Luxus-Problem im Mittelfeld Offensive Rolle nimmt Schweinsteiger die Wirkung
Meinung | Wolfsburg · Die ganz Begeisterten werden jetzt sagen, dass der VfL Wolfsburg die Bundesliga spannender gemacht hat. Die notorischen Schwarzseher sagen, dass es jetzt noch langweiliger wird. Der 4:1-Erfolg des VfL über den FC Bayern München bietet für beide Ansichten Belege.
Wolfsburg ist durch den Sieg auf acht Punkte an die Münchner herangekommen. Das ist immer noch eine kleine Welt, aber der VfL kann den Meister zumindest ohne Fernglas schon wieder sehen. Und es erinnern sich bestimmt ein paar ältere Menschen daran, wie die Bayern vor ein paar Jahren mal einen ebenso deutlichen Vorsprung auf Dortmund verspielten.
Es kann allerdings durchaus sein, dass die Bayern schon in ihrem nächsten Spiel aus ihrer ersten Saisonniederlage die richtigen Schlüsse gezogen haben. Ganz so, wie ihr Trainer Pep Guardiola das unmittelbar nach der bemerkenswerten Schlappe in Wolfsburg herbeiorakelte. "Manchmal", sagte er, "ist es nötig, ein Spiel zu verlieren, um zu verstehen, wie schwer der Fußball ist. Immer gewinnen, gewinnen, gewinnen, das ist nie leicht."
Und wenn seine Jungs die richtigen Schlüsse ziehen, werden sie so bald nicht mehr verlieren. Das wiederum könnte bedeuten: Natürlich werden die Münchner souverän ihren Titel verteidigen, und nach allen Regeln der Rechenkunst wird ihnen Wolfsburg nicht mehr viel näher kommen können.
Weil aber die Wolfsburger ihre außergewöhnliche Qualität unterstrichen haben, könnten es für ihre Konkurrenten furchtbare Zeiten werden. Vielleicht brauchen die Mitbewerber um die Champions-League-Plätze bald das besagte Fernglas auf der Suche nach den Wolfsburgern. Und das wäre ja dann wirklich ziemlich langweilig.
Überhaupt nicht langweilig ist die Erkenntnis, dass selbst die vermeintlich unbesiegbaren Bayern menschliche Wesen aus Fleisch und Blut sind. Die dominierende Mannschaft der Bundesliga kann Fehler machen, und sie hat in Wolfsburg viele Fehler gemacht. Sie wurde zu diesen Fehlern von einem Gegner gezwungen, der auf seine Art der Bundesliga Hoffnung gegeben hat. Sie wird vielleicht versuchen, die Bayern mal mit ein bisschen weniger Ehrfurcht zu bearbeiten.
Ein paar Fehler der Münchner könnten ihren Grund auch im System haben. Es scheint auf jeden Fall notwendig, die Kollegen Xabi Alonso und Bastian Schweinsteiger zu einer sinnvollen gemeinsamen Arbeit anzuhalten. In ihren ersten gemeinsamen Auftritten scheinen sich der aktuelle und der Ex-Weltmeister zunächst mal überwiegend gegenseitig zu blockieren. Ihr Spielentwurf ist zu ähnlich. Das hat ihr Trainer Guardiola natürlich erkannt. Daraus zieht er allerdings einen für Schweinsteiger gefährlichen Schluss. Er lässt den Bayern-Kapitän gegen dessen Natur im offensiveren Mittelfeld spielen. Dort nimmt er sich selbst die Wirkung, weil es ihm an Sprinttempo fehlt. Alonso wäre in dieser Rolle ebenfalls die falsche Besetzung.
Guardiola aber will auf keinen der beiden verzichten. Noch nicht. Das könnte noch für viel Unruhe sorgen.