DFL spricht Machtwort Streit um Zentralvermarktung: Ohrfeige für Rummenigge und Rettig

Frankfurt/Main · An der Zentralvermarktung im deutschen Profifußball soll trotz der Forderungen von Rekordmeister Bayern München und Zweitligist FC St. Pauli nicht gerüttelt werden.

Die TV-Einnahmen der Bundesliga-Klubs
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Die Ohrfeigen der DFL-Spitze für die "Geldeintreiber" von Bayern München und dem FC St. Pauli schallten bis an die Isar und die Elbe. "Die Liga sollte wieder ein einheitliches Bild abgeben, wenn Partner Milliarden in sie investieren sollen", sagte DFL-Boss Christian Seifert nach dem Treffen der 36 Fußball-Profiklubs am Mittwoch in Frankfurt/Main: "Ausschreibungen werden nicht durch Interviews entschieden, sondern durch Angebote. Die Debatte jetzt zu führen, ist einfach nicht schlau."

Auch Ligapräsident Reinhard Rauball machte deutlich, dass die aus München und Hamburg genährte Diskussion über die Mechanismen der Zentralvermarktung, die Debatte um einen anderen Verteilungsschlüssel der TV-Gelder sowie die Forderung von höheren Erlösen noch vor dem Abschluss des neuen Fernsehvertrags völlig Fehl am Platz ist.

"Ich möchte an die Klubs appellieren, dass bei diesem Thema wieder Ruhe einkehrt. Wir haben noch keinen neuen Fernsehvertrag. Erst dann sollten wir darüber diskutieren, was mit den Erlösen passiert. Die Diskussion erschwert die Verhandlungsführung", sagte der Jurist, der zudem betonte, dass am Ende ausschließlich der Ligavorstand über die Verteilung der TV-Gelder (bisher 65 Prozent zu gleichen Teilen an alle, 35 Prozent erfolgsabhängig) entscheiden wird.

Die Transferbilanz der Premier League
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Pauli-Manager Andreas Rettig hatte seinen Fehler schon vor der Sitzung eingesehen. Er zog den Antrag, wonach die "Werksklubs" nicht mehr an den Erlösen aus der Vergabe der Medienrechte beteiligt werden sollen, zurück. "Wir haben leider festgestellt, dass die Solidarität zwischen erster und zweiter Liga auf dem Spiel steht", äußerte Rettig.

Für Seifert steht zudem außer Frage, dass die Zentralvermarktung dem Modell der Einzelvermarktung weit überlegen ist. "Die Zentralvermarktung hat bisher sehr gut funktioniert. Die erfolgreichsten Ligen der Welt werden zentral vermarktet", äußerte der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL): "Wir sollten nicht die Verteilerdiskussion als Nebenkriegsschauplatz eröffnen."

Die Transferbilanz der Bundesliga
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Den Klubs wird aber immerhin zugestanden, über die Werbung auf den Trikotärmeln ab der Saison 2017/18 selbst zu entscheiden. Der zentrale Vertrag mit dem Logistikdienstleister Hermes läuft Ende der kommenden Spielzeit aus.

Vor dem Treffen der Klubchefs stand die Zukunft des Finanzmodells der Bundesliga auf dem Spiel. Zahlreiche Vereinsbosse hatten mit Blick auf die erhoffte Milliarde des neuen TV-Vertrags mehr Geld für ihre Klubs gefordert - allen voran der ohnehin schon übermächtige Branchenführer aus München. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, der gar nicht nach Frankfurt gekommen war, hatte sogar mehr oder weniger direkt mit dem Ausstieg des Rekordmeisters aus der Zentralvermarktung gedroht.

Die Bayern fürchten um ihre angeblich auf dem Spiel stehende internationale Wettbewerbsfähigkeit und wollen eine deutliche Steigerung ihrer TV-Einnahmen von derzeit rund 50 Millionen Euro pro Saison. Andernfalls liebäugelt der deutsche Vorzeigeklub mit dem Schritt in die Einzelvermarktung, der ihm wohl mehr als 200 Millionen pro Spielzeit einbringen dürfte. Damit wäre das Ende des Wettbewerbs an der Spitze der Bundesliga besiegelt.

Doch die Bayern stellen nur eine Fraktion im Kampf um die Milliarde Euro, die es ab der Saison 2017/18 geben soll - obwohl der neue TV-Vertrag erst im Frühjahr abgeschlossen werden soll. Es gibt noch mindestens drei weitere Interessengruppen bei den Profiklubs, die in der laufenden Saison 850 Millionen Euro aus den Medienerlösen kassieren.

Da sind die Traditionsvereine wie Borussia Dortmund, Schalke 04, Werder Bremen und Eintracht Frankfurt. Sie fordern, das Geld nicht mehr nur erfolgsabhängig zu verteilen. Sie pochen auf "weiche" Kriterien wie TV-Zuschauerzahlen, Fanaufkommen und Beliebtheit, bei denen es um die Reichweite der Klubs geht.

An nächster Stelle kommen die "Werksklubs" wie Bayer Leverkusen, der VfL Wolfsburg und 1899 Hoffenheim. Sie wären froh, wenn alles beim Alten bleiben würde. Und am Ende der Nahrungskette stehen die Zweitligisten. Sie befürchten, dass bei ihren 20 Prozent der Einnahmen gekürzt wird.

Der eigentliche Grund für die Debatte liegt allerdings in England: Die knapp 3,2 Milliarden Euro, die ab der kommenden Saison durch die Medienerlöse auf das Konto der Premier-League-Vereine wandern, haben die deutschen Klubchefs aufgeschreckt.

(are/sid)
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