Traditionsverein am Boden Felix Magath schwebt über dem HSV

Der Hamburger SV taumelt seinem ersten Bundesliga-Abstieg entgegen. Am Ende einer achtstündigen Krisensitzung am Sonntag stand fest, dass sich vorerst nichts ändern wird.

HSV-Fans attackieren Spieler nach Niederlage
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Die Köpfe rauchten im noblen Hotel Grand Elysee, die Krisensitzung beim Hamburger SV schien kein Ende zu nehmen. Als am späten Sonntagabend Pressesprecher Jörn Wolf nach fast acht Stunden vor die versammelte Presse trat, blieb dann überraschend erst einmal alles beim Alten: Bert van Marwijk darf die vollkommen verunsicherte und erfolglose Mannschaft des Tabellen-17. auch auf das DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Bayern München am Mittwoch (20.30 Uhr/Live-Ticker) vorbereiten.

"Der Vorstand hat den Aufsichtsrat informiert, dass er gedenkt, mit Herrn van Marwijk weiterzumachen. Die Sitzung ist beendet, und es gibt kein Ergebnis zu verkünden", sagte Wolf um kurz vor 23.00 Uhr im Hotel-Foyer, wo Dutzende Journalisten ausgeharrt hatten. Weitere Sitzungen, schob Wolf nach, seien nicht geplant. Um 14.00 Uhr am Montag wird die turnusmäßige Pressekonferenz an der Arena stattfinden.

Bundesliga 13/14, 20. Spieltag: Pressestimmen
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Der Aufsichtsrat und der Vorstand hatten sich in dem Hotel gegen 15.00 Uhr getroffen, um über Maßnahmen nach der sechsten Bundesliga-Niederlage in Serie zu sprechen. Im Laufe des Sonntags schienen sich Gerüchte über eine Rückkehr des HSV-Idols Felix Magath auf den Trainerstuhl in Hamburg zu verdichten — offensichtlich gab es im Aufsichtsrat aber keine Mehrheit für einen radikalen Schnitt.

Und das trotz der äußerst prekären Lage. Die Wut der Fans eskaliert, die Mannschaft ist nur noch ein Scherbenhaufen: Der HSV taumelt nach dem 0:3 (0:3) gegen Hertha BSC ungebremst seinem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte entgegen. Die Stimmung an der Elbe ist nach der historischen Grusel-Serie auf dem Tiefpunkt.

Die Hoffnung des Bundesliga-Dinos, den Gang in die Zweitklassigkeit zu verhindern, schwindet nach den Gegentreffern 45 bis 47 durch Adrian Ramos (23./38.) und Sami Allagui (15.) immer mehr.

Sportchef Oliver Kreuzer und Präsident Carl Jarchow, die beim Aufsichtsrat zum Rapport antraten, halten dennoch an van Marwijk fest. "Wir haben kein Trainerproblem", sagte Kreuzer. Jarchow fügte an, ein Trainerwechsel greife "zu kurz".

Magath, als HSV-Spieler Held des Europapokal-Finals 1983, hatte bei Facebook deutliche Hinweise gegeben, dass er bereit für ein Engagement ist. "Es bedarf nun endlich einer Lösung im Sinne unseres Vereins", schrieb er: "Der HSV muss Einigkeit nach innen und außen demonstrieren, ein starkes Zeichen setzen und eine Einheit werden."

Die Nerven liegen im hohen Norden jedenfalls blank. Rafael van der Vaart flogen Eier, Bierbecher und Feuerzeuge um die Ohren. Es fehlte nicht viel, und der Kapitän hätte sich mit aufgebrachten Fans am Spielerparkplatz eine Prügelei geliefert.

Die Anhänger des Bundesliga-Dinos ließen ihrer Wut nach dem desolaten Auftritt freien Lauf und machten regelrecht Jagd auf Spieler, traten gegen Autos. Angreifer Jacques Zoua brach sogar in Tränen aus. "Scheiß Millionäre", riefen etwa 250 Fans.

Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein, um die Situation in den Griff zu kriegen. Auch unter den Angreifern kam es zu Handgreiflichkeiten, mindestens ein Fan wurde am Kopf verletzt. Zwei Fans wurden vorübergehend festgenommen, nachdem sie Flaschen auf Ordner und Polizisten geworfen hatten.

Den Krawallen war eine unterirdische Leistung des HSV vorausgegangen. Die Hanseaten präsentierten sich ideenlos, mutlos und brachen nach dem ersten Gegentor regelrecht zusammen. "Mir fehlen die Worte, das ist nur noch traurig, katastrophal", sagte ein erschütterter Heiko Westermann. Marcell Jansen meinte: "Ich habe noch nie eine so beschissene und bedrückende Situation erlebt."

Ratlosigkeit macht sich breit. "Es kommt bestimmt kein Zauberer angeritten, der uns rettet", sagte Torhüter Rene Adler, "wir müssen uns selbst helfen." Dabei bleibt es. Zumindest vorerst.

(sid)
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