hinterher VfL-Trainer Dieter Hecking.

Borussia Mönchengladbach: Patrick Herrmann verhindert Tor zum 2:2
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Herrmann verhindert Hazard-Tor

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Foto: Screenshot Sky

Claudio Pizarro hat eine Schallmauer durchbrochen und schickt sich an, der beste Torjäger aller Zeiten im Trikot von Werder Bremen zu werden. Nach seinem 100. Treffer für die Hanseaten fehlt Pizarro noch ein mickriges Törchen, um den Rekord von Marco Bode einzustellen. "Es fehlt noch ein Tor, und wir haben noch zehn Spiele. Ich glaube, ich schaffe das", sagte Pizarro mit seinem typischen spitzbübischen Lächeln.

Sein Jubiläumstor für Werder hätte nicht schöner sein können. Nach einer Hereingabe von der rechten Seite ließ Pizarro mit einem Heber gleich zwei Hannoveraner ins Leere laufen und hämmerte den Ball mit links unhaltbar ins Tor.

Claudio Pizarro erzielt 100. Bundesliga-Tor für SV Werder Bremen
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Pizarro erzielt 100. Bundesliga-Tor für Bremen

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Foto: dpa, crj fpt

Zweiter 4:1-Sieg mit Werder Bremen binnen vier Tagen, drittes Saisontor und eine bevorstehende Vaterschaft - im Überschwang der Emotionen lüftete Zlatko Junuzovic ein Geheimnis, das für Eingeweihte schon keines mehr war. Durch mehrfaches Anlaufen vor einem Freistoß in der 85. Minute holte sich der Österreicher seine fünfte Gelbe Karte ab und fehlt den Hanseaten nun am kommenden Wochenende in München.

"Das habe ich dem Schiedsrichter auch so gesagt. Ich muss doch niemandem absichtlich weh tun", sagte der Mittelfeldspieler. Ganz ähnlich handelte Teamkollege Clemens Fritz, der Ex-Nationalspieler provozierte durch einen Trikotzupfer seine zehnte Verwarnung in der laufenden Saison.

Den Hinweis von Junuzovic, seine Maßnahme sei abgesprochen gewesen, verhagelte indes Trainer Viktor Skripnik die Freude über den ungefährdeten Erfolg gegen Tabellenschlusslicht Hannover 96. "Eine Dummheit, mit mir war nichts abgesprochen", grollte der Ukrainer.

Laut Bild-Informationen wird der DFB-Kontrollausschuss ein Ermittlungsverfahren gegen Fritz und Junuzovic einleiten. "Eigentlich ist es unsportlich, wenn auch ehrlich", sagte dazu Ex-Schiedsrichter Markus Merk bei Sky.

Nicht einmal eine Minute war im Duell zwischen dem 1. FC Köln und Schalke 04 gespielt, da zeigte Schiedsrichter Wolfgang Stark bereits auf den Elfmeterpunkt. Kölns Abwehrspieler Dominic Maroh fasste Schalkes Pierre-Emile Hojbjerg mit der Hand ins Gesicht, Stark blieb gar keine andere Wahl, als auf Elfmeter zu entscheiden. Nach dem Spiel zeigte Maroh Reue. "Das war ein klarer Elfmeter. Es tut mir leid für die Mannschaft, dass wir dadurch so ins Spiel gestartet sind. Das war ein Bärendienst von mir", sagte Maroh. Die Einsicht kam 90 Minuten zu spät.

Am Ende war Peter Stöger war heilfroh, dass er zwischen sich und den 4. Offiziellen 20 zusätzliche Meter gebracht hatte. "Wir haben wieder einen Elfmeter nicht bekommen", sagte der Trainer des 1. FC Köln nach dem 1:3 gegen Schalke 04: "Da war es schon gut, dass ich weiter draußen saß. Hätte ich näher dran gesessen, hätte es wahrscheinlich wieder Diskussionen gegeben."

Um das in diesen hektischen Zeiten zu verhindern, war Kölns Sportchef Jörg Schmadtke auf eine Idee gekommen. Eine Idee, die so einfach und wirkungsvoll ist, dass man sich wundert, warum nicht schon vorher jemand drauf gekommen ist. Es war schließlich ganz schön Druck auf dem Kessel in der Diskussion zwischen Schiedsrichtern und Bundesliga-Trainern, nicht erst seit dem Eklat um Leverkusens Tribünen-Verweigerer Roger Schmidt.

Da Trainer das Spiel gerne aus möglichst zentraler Position beobachten, sitzen sie gemeinhin an jenem Ende der Bank, das zur Mittellinie ausgerichtet ist. Sie bewegen sich damit aber stets in Sicht- und Hörweite des 4. Offiziellen. In Diskussionen schaukelten sich beide Seiten zuletzt häufig hoch. Stögers Trainer-Team und Schmadtke saßen gegen Schalke nun am anderen Ende der Bank und legten somit einen Puffer als Selbstschutz zwischen sich und die Unparteiischen.

Was Sinn macht, weil die meisten Gemüter sich nach dem Schlusspfiff ohnehin beruhigt haben. "Es ist aber gut, wenn in der Hitze des Gefechts nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird", sagte Stöger. 20 Meter weiter draußen durfte er am Samstag in Ruhe vor sich hinfluchen. Und schuf damit ein Modell, das in der Bundesliga Nachahmer finden könnte.

Ja-Cheol Koo kauerte auf dem nassen, löchrigen Rasen der WWK Arena und schüttelte den Kopf. "Drei Tore sind Wahnsinn", sagte der Südkoreaner wenig später über seinen ersten Dreierpack in der Fußball-Bundesliga, "aber es fühlt sich wie eine Niederlage an." Denn die drei Treffer (5., 44., 57.) des Mittelfeldspielers reichten dem FC Augsburg gegen Bayer Leverkusen nicht zum Sieg - trotz 3:0-Führung hieß es am Ende 3:3 (2:0).

"Das ist sehr schade, ich bin ein bisschen traurig", sagte Koo. Dass Augsburg den sicher geglaubten, im Kampf gegen den Abstieg so wichtigen Dreier doch noch verpasst habe, sei "eine Katastrophe", fügte er geknickt an.

Augsburg muss aus Koos Sicht allein deshalb die Klasse halten, damit er auch in der kommenden Saison wieder gegen Leverkusen ran darf. Gegen keinen anderen Gegner traf der 27-Jährige mehr als einmal - gegen Bayer war er nun bereits sechsmal erfolgreich.

Am Samstag traf der südkoreanische Nationalspieler zunächst zweimal per Abstauber - obwohl er dieses sehr spezielle deutsche Fußball-Wort gar nicht kennt, wie er berichtete. Mit dem zwischenzeitlichen 3:0, einem Kunstschuss in den rechten Torwinkel, übertraf Koo mit nun sieben Saisontreffern seine bisherige persönliche Bestmarke (fünf).

Dennoch wollte er das Spiel "schnell vergessen". Der FC Augsburg, sagte er, müsse "jetzt weiter arbeiten - bis zum Ende".

Die Trennung von Armin Veh wollte sich Heribert Bruchhagen unbedingt ersparen. In seinem letzten Jahr als Vorstandsboss bei Eintracht Frankfurt noch einmal einen Trainer zu entlassen, das versuchte der 67-Jährige bis zum Schluss unter allen Umständen zu vermeiden. Doch nach dem enttäuschenden 1:1 (0:1) gegen den FC Ingolstadt am Samstag, dem siebten Spiel in Serie ohne Sieg, musste auch Bruchhagen einsehen, dass es mit Chefcoach Veh nicht mehr weitergeht. Spät in der Nacht traf er mit Sportdirektor Bruno Hübner die gemeinsame Entscheidung, sich von dem im Sommer noch als Hoffnungsträger zurückgekehrten Veh zu trennen.

"Über allem stehen immer die Interessen von Eintracht Frankfurt", sagte Bruchhagen am Sonntagmorgen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt im Rundlauf der Commerzbank-Arena. "Eintracht Frankfurt ist kein Verein, der sich vom ersten Gegenwind wegblasen lässt, aber wir sind in der Gesamtbetrachtung doch einstimmig zu der Überzeugung gekommen, dass dieser Schritt notwendig ist."

Seit Wochen hatten sich die Fans in Frankfurt gegen Veh gestellt, der noch einen Vertrag bis 2017 besaß. Viele Anhänger nahmen dem einstigen Erfolgscoach immer noch übel, dass er die Eintracht im Sommer 2014 nach drei erfolgreichen Jahren in Richtung Stuttgart verlassen hatte, weil er dort die bessere Perspektive sah. Er wolle nicht immer den gegnerischen Trainern zum Sieg gratulieren, hatte Veh zur Begründung gesagt. Ein Satz, den ihm viele am Main nie verziehen. Zumal Veh in Stuttgart krachend scheiterte.

(sid)
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