TV-Vermarktung in Europa Englische Fans gucken häufig in die Röhre

Im Vergleich zu England, Spanien, Italien verschenkt Deutschland seinen Fußball an die Fans. Aber nirgends ist er so beliebt wie hier. Auch ein Trumpf. Ein Überblick über die TV-Vermarktung in den großen europäischen Ligen.

Die TV-Einnahmen der Bundesliga-Klubs
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Foto: ddp, ddp

Gewiss, der deutsche Profifußball und seine Organisationen DFL und DFB hadern. Englands Premier League kassiert ab 2016 bis 2019 jährlich rund 3,2 Milliarden Euro (inklusive Auslandsvermarktung) aus den Fernsehrechten, während sich die Bundesliga mit etwas mehr als einem Viertel (835 Millionen in der kommenden Saison) zufrieden geben muss.

Doch der deutsche Fußball bleibt der sozialste und volksverbundenste in den fünf marktbeherrschenden Ländern Europas (Deutschland, England, Spanien, Italien, Frankreich). Nicht nur an den Kassenhäuschen, sondern auch im Fernsehsessel. Denn trotz der exorbitanten TV-Erlöse werden in England, wo auch die Ticketpreise am höchsten sind, nur 168 der 380 Spiele live übertragen, und das dazu noch auf zwei verschiedenen Pay-Kanälen. Der deutsche Fan kann alle Partien bei Sky sehen.

Auch bei der nächsten Ausschreibung ab 2017/18 besteht die Möglichkeit, dass Sky wieder alle Live-Rechte erwirbt. Eine staatliche Vorschrift wie in England, dass aus Wettbewerbsgründen Live-Rechte an mindestens zwei TV-Sender vergeben werden müssen, gibt es in Deutschland nicht. Der hohe Anteil an Auslandserlösen, rund 600 Mio Euro pro Jahr, erklärt sich für England auch historisch. Im ehemaligen Commonwealth wird immer noch englisch gesprochen, und die kulturelle Nähe ist immer noch groß.

Revolution in Spanien

Eine Revolution bahnt sich in Spanien an. Bis zu dieser Saison lagen die TV-Einnahmen bei etwa 760 Millionen Euro, aber jeder Verein vermarktete sich allein. Das heißt, Real erzielte 137 Millionen, der FC Barcelona 133. Der Rest erhielt Peanuts. Nach einem neuen Gesetz vom 30. April muss sich auch der spanische Fußball zentral vermarkten.

Für Atletico Madrid und den FC Valencia beispielsweise bedeutet die Zentralvermarktung einen Quantensprung, denn ihr TV-Honorar steigt jeweils von 45 Millionen pro Jahr auf 85 Millionen. Real und Barca werden nichts verlieren, sie haben sich die alten Summen garantieren lassen. Erwartet werden über eine Milliarde Euro/Saison, weil sich zwei Medienkonzerne um die Rechte streiten: Auf der einen Seite Spaniens Telefonriese Telefonica, unter anderem Hauptaktionär beim spanischen Pay-TV Sender Canal Plus. Der andere ist der große Medienkonzern Mediapro, zu dem unter anderem auch Barca TV und Real Madrid TV gehören. Die Klubs würden also ihre eigenen Rechte zurückkaufen...

In Italien, wo etwas mehr als eine Milliarde zu verteilen ist, geht es zu wie in den Schwarz-Weiß-Filmen um Don Camillo und Peppone. Zwar werden 40 Prozent der Erlöse als "Festgeld" ausgeschüttet, aber fünf Prozent nach Größe der Stadt. AS und Lazio Rom, Inter und AC Mailand sowie Juventus Turin freut das. Außerdem fließen zehn Prozent in einen Topf ein, der die Ergebnisse seit 1946 berücksichtigt. In Deutschland würden sich da Westfalia Herne und Preußen Münster ins Fäustchen lachen, die Bayern aber in die Röhre gucken.

Auch die Franzosen sind ein wundersames Völkchen. Von den 639 Millionen im letzten Jahr - erhofft wird eine Steigerung auf 780 Mio in der kommenden Saison - blieben 45 Millionen bei Meister Paris St. Germain hängen. In England hat Absteiger Queens Park Rangers über 90 Millionen kassiert.

Frankreich leistet sich wie Italien und in Zukunft Spanien ein Berechnungsmodell, das einen Computer benötigt, weil es für das menschliche Gehirn nicht mehr fassbar ist. Olympique Marseille wurde in der Liga nur Vierter, aber mit 42 Millionen in der TV-Liga Zweiter. Der Grund: Es werden auch TV-Übertragungszeiten gemessen. Und es wird erhoben, wie viele Fans ihr Team auswärts begleiten, um für Stimmung zu sorgen.

(sid)
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