Bundesliga in der Sinnkrise Die Liga der Langeweile

Düsseldorf · Die Bundesliga wird ihrem Anspruch als Premium-Produkt nur noch mit Geschichten abseits des Rasens gerecht. Dem Spielbetrieb dagegen droht die Luft auszugehen.

 Bayern-Spieler beim routinierten Jubel.

Bayern-Spieler beim routinierten Jubel.

Foto: dpa, tos hak

Es ist nicht so, dass die Bundesliga nichts zu erzählen hätte. Zog nicht das Wechselwirrwarr um Pierre-Emerick Aubameyang alle in seinen Bann? War Peter Stögers Rückkehr als Dortmunder Trainer zu seiner alten Liebe in Köln nicht eine dieser Geschichten, die nur der Fußball schreibt? Und liefern Videobeweis, 50+1 und Fan-Prosteste nicht an jedem Wochenende ausreichend Stoff für Diskussionen? Ja, das stimmt. Dünn wird es nur für den, der über das reden möchte, was die Bundesliga auch als Premium-Produkt im Innersten ausmacht: den Spielbetrieb. Denn der versprüht zunehmend Langeweile.

Da ist der Kampf um die Deutsche Meisterschaft, der nicht mehr existiert. Eine Liga, die vor nicht allzu langer Zeit noch damit warb, keine spanischen Verhältnisse - also in jeder Saison einen Zweikampf wie zwischen Madrid und Barcelona - zu haben, bietet nun angesichts der Dominanz des FC Bayern schottische Verhältnisse, wo Celtic Glasgow schon vor dem ersten Spieltag als Meister feststeht. Wenn Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler seit Jahren unwidersprochen feststellen kann, dass ein Champions-League-Platz genauso wertvoll wie ein Titel sei, sagt das viel aus. Die Liga schreibt Platz eins per se ab, und jeder hat Verständnis dafür.

Dabei gewinnen die Bayern ihre Partien, ohne Spiele abzuliefern, die sich in die Erinnerung einbrennen. Dank des besten und breitesten Kaders siegen sie einfach, während die restlichen 17 Teams oft genug am eigenen Anspruch scheitern. Den Vorsatz "da zu sein, wenn die Bayern schwächeln", formuliert dabei niemand mehr, der Titel "Bayern-Jäger" ist heute ein zynischer. Meist reicht der selbst gewählte Anspruch, um zu scheitern - ob der nun Europapokal, einstelliger Tabellenplatz, oder Klassenerhalt heißt. Den Hype um die Liga nimmt jeder Verein gerne an, wenn es Einnahmen im Werbe-, TV- und Fanartikelbereich einbringt. Doch wenn es um Erwartungen geht, die just dieser Hype bei Fans entfacht, suchen die Klubs nach wie vor nach einem Allheilmittel zur Regulation.

Die Bundesliga bietet zu viel Stuttgart gegen Wolfsburg

Bayern ausgeklammert, kann in der Bundesliga jeder jeden schlagen. Und meist gewinnt der, der an diesem Tag weniger Probleme hat, die auf dem Papier sichtbare Qualität auch auf dem Rasen abzurufen. Der Vorsprung von Platz eins zu zwei (18 Punkte) ist größer als der von Platz zwei zu 16 (15 Punkte). Die Spitzengruppe geht nahtlos ins Mittelfeld über, das Mittelfeld nahtlos in den Abstiegskampf. Alles eine Soße, unken sie vielerorten.

Dabei fließt immer mehr Geld in den Fußball. Spieler werden immer teurer, Spiele sind längst Events, die Zuschauerzahlen sind (noch) konstant hoch - allein die Qualität der Partien kann nicht mithalten. Und genau das kann auf Dauer ein Problem werden, schließlich soll die internationale Vermarktung voranschreiten. Auch beim Vorbild Premier League ist nicht jedes Spiel ein Leckerbissen, aber die Liga funktioniert über eine Handvoll Vereine. Die Bundesliga funktioniert international nur über die Bayern.

Keiner erwartet von der Bundesliga, dass sie an jedem Spieltag ein 4:4 wie im November zwischen Dortmund und Schalke bietet oder einen Freiburger 4:3-Sieg in Köln nach zwischenzeitlichem 0:3. Aber wo sind die sehenswerten Tore, über die man am Montag noch spricht? Wo der überraschende Ansatz einer Mannschaft, die neutrale Fans in ihren Bann zieht? Wo das Hin und Her mit offenem Visier? Wo die individuelle Klasse eines Spielers, wegen dem alleine man ins Stadion geht? Die Bundesliga bietet zuviel Stuttgart gegen Wolfsburg, zuviel Hertha gegen Hoffenheim, zu viele Spiele, bei denen es gleichgültig ist, ob man sie gesehen hat.

Und genau das darf die Bundesliga nie sein: gleichgültig.

(klü)
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