Bundesliga 15/16 Die Tops und Flops und Verlierer der Hinrunde
Lewandowskis Fünfer-Pack, Aubameyangs Torlaune, Favres Abgang – die Bundesliga bot in der ersten Hälfte der Saison 2015/16 wieder reichlich Spektakel.
Bester Spieler: Thomas Müller
Es gebe Spieler, sagte Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge unlängst, "die haben kein Preis-Etikett". Gemeint war Thomas Müller, der für den Bayern-Boss schlicht "unverkäuflich" ist. Der Offensivspieler unterstrich in der Hinrunde seinen enormen Wert für den FC Bayern - als vorbildlicher Profi, aber auch als Integrationsfigur. Nach dem Abgang von Bastian Schweinsteiger ist Müller mit seiner bodenständigen Art längst zum Publikumsliebling aufgestiegen. 14 Tore erzielte der Weltmeister bis jetzt und hat damit seine bisherige Saison-Bestmarke egalisiert.
Schlimmstes Foul: Johannes Geis
Als Johannes Geis die Fernsehbilder sah, war er selbst schockiert. "Ich habe mich erschrocken", sagte der Mittelfeldspieler von Schalke 04, "für mich ist es unerklärlich. Ich bin nicht der Typ, der auf den Platz geht, um seine Kollegen zu verletzen." Genau das hatte der 22-Jährige beim 1:3 der Königsblauen am 25. Oktober bei Borussia Mönchengladbach getan: Mit gestrecktem Bein war er Andre Hahn aufs Knie gesprungen, der Gladbacher erlitt bei dem brutalen Foul eine Fraktur des Schienbeinkopfes und einen Außenmeniskusriss. Der Übeltäter, der sich nach seiner Roten Karte in der Gladbacher Kabine entschuldigte und Hahn im Krankenhaus kontaktierte, wurde für fünf Spiele gesperrt. Hahn nahm die Entschuldigung an: "Damit ist die Sache auch okay."
Lautester Wüterich: Rudi Völler
Rudi Völler ist das Gesicht von Bayer Leverkusen. In der Hinrunde war der Weltmeister von 1990 mehr in den Schlagzeilen als ihm lieb war. Vor allem während der 1:2-Niederlage der Werkself beim VfL Wolfsburg am letzten Oktobertag war Poltergeist Völler voll in seinem Element. Nach dem 0:1, das Schiedsrichter Manuel Gräfe anerkannt hatte, obwohl sein Assistent zu Recht eine Abseitsstellung angezeigt hatte, stürmte Völler wutentbrannt von der Tribüne an den Spielfeldrand. In der Halbzeitpause stellte Völler den Referee nochmals zur Rede - "in geregelten Bahnen", wie der 55-Jährige versicherte. Deshalb wurde der Bayer-Sportchef wohl auch von einer Strafe verschont.
Größte Überraschung: Hertha BSC
In der vergangenen Saison ist Hertha BSC nur wegen der besseren Tordifferenz in der Fußball-Bundesliga geblieben. Für die Spielzeit 2015/16 hatten sich alle in Berlin auf eine Zittersaison eingestellt, doch es kam anders. Die Mannschaft von Pal Dardai steigerte sich von Spiel zu Spiel und steht zum Ende der Hinrunde auf einem Platz für das internationale Geschäft.
Handtor: Leon Andreasen
38. Minute, der Ball segelt in den Kölner Strafraum, Leon Andreasen steht goldrichtig. Doch er schlägt den Ball mit der Hand ins Tor. Die meisten der 48.500 Zuschauer hatten das gesehen. Doch: Die Pfeife von Schiedsrichter Bastian Dankert bleibt stumm, Andreasen sagt nichts. Und Hannover 96 gewinnt am Ende durch den irregulären Treffer 1:0 - nicht nur in Köln ist die Aufregung groß. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) leitet gegen Andreasen wegen des Verdachts eines "krass sportwidrigen Verhaltens" ein Ermittlungsverfahren ein, doch der Däne wird nicht bestraft. Tatsachenentscheidung. Schiedsrichter Dankert ist nach der Partie untröstlich: "Nach dem Studium der Bilder muss man sagen, dass das auf diesem Niveau nicht passieren darf, solche Fehler zu machen."
Größte Entdeckung: Julian Weigl
Neuzugang Julian Weigl wurde als Entdeckung der Saison gefeiert, schon bevor die Saison für Borussia Dortmund so richtig begonnen hatte. Im Eiltempo hatte sich der 20-Jährige in die Startelf katapultiert und Experten wie Mitspieler gleichermaßen verblüfft. Die Lobeshymnen über den 2,5 Millionen-Einkauf vom Zweitligisten 1860 München wurden immer lauter. Weigl imponiert mit einer exzellenten Passquote, einem enormen Laufpensum und Zweikampfverhalten, womit er sich längst als Schlüsselspieler unentbehrlich gemacht hat. Die BVB-Fans sind überzeugt: Weigl wird Dortmunds nächster Nationalspieler.
Effektivster Vorbereiter: Douglas Costa
Es heiße "Dooglas" Costa bitteschön, und nicht "Duuglas". Das wollte Thomas Müller mal klarstellen. Da war gerade das erste Spiel dieser Saison vorüber, und Costa, für 30 Millionen Euro von Schachtjor Donezk geholt, hatte beim 5:0 von Bayern München gegen den Hamburger SV für offene Münder gesorgt: ein Tor, eine Vorlage, Dribblings, Sprints. Der Kerl sei eine "Rakete", sagte Müller. Zehn weitere Male hat Costa nach dem fulminanten Einstand in der Bundesliga gespielt, er hat nur ein weiteres Tor erzielt - aber für seine Mitspieler elf weitere aufgelegt. Nun aber ist er seit Ende November verletzt, wenig verwunderlich, dass den Münchnern seitdem Esprit und Überraschungsmomente fehlen ohne den unberechenbaren Mann aus Brasilien (24).
Motzki: Mats Hummels
Mats Hummels fühlte sich unverstanden, zu Unrecht kritisiert und falsch bewertet. Seine Reaktion war Schweigen. Sieben Wochen verweigerte sich der Weltmeister den Medien und seiner Aufgabe als Kapitän von Borussia Dortmund. Der 27-Jährige, ansonsten auch nach der bittersten Niederlage ein kompetenter Gesprächspartner, wurde seinem Status als Führungsperson auf und außerhalb des Platzes nicht gerecht. Sein pikierter Rückzug wurde im Umfeld des BVB kontrovers diskutiert. Trainer Thomas Tuchel versuchte, den Abwehrchef in diversen Gesprächen wieder in die Spur zu bringen. Als er den Nationalspieler im Heimspiel gegen Stuttgart (4:1) zunächst 80 Minuten auf die Bank setzte, blühten die Spekulationen um einen Denkzettel. Tuchel dementierte energisch.
Größter Verlust: Kevin De Bruyne
Die Rekordablöse für Kevin De Bruyne von mehr als 75 Millionen Euro war für den VfL Wolfsburg nur ein teures Trostpflaster. Wochenlang gab es beim DFB-Pokal-Sieger zu Saisonbeginn nur ein Thema: Geht er? Oder geht er nicht? Am Ende hatte der VfL im Ringen mit den Scheichs von Manchester City keine Chance: Der überragende belgische Mittelfeldspieler, der die Niedersachsen in der vergangenen Spielzeit zum Pokaltriumph und zur Vize-Meisterschaft geführt hatte, ging zurück nach England. Vorausgegangen war ein Wechsel-Theater, das die Wolfsburger und De Bruyne auch sportlich belastete. In den ersten beiden Saisonspielen, die Deutschlands Fußballer des Jahres noch in der Bundesliga absolvierte, war der Belgier nur ein Schatten seiner selbst. Erst in Manchester fand er wieder fast zurück zu alter Form
Fünferpack: Robert Lewandowski
Der Pole schrieb am 22. September Fußball-Geschichte. Beim Stand von 0:1 gegen den VfL Wolfsburg wurde er nach der Pause eingewechselt und schoss fünf Tore in neun Minuten. Auch dank der bislang 15 Treffer des Weltklasse-Stürmers ist der FC Bayern München Herbstmeister.
Bereicherung: SV Darmstadt 98
Ein Stadion wie aus den 70er Jahren, aber eine Mannschaft mit Herz. Der Aufsteiger überraschte nach seinem Durchmarsch vom der 3. Liga und stand kein einziges Mal auf einem Abstiegsplatz. Highlight für die Fans: Das 1:0 der aufblühenden "Lilien" beim Erzrivalen Eintracht Frankfurt.
Shootingstar: Leroy Sané
Der neue Liebling des FC Schalke 04 - und Aufsteiger der Liga. Der 19-jährige Wirbelwind feierte beim 0:2 in Frankreich sein Debüt im Nationalteam - was angesichts der tragischen Umstände in der Nacht des Terrors von Paris unterging. Für die "Königsblauen" ist er Gold und sicher mal ganz viel Geld wert: sein Vertrag läuft bis 2018.
Überflieger: Pierre-Emerick Aubameyang
Als erster Bundesliga-Profi erzielte er in den ersten acht Begegnungen immer mindestens einen Treffer. 18 Tore in den ersten 16 Spielen - der Gabuner von Borussia Dortmund ist in der Form seines Lebens. Und nicht nur auf dem Rasen pfeilschnell unterwegs: privat fährt er einen goldfarbenen Lamborghini.
Überraschungs-Trainer: André Schubert
Vom Interimscoach zur Dauerlösung. Der Nachfolger von Lucien Favre führte Schlusslicht Borussia Mönchengladbach mit sechs Siegen und insgesamt zehn ungeschlagenen Spielen wieder nach oben - und wurde mit einem Vertrag bis 2017 belohnt. Somit erledigte sich die Personalsuche von Manager Max Eberl von selbst.
Pechvogel: Alexander Zorniger
"Alternativlos" sei seine Spielweise, sagte der Trainer des VfB Stuttgart immer wieder. Am Ende war sie nur erfolglos. Die Schwaben kamen nicht aus dem Tabellenkeller. Nach nur zehn Punkten aus 13 Spielen wurde der selbstbewusste Offensivfreund am 24. November vor die Tür gesetzt.
Überraschendster Rücktritt: Lucien Favre
Sein überstürzter Abgang in Mönchengladbach am 20. September überraschte alle. Nach fünf Pleiten zum Saisonauftakt bot der Trainer seinen Rücktritt an, die Vereinsführung lehnte ab - und der Schweizer ging doch. "Bis ins Mark", so Manager Max Eberl, traf den Champions-League-Teilnehmer diese Entscheidung.
Absturz: 1899 Hoffenheim
Stürzte nach dem Abgang von 41-Millionen-Euro-Juwel Roberto Firmino (zum FC Liverpool) ab. Konzepttrainer Markus Gisdol musste gehen, Feuerwehrmann Huub Stevens kam - und brauchte erstmal sechs Spiele für den ersten Sieg. Für den wenig geliebten Club von Milliardär Dietmar Hopp heißt es: Abstiegskampf - und wenig Mitleid.
Schlimmstes Formtief: André Schürrle
Der Weltmeister ist jetzt bald ein Jahr beim VfL Wolfsburg - und immer noch nicht richtig angekommen. Die Ablöse von geschätzten 32 Millionen Euro lastet schwer auf dem früheren Chelsea-Profi. Zuletzt gab es sogar Pfiffe für den Flügelflitzer, der sich immer wieder verdribbelt und dem noch kein Liga-Tor gelang.
Größtes Ärgernis: Die Schiedsrichter
Immer wieder spielentscheidende Fehler. Da nutzte auch die Einführung der Torkamera nichts. Die Unparteiischen um den künftigen EM-Referee Felix Brych (Foto), nach Bekunden des DFB-Verantwortlichen Herbert Fandel "die Besten der Welt", haben im Wintertrainingslager auf Mallorca einiges aufzuarbeiten.