Ansehen bei den Klubmanagern Christian Seifert — der starke Mann im deutschen Fußball

Frankfurt am Main · Der DFL-Geschäftsführer macht die Liga reich, und er sieht noch Wachstumspotenzial.

 Christian Seifert genießt hohes Ansehen bei den Klubmanagern der Bundesligisten. Die Fans hingegen sehen es anders.

Christian Seifert genießt hohes Ansehen bei den Klubmanagern der Bundesligisten. Die Fans hingegen sehen es anders.

Foto: ddp

Eine Geschichte erzählt Christian Seifert besonders gern. Sie spielt Mitte der 70er Jahre in Rastatt, einer Kreisstadt mit 47.000 Einwohnern in Baden-Württemberg. Seifert kickte gerade in der E-Jugend, und er war glühender Fan von Borussia Mönchengladbach. So geht diese Geschichte: "Weil es bei uns keine Fahnen von Mönchengladbach gab, habe ich mir ein Borussia-Badetuch aus dem Otto-Katalog bestellt, an einen Besenstiel getackert und aus dem Fenster gehalten." Damit will der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) sagen: Ich bin auch ein Fußball-Romantiker, nicht nur kühler Manager. Ich bin einer von euch. Kein Zufall, dass er die Anekdote dem Fan-Magazin "Elf Freunde" nicht verschwieg.

Für große Teile der Öffentlichkeit hat Seiferts Wirken weniger mit den romantischen Dingen des Fußballs zu tun. Viele sehen in ihm einen Geschäftsmann mit austauschbaren Geschäftsfeldern. Sie wissen, dass er in der Medien- und Musikbranche ebenso erfolgreich arbeitete wie in der Verwaltung des Fußballs. Und sie schließen daraus, dass er ebenso gut Kühlschränke, Autos oder Stahlträger verkaufen könnte.

Vermutlich stimmt das sogar. Sicher aber ist, dass die Liga in den elf Jahren ihrer Selbstverwaltung keinen besseren Vermarkter an ihrer Spitze hatte. Seit 2005 führt er die DFL, und nie war er erfolgreicher als 2012. Dass er den 36 Profiklubs einen um rund 216 Millionen Euro besseren TV-Vertrag (insgesamt 628 Millionen Euro) heraushandelte, sichert ihm schon mal die Hochachtung der Klubmanager. Sie sprechen von ihm voller Ehrerbietung.

Seine Mitarbeiter in der Frankfurter DFL-Zentrale, die standesgemäß in ein vornehmes Geschäftsviertel in der Nähe der Alten Oper gezogen ist, tun das auch. Ihren Respekt verdient er sich durch Berechenbarkeit. "Was er sagt, das gilt", sagt einer seiner Leute.

Das erwartet er auch von seinen Gesprächspartnern. Umständlichkeit mag er nicht, mangelndes Tempo ebenfalls nicht. Seifert ist schnell. Er antwortet ohne Umschweife, und er kommt auf den Punkt. Kleine Provokationen schätzt er, und so richtig erschüttern lässt er sich nicht. Wenn er feststellt, "die DFL hat in den vergangenen Jahren mehr richtig als falsch gemacht", dann unterstreicht er sein gut ausgeprägtes Selbstbewusstsein mit einem kernigen, aufrechten Blick. Das ist sein Geschäftsgesicht.

Er trägt es in Verhandlungen und öffentlichen Terminen, und es schmückt ihn bei Vorträgen. Dass er am liebsten frei redet, gibt seinen Zuhörern das Gefühl völliger Hinwendung. Das trägt ihm manchmal geradezu Bewunderung ein. Und es stützt seine Stellung als stärkster Mann im deutschen Profifußball.

Während ihn die Geschäfts-Kollegen in den Klubs bewundern, ist er für die Fans eine eher abstrakte Größe. Für die Ultras verkörpert er das Business, und er könnte ihr Lieblingsfeind sein. Aber weil er in der Öffentlichkeit viel weniger präsent ist als die Hauptdarsteller des Spiels, richtet sich der Protest von Fan—gruppen gegen Kommerzialisierung und Sicherheitskonzepte an die Institution, die er vertritt. Während die Bundes- und Landesinnenminister auf Transparenten häufig geschmäht werden, ist Seifert bislang keine Zielscheibe.

Das ist ihm recht, denn er glaubt ja daran, den inneren Werten des Spiels genauso verpflichtet zu sein wie dessen gedeihlicher Vermarktung. In dieser Hinsicht sieht er trotz des Erfolgs beim Handel um die TV-Rechte noch Wachstumspotenzial. Er kann das wunderbar vorrechnen und benötigt natürlich keinen Spickzettel: "Der Fußball finanziert sich zu jeweils rund 30 Prozent aus Medienerlösen, 30 Prozent aus Werbung, 20 Prozent aus Ticketverkauf, zehn Prozent aus Transfers und fünf Prozent aus Merchandising. Die Transfererlöse werden durch die Finanzkrise in Spanien, Italien und England wegbrechen, das Merchandising ist gedeckelt, Werbeerlöse sind nur bedingt zu steigern. Es bleiben allein die Medieneinnahmen."

Er zeigt auf Italien und England, die pro Jahr eine Milliarde aus diesem Bereich schöpfen. Und er weiß aus seiner Erfahrung mit den neuen Medien in einem früheren Berufsleben, dass da schon noch etwas geht. "Wir haben inzwischen die Technik im Bereich der mobilen Endgeräte und gleichzeitig die Bereitschaft der Menschen, die auch zu nutzen", versichert er, "da ist noch einiges drin."

Dazu lächelt er ein siegesgewisses Lächeln. Er kann es sich leisten.

(RP/can)
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