Fall Amerell heute vor Gericht Druck auf Zwanziger wächst

Düsseldorf/München (RP). Der Skandal um den früheren Schiedsrichter-Sprecher Manfred Amerell belastet den obersten Funktionär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Heute treffen die beiden Seiten vor dem Münchner Landgericht aufeinander.

 DFB-Präsident Theo Zwanziger.

DFB-Präsident Theo Zwanziger.

Foto: AP, AP

Vor dem Münchner Landgericht an der Prielmayerstraße 7 geht es formaljuristisch nur um einen vorläufigen Rechtsschutz. Manfred Amerell will gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) in einer einstweiligen Verfügung erreichen, dass der mächtige Sportverband den ehemaligen Sprecher der Schiedsrichterzunft nicht mehr "sexueller Belästigung und Übergriffen" in verschiedenen Fällen bezichtigen darf. Es wird auch nach dem Termin nicht endgültig Klarheit darüber geben, was tatsächlich passiert ist. Dazu bedarf es einer Hauptverhandlung. Doch schon jetzt gibt man sich im Lager von Amerell siegessicher. "Die Wahrheit wird ans Licht kommen", sagt Anwalt Jürgen Langer. "Der DFB wird Farbe bekennen müssen. Unsererseits haben wir alles getan, um ein größeres Unglück zu vermeiden."

Es geht um einen Fall von Nötigung. Das haben zumindest Fifa-Schiedsrichter Michael Kempter und drei weitere Unparteiische gegenüber dem DFB behauptet. Schon recht schnell, nachdem diese Anschuldigungen an die Öffentlichkeit gelangten, wurde klar, dass es wohl auch ein Stück weit um Machtpolitik in der Frankfurter Zentrale des mit sechseinhalb Millionen Mitgliedern größten und reichsten Einzelsportverbandes der Welt geht.

Es gibt im Dunstkreis des DFB wohl niemanden, der sich noch nicht zur "Affäre Amerell" geäußert hat. Ganz nebenbei wird wohl auch versucht, noch ein paar alte Rechnungen zu begleichen. So ist es nicht wirklich verwunderlich, dass auch Gerhard Mayer-Vorfelder sich zu Wort meldet. Er verstehe nicht, befand der 77-jährige DFB-Ehrenpräsident, warum Zwanziger Amerell bereits nach wenigen Tagen in aller Öffentlichkeit an den Pranger gestellt habe. "Man wäre besser bedient gewesen zu schweigen. Ich bin der Auffassung, dass jemand unschuldig ist, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist."

Zwanziger hatte Mayer-Vorfelder nach einem Machtkampf vor der WM 2006 aus dem Amt gedrängt. Für Zwanziger wird der Skandal immer mehr zum Balanceakt. Rund um das Länderspiel in München ist die Rede von einer "sehr ernsten Lage". So mancher, der noch vor kurzem treu an der Seite des Präsidenten gestanden hat, versucht, sich zumindest schon einmal vorsichtig neu zu positionieren. Wer weiß, was kommt?

Franz-Xaver Wack hat als Vertrauensperson der betroffenen Schiedsrichter als einer der ersten von den Vorwürfen erfahren. Wirklich neu kann das alles für ihn allerdings nicht gewesen sein. Er habe den DFB bereits vor fünf Jahren auf einen möglichen Amtsmissbrauch von Amerell hingewiesen, sagt er. Warum er damals nicht hartnäckiger seinem Verdacht nachgegangen ist, bleibt unklar. Böse Zungen behaupten, dass das Personalkarussell beim DFB manchen in Plauderlaune brachte. Dazu gehört auch die Stelle des Schiedsrichter-Obmanns. Bislang galt Herbert Fandel als sicherer Nachfolger von Volker Roth — aber vielleicht hat auch Wack Ambitionen.

(RP)
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