Nach Attacke auf Gladbacher Bus Die Angst der Vereine vor den Hooligans

Düsseldorf · Natürlich ist mal wieder gleich eine generelle Diskussion über die Fankultur hierzulande in Gang geraten. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn eine Differenzierung zwischen den einzelnen Gruppierungen in einem Stadion ist selbst für Kenner der Szene schwierig. Wer ist einfach nur Fan, wer ist Ultra, wer ist möglicherweise ein übriggebliebener Hooligan, wer ist nur so ein Dummkopf, der auf Stress aus ist? Und wobei handelt es sich um einen Kriminellen, dem Leid und Leben anderer schlichtweg egal ist?

 Dieses Banner kursiert derzeit auf Facebook. Ein humorvoller Umgang mit Rivalität im Fußball.

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Foto: Facebook

Auf der A3, das muss man zunächst einmal feststellen, haben am Sonntagabend keine Fans, sondern Verbrecher ihr Unwesen getrieben, als sie einen voll besetzten Bus mit Anhängern von Borussia Mönchengladbach an Bord von der Autobahn drängten, ihn ausbremsten, den Passagieren Todesängste bereiteten und ganz nebenbei einen Sachschaden von 30.000 Euro verursachten. Das sind die Fakten eines Abends, an dem es ausschließlich Verlierer gegeben hat. Sogenannte Ultras des 1. FC Köln wurden recht schnell als Täter ermittelt.

Die Aufarbeitung eines solchen Vorfalls folgt in der Regel den immer gleichen Mechanismen. Der betroffene Verein bedauert Gewaltexzesse wie diese, weist aber die Schuld weit von sich, verbunden mit der Bemerkung, man stehe solchen Entwicklungen hilflos gegenüber.

Und so will auch der 1. FC Köln nichts von einer generellen Bestrafung der mal wieder auffällig gewordenen Ultra-Gruppe mit dem recht zielführenden Namen "Wilde Horde" wissen. Immerhin sollen gegen zehn Mitglieder, die an der Attacke gegen den Fanbus beteiligt gewesen sein sollen, Stadionverbote verhängt und ein Vereinsausschlussverfahren eröffnet werden.

"Selbstverwaltete Kurven"

Der aktuelle Vorfall wirft ein grelles Licht auf die Probleme der Vereine mit der Fankultur hierzulande. Ultras stehen für eine neue Fußball-Romantik, für sehenswerte Aufführungen auf den Rängen, für einen wesentlichen Teil der Unterhaltung neben dem Rasenviereck. Sie halten sich weitestgehend an die Spielregeln, solange sie sich in ihrem "Wohnzimmer" austoben.

Fanbetreuer sprechen stolz von "selbstverwalteten Kurven" als Gütesiegel gegenseitigen Vertrauens. Die Fans verzichten auf das Abbrennen von Feuerwerkskörpern und das Werfen von Bierbechern, dafür sieht der Verein von einer allzu intensiven Reglementierung ab. "Die Lage hat sich dadurch sehr gebessert", sagt Jörg Emgenbroich, Fanbeauftragter von Fortuna Düsseldorf.

In fremden Stadien dagegen, räumt Emgenbroich ein, zeigen sich manche Unterstützer deutlich enthemmter. "Die Gewaltzunahme generell im Fußball", sagt der 33-Jährige, "ist offensichtlich. Manche haben die Szene im Griff, manche haben den Zugriff leider längst verloren."

In Köln ist genau das offenbar passiert. Dort kann man auf Entwicklungen nur noch reagieren. Und so toben sich in der Domstadt die Ultra-Bewegungen "Boyz" und "Wilde Horde" nach Herzenslust aus. Mit fehlgeleiteten Emotionen hat das nichts zu tun, die Grenze zur Illegalität ist mehr als deutlich überschritten. Das ist keine exklusive Entwicklung in Köln, auch andernorts wie in Frankfurt, Nürnberg und Rostock hat ein Teil der Anhängerschaft ein gefährliches Eigenleben entwickelt.

In Mönchengladbach beobachtet man das alles mit Sorge. Thomas "Tower" Weinmann, Borussias Fanbeauftragter, spricht von einer Grenze, die bei dem Überfall auf den Reisebus überschritten worden ist. "Wir sind in Gladbach um eine aktive Szene bemüht", sagt Weinmann. "Man muss aufpassen, dass dir keiner ausreißt. Sonst wird es unkontrolliert und man hat keinen Einfluss mehr. Fanarbeit ist präventiv. Man kann aber nicht sagen, weil Einzelne dummes Zeug machen, hat unsere Arbeit keinen Sinn. Wir alle lieben Fußball. Wir wollen Emotionen, keine Gewalt." Bleibt zu hoffen, dass die Botschaft ankommt.

Wie man Rivalität auch humorvoll ausleben kann, zeigt sich derweil auf Facebook. Dort macht unter Borussia-Fans grade ein Banner die Runde. "Ihr jagt Busse, wir Titel", heißt es da.

(RP/csr)
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