Bundesliga 15/16 Die Tops und Flops der Saison
Die Tops und Flops der Bundesliga-Saison 2015/16.
Größter Top: Thomas Müller
Wenn von Trainer Louis van Gaal neben dessen zahlreichen, nun ja, Schrulligkeiten etwas hängengeblieben ist in München, dann dieser Satz: "Thomas Müller spielt immer." Warum? Naja, weil er einzigartig ist, dieser Thomas Müller. Wenn es ihn nicht schon gäbe, man müsste ihn schleunigst erfinden. Mal abgesehen von den 20 Toren und 7 Torvorlagen, die Thomas Müller in dieser Saison abgeliefert hat: Die ganze Bundesliga wäre ohne ihn arm dran. Dieser Thomas Müller ist vor allem auch das wahre Gesicht des deutschen Fußballs: Weil er sich stets so wohltuend abhebt von dessen antiseptischem Hochglanz.
Größter Flop: VfB Stuttgart
Das "Wunder von Wolfsburg" blieb aus, am Ende einer völlig missratenen Saison mit dem zweiten Bundesliga-Abstieg nach 1975 versank der VfB Stuttgart im Tränenmeer. Sportvorstand Robin Dutt wollte mit Neu-Coach Alexander Zorniger die Liga aufmischen. Doch die Profis verstanden dessen Idee vom Überfallfußball etwa so gut wie Günther Oettingers Englisch. Unter Zorniger konnte der VfB gar nichts - nicht mal Hochdeutsch. Das Aus kam nach 13 Spielen. Unter Nachfolger Jürgen Kramny deutete sich die Wende an, doch Verletzungen warfen die Schwaben erneut aus der Bahn. Zuletzt wirkte Kramny hilflos, der Neuanfang wird ohne ihn erfolgen.
Ärgernis: Schiedsrichter-Leistungen
Die Büchse der Pandora wurde bereits am 4. Dezember 2014 geöffnet. Mit der Entscheidung zur Einführung der Torlinientechnik, die übrigens während der zu Ende gegangenen Saison der Fußball-Bundesliga so gut wie nie gebraucht wurde, waren die Schiedsrichter nicht mehr alleine die letzte Instanz. Und in Zukunft werden die Referees noch mehr Kompetenzen abtreten müssen. Der Videobeweis wird kommen, ab der kommenden Saison läuft bereits die Testphase. Damit wird sich das Spiel verändern - und zwar grundlegend. Ob es gut für den Fußball ist, dass die Profis unter anderen Bedingungen spielen als die Amateure, ist fraglich. Doch es gibt kein Zurück mehr.
Top-Trainer: Dirk Schuster
Dirk Schuster warnte vorsichtshalber schon einmal vor dem Worst Case. Sein Team sei schließlich das kleinste Licht der Liga, sagte der Coach des Fußball-Bundesligisten Darmstadt 98 vor der Saison immer wieder. Und sein Team sei natürlich auch der krasseste Außenseiter der Historie. Ach ja, und wolle sein Team den Klassenerhalt schaffen, wäre das nur über Kampf und Leidenschaft möglich. Nun bleiben die Lilien mindestens ein weiteres Jahr in der Liga, und der Worst Case ist plötzlich ein anderer - nämlich der Abgang des Erfolgstrainers. Immer lauter wurden zuletzt die Gerüchte, wonach Schuster die Südhessen verlassen könnte.
Mr. Cool: Max Eberl
Der Sportchef von Borussia Mönchengladbach bewahrt - zumindest äußerlich - fast immer die Ruhe. Selbst als Lucien Favre nach der Fünfer-Niederlagenserie zum Auftakt aufgab, bewahrte Eberl Contenance und Übersicht, machte André Schubert zunächst zum Interims- und später dann zum Chefcoach - eine Entscheidung, die sich trotz der Auswärtsschwäche der Elf vom Niederrhein positiv niederschlug.
Handball-Tor: Leon Andreassen
38. Minute, der Ball segelt in den Kölner Strafraum, Leon Andreasen steht goldrichtig. Doch er schlägt den Ball mit der Hand ins Tor. Die meisten der 48.500 Zuschauer hatten das gesehen. Doch: Die Pfeife von Schiedsrichter Bastian Dankert blieb stumm, und Andreasen sagte auch nichts. Hannover 96 gewann am 9. Spieltag beim 1. FC Köln durch den irregulären Treffer 1:0 - nicht nur am Rhein war die Aufregung groß. Der Express schrieb von einer "0:Hand-Niederlage". Hitzig wurden die grundlegenden Fragen des Spiels diskutiert: Gibt es noch Moral und Fair Play? Sind die Schiedsrichter zu überheblich? Und wieder mal: Braucht es den TV-Beweis?
Retter: Julian Nagelsmann
Als Julian Nagelsmann am 11. Februar seinen neuen Job antrat, hatte 1899 Hoffenheim fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz und war sieben Zähler vom rettenden Ufer entfernt. Der erste Abstieg des Fußball-Bundesligisten aus dem Kraichgau, der in dieser Saison bis dahin so gut wie nichts auf die Reihe gebracht hatte, schien bereits beschlossene Sache zu sein. Doch dann holte die TSG unter der Regie des jüngsten Cheftrainers der Geschichte, der eigentlich erst ab der kommenden Saison das Team übernehmen sollte, 14 Punkte aus 8 Partien - so viele wie die vorherigen Trainer Markus Gisdol und Huub Stevens zusammen. Am 4. April hatte der 28-Jährige seinen Klub erstmals seit sechs Monaten von den Abstiegsplätzen geführt, schon am vorletzten Spieltag war der Klassenerhalt perfekt.
Phoenix: Sandro Wagner
Er wurde bei Hertha BSC aussortiert, musste im Training auf das leere Tor schießen - und war dann Protagonist des Lilien-Märchens. Darmstadt 98 war vielleicht ein Glücksfall für Sandro Wagner, gleichzeitig aber auch der Stürmer selbst das Beste, was den Südhessen passieren konnte. 14 Tore für einen Aufsteiger wecken naturgemäß bei anderen, vermeintlich besseren Vereinen Begehrlichkeiten.
Pechvogel: Holger Badstuber
Er hat bereits den WM-Triumph verpasst, und auch in diesem Sommer wird Holger Badstuber bei einem möglichen EM-Titel in Frankreich nicht dabei sein. Aber nicht, weil der 27-Jährige nicht das Zeug dazu hat: Bundestrainer Joachim Löw ist bekennender Fan des Innenverteidigers. Doch der Körper lässt Badstuber immer wieder im Stich. Die Leiden Badstubers, die 2012 mit einem Kreuzbandriss begonnen hatten, nehmen bisher kein Ende: Insgesamt war Badstuber in den vergangenen vier Jahren zweieinhalb Jahre verletzt.
Sturkopf: Roger Schmidt
Roger Schmidt gehört sicher nicht zu den pflegeleichtesten Trainern in der Fußball-Bundesliga. Eine Kostprobe seines Sturkopfes gab der 49-Jährige am 21. Februar 2016 im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund (0:1). Der Coach von Bayer Leverkusen war von Schiedsrichter Felix Zwayer (Berlin) aus dem Innenraum verbannt worden. Aber Schmidt sah keine Veranlassung, der Aufforderung nachzukommen, sondern blieb vor der Coaching-Zone vor der Bayer-Bank stehen. Stefan Kießling ging auf Anweisung Zwayers zweimal zu seinem Trainer, um Schmidt die Entscheidung des Unparteiischen zu übermitteln. Der Trainer blieb allerdings stur und forderte eine persönliche Begründung des Referees für den Verweis auf die Tribüne ein, daraufhin unterbrach Zwayer die Partie für neun Minuten und schickte beide Teams in die Kabine.
Dauerbrenner: Vier Keeper, zwei Feldspieler
In der abgelaufenen Bundesliga-Saison 2015/16 standen sechs Spieler die gesamten 3060 Minuten auf dem Feld. Torwart Ron-Robert Zieler von Absteiger Hannover 96 spielte zwei Spielzeiten über die volle Distanz. Die Torhüter Zieler (Hannover 96), Felix Wiedwald (Werder Bremen), Lukas Hradecky (Eintracht Frankfurt) und Loris Karius (Mainz 05) sowie die Feldspieler Joel Matip (Schalke 04) und Luca Caldirola (Darmstadt 98) waren die Dauerbrenner der Liga.
Aufsteiger: Ralph Hasenhüttl
Zugegeben, sein zweiter Aufstieg innerhalb eines Jahres war nicht gerade elegant gelöst. Ralph Hasenhüttl besaß noch einen Vertrag bis 2017 beim FC Ingolstadt - er wollte ihn nicht erfüllen, weil er beim mittlerweile in der Bundesliga angekommenen Retorten-Klub RB Leipzig ganz offensichtlich die bessere Perspektive sah. Ohne den Erfolg in Ingolstadt wären derlei Begehrlichkeiten nicht geweckt worden. Im Oktober 2013 hatte Hasenhüttl den FC Ingolstadt übernommen - auf dem letzten Tabellenplatz in der 2. Bundesliga. Nur knapp 19 Monate später stiegen die Schanzer in die Bundesliga auf - mit einer kaum für möglich gehaltenen Souveränität.
Übeltreter: Johannes Geis
Als Johannes Geis die TV-Bilder sah, war er selbst schockiert. "Ich habe mich erschrocken", sagte der Mittelfeldspieler von Schalke 04, "für mich ist es unerklärlich. Ich bin nicht der Typ, der auf den Platz geht, um seine Kollegen zu verletzen." Genau das hatte der 22-Jährige beim 1:3 der Königsblauen am 25. Oktober bei Borussia Mönchengladbach getan: Mit gestrecktem Bein war Geis André Hahn aufs Knie gesprungen, der Gladbacher erlitt bei dem brutalen Foul eine Fraktur des Schienbeinkopfes und einen Außenmeniskusriss.
Flucht: Lucien Favre
Als Max Eberl am Morgen nach der Derbypleite beim 1. FC Köln (0:1) mit seinem Hund Hunter Gassi ging, war die Welt bei Borussia Mönchengladbach noch in Ordnung. Dann klingelte um 7.20 Uhr das Handy des Sportdirektors, am anderen Ende war der Berater von Lucien Favre und verkündete den Rücktritt des Trainers. Es war das Ende einer Ära. Vier Jahre lang war der Schweizer mit der Borussia von Erfolg zu Erfolg geeilt, mit dem Einzug in die Champions League als Krönung. Doch dann folgten zu Saisonbeginn fünf Liga-Niederlagen in Folge. Favre zweifelte, grübelte und warf schließlich hin, obwohl er den gesamten Verein hinter sich wusste. Für viele wirkte der Abgang wie eine Flucht, er war das unschöne Ende einer Erfolgsstory.
Torjäger: Robert Lewandowski
Tore hat Robert Lewandowski ja schon viele geschossen, aber so schnell und so viele wie in dieser Saison dann auch noch nicht. Was Lewandowski auszeichnet, ist die erstaunliche Vielseitigkeit beim Torschuss - zu bestaunen am 22. September 2015. Nach seiner Einwechslung zur 2. Halbzeit gelangen ihm von der 51. bis zur 60. Minute fünf Treffer: drei in 3:22 Minuten, vier in 5:42, fünf in 8:59 Minuten - alles für sich ein Weltrekord. Am Samstag erzielte Lewandowski gegen Hannover 96 mal eben noch schnell seinen 30. Treffer in dieser Bundesliga-Saison.
Missverständnis: Thomas Schaaf
Am Ende musste sogar Klubchef Martin Kind eingestehen, dass Hannover 96 zu lange an Trainer Thomas Schaaf festgehalten hatte. Die Entscheidung, den Dauerverlierer auf der 96-Bank zu beurlauben, sei "zu spät erfolgt", sagte Kind - nachdem die "Roten" schon nicht mehr zu retten waren. Erst nach zehn Pleiten in elf Spielen, als der Abstieg längst so gut wie besiegelt war, zog Hannover die Reißleine und beendete das Missverständnis.
Abschied: Pep Guardiola
Es ist ja häufig so, dass man einen Menschen und dessen Arbeit erst zu würdigen weiß, wenn er nicht mehr da ist. Pep Guardiola wird nach drei Jahren in München nun weiterziehen zu Manchester City, und wenn nicht alles täuscht, sind darüber nun weder der FC Bayern, noch der scheidende Trainer unglücklich. Sie haben sich auseinandergelebt. Weil sie sich auch nie so recht verstanden haben. Der FC Bayern hält sich ja für unfehlbar und mochte sich daher auch vom weltweltweltbesten Trainer nichts vorschreiben lassen. Weil der Perfektionist Guardiola es anders gewohnt ist, war er nun verbraucht. In München.
Talfahrt: Dieter Hecking
Welch' Glanz versprühte die Wolfsburger Fußball-Welt noch im vergangenen Sommer: Vize-Meisterschaft, Quali für die Champions League, Pokalsieg gegen Borussia Dortmund und der Supercup-Titel gegen Bayern München. Dieter Hecking, auch noch zum Trainer des Jahres gekürt, und seine "Wölfe" waren auf dem besten Wege, sich als neue Nummer zwei in Deutschland zu etablieren. Doch es kam anders. Mit dem Bekanntwerden des Abgas-Skandals bei Eigner VW im vergangenen September nahm die Talfahrt ihren Lauf. In der Bundesliga mehrten sich die Niederlagen, die Neuzugänge Julian Draxler, Max Kruse und auch André Schürrle, der im Winter zuvor gekommen war, konnten nur punktuell überzeugen, am Ende verpasste der VfL in der Liga das internationale Geschäft.
Zweiter: Borussia Dortmund
Wer Raymond Poulidor kennt, muss ein wahrhaftiger Radsport-Experte sein. Je schmerzhafter sich der Franzose einst streckte, um endlich diese vermaledeite Tour de France zu gewinnen, desto heißblütiger liebten ihn die Fans - doch gewonnen hat er die Tour nie. Denn es gab Jacques Anquetil, und der gewann fast immer. Irgendwie ähnlich ergeht es Borussia Dortmund. Da spielt der BVB die beste Saison seiner Vereinsgeschichte, er zaubert und begeistert die Massen - doch Meister zu werden, was die Borussen ja vor wenigen Jahren noch zweimal in Folge waren (von wegen Poulidor), ist derzeit quasi unmöglich. Denn es gibt den FC Bayern, und auch der gewinnt fast immer.
Ersatzspieler: Mario Götze
Je länger diese Saison dauerte, desto offensichtlich wurde es: In der Welt von Trainer Pep Guardiola kommt Mario Götze nur als Ersatzspieler vor. Wobei: Genau genommen war der Weltmeister im Verlauf dieser Saison nicht mal mehr das. Er spielte nach seiner Verletzung nur noch, wenn es um nichts ging. So wie am letzten Spieltag: Gegen Absteiger Hannover 96 traf Götze beim 3:1 doppelt und durfte sogar durchspielen.
Chaos-Klub: Schalke 04
Dass Schalke 04 den besten Saisonstart seit 44 Jahren hinlegte, ist längst vergessen. In den ersten Wochen der Spielzeit, als die Königsblauen mit sechs Pflichtspielsiegen in Serie ihren Vereinsrekord einstellten, schien André Breitenreiter genau der richtige Trainer zu sein. Doch der unerfahrene Coach machte danach Fehler, mit taktischen Missgriffen und mangelnder Spielidee, aber auch mit unüberlegten Äußerungen. Die Klubführung um Aufsichtsratschef Clemens Tönnies vertrieb die gute Stimmung mit dem unwürdigen Theater um Manager Horst Heldt.
Entdeckung: Julian Weigl
Die 100 kommt bedrohlich nahe: In 40 Pflichtspielen für 1860 München und 50 in seiner ersten Saison für Borussia Dortmund hat Julian Weigl kein einziges Tor erzielt. Es wird also Zeit. Das ist jedoch so ziemlich das einzig Negative, was sich über die Entdeckung dieser Bundesliga-Spielzeit sagen lässt. Denn Weigl, der für jetzt schon lachhaft anmutende zwei Millionen Euro von den Löwen kam, ist durchgestartet.
Oldie: Claudio Pizarro
Schlitzohr, Super-Oldie, Rekord-Torjäger: Claudio Pizarro ist ein Phänomen. Es gab nicht wenige, die hinter den Last-Minute-Transfer von Sportchef Thomas Eichin im August vergangenen Jahres ein dickes Fragezeichen setzten. Spätestens in der Rückrunde aber belehrte der peruanische Nationalspieler seine Kritiker eines Besseren, traf streckenweise nach Belieben. Mit inzwischen 103 Bundesliga-Toren (187 Ligaspiele) für die Bremer überflügelte Pizarro den heutigen Aufsichtsrats-Chef Marco Bode (101 Treffer) und schwang sich zum alleinigen Rekord-Torschützen des Klubs auf.