Der Sensationsaufsteiger peilt einen Etat von 15 Millionen Euro an, damit kann der FC Bayern nur einen Topstar und einen Perspektivspieler entlohnen. Die Wettquoten für einen direkten Abstieg liegen zwischen 1,3 und 1,5. Das neue Trikot ließ unter anderem deshalb bis Mitte Juli auf sich warten, weil der Fanshop umgezogen war. Von den Shirts aus der Aufstiegssaison wurden zuletzt Restbestände der Mannschaft verkauft. Und Stürmer Dominik Stroh-Engel mutierte auf dem Weg zu einem Testspiel zum Interims-Busfahrer. Der Kader war so dezimiert, dass mehrere Kleinbusse statt einer Luxuskarosse genügten.

Die Art und Weise, wie Darmstadt auf seine erste Bundesligasaison seit 33 Jahren zusteuert, schwankt zwischen Charme und Chancenlosigkeit. Als Mutmacher dienen höchstens Beispiele aus der Metaphysik des Fußballs. Oder die Hoffnung, dass der Hamburger SV wieder im Abstiegskampf mitmischt und der FC Augsburg am 34. Spieltag einen besseren Job erledigt als der FC Schalke in der vergangenen Saison, als die "Knappen" eine 0:2-Pleite kassierten und sich der HSV noch in die Relegation rettete. Der Ausgang ist bekannt.

Vor allem die jüngere Geschichte zeigt, wie schwer es für die "Lilien" wird. Denn in den vergangenen Jahren ist die Luft für Aufsteiger immer dünner geworden. Seit 1995 ist die Klassenerhalts-Quote stetig gesunken, die Neulinge holten immer weniger Punkte. Das wird deutlich, wenn man diese 20 Jahre in Fünf-Jahres-Abschnitte aufteilt:

Dabei ist es durch die Wiedereinführung der Relegation scheinbar leichter geworden, die Klasse zu halten. Doch es hat sich so etwas wie ein fester Ligakern gebildet, 13 der 18 Vereine gehen in ihre fünfte Bundesligasaison in Folge.

Wer länger unten war, hat es schwer, oben zu bleiben — oder kommt erst gar nicht mehr zurück. 13 der 18 Zweitliga-Mannschaften waren in diesem Jahrtausend zumindest einmal erstklassig. Für sie alle bleibt nur das immer enger werdende Nadelöhr, durch das sich der SV Darmstadt sensationell in die Bundesliga gezwängt hat, nachdem ihn 2013 nur der Lizenzentzug der Kickers Offenbach vor dem Absturz in die Viertklassigkeit bewahrt hatte.

Zum sechsten Mal in Folge mischt also ein Underdog mit, der entweder länger nicht in der Bundesliga war oder noch nie. St. Pauli wurde 2010/11 Letzter, Augsburg begann 2011/12 seine Erfolgsgeschichte und ist die Ausnahme, Fürth beendete die Saison 2012/13 als Letzter, Braunschweig 2013/14 und Paderborn 2014/15 ebenso. 29 Punkte holten sie im Schnitt, mit so wenigen Zählern ist es bislang nur dem HSV gelungen, die Klasse zu halten. Immerhin scheint die Lage für Darmstadt so aussichtslos zu sein, dass der Klub auf verblüffende Weise in aller Munde ist. Was macht eigentlich der FC Ingolstadt, der Zweitligameister?

Trainer Dirk Schuster holt seine Zuversicht daher aus scheinbar versiegenden Quellen. "Ja, wir schießen mit Spatzen auf Kanonen, aber wir waren auch in der zweiten Liga das gallische Dorf mit dem kleinsten Etat und sind nach oben durchmarschiert", sagte er der "FAZ". Und zur Not sollen die kalten Holzbänke in den Gästekabinen am maroden Böllenfalltor den einen oder anderen Punkt beisteuern. Realistisch gesehen hat Darmstadt keine Chance, die Klasse zu halten. Aber das war im Fußball noch nie ein Argument, es nicht trotzdem zu tun.