Kolumne Gegenpressing Fußball um Leben und Tod?

Düsseldorf · Die scheinbare Bedeutung des Sports führt dazu, ihn manchmal zu wichtig zu nehmen und sich deshalb bei Sprachbildern zu vergreifen. So erging es Pep Guardiola.

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Beim Studium der Berichterstattung rund um die ereignisreichen Tage beim FC Bayern München fiel folgender Passus auf: "Es mag Zufall sein, aber auffällig ist schon, dass zwei Wochen nach dem Tod von Helmut Dietl eine weitere tief in die Republik ausstrahlende Münchener Institution dahin geht. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, jahrzehntelang Mannschaftsarzt des FC Bayern München, lebt zwar noch, hat aber gekündigt." Den Tod eines Regisseurs mit dem Rücktritt eines 72-jährigen gekränkten Mediziners zu vergleichen - darauf muss man erst einmal kommen. Auch in der "selbstverliebtesten Stadt Deutschlands", wie es in dem Artikel heißt (ich dachte immer, das sei Köln), ist so ein Vergleich unpassend.

Ein bisschen überzogen hat auch Pep Guardiola. Die Begegnung mit dem FC Porto, die sich zu einem großen Triumph entwickelte, entschied zwar womöglich über seine Zukunft als Trainer des FC Bayern, doch ein bisschen dicke aufgetragen war die Aussage "Es ging um Leben und Tod" in dieser angespannten Situation doch. Bei aller Bedeutung, die der Fußball mittlerweile hat - geschäftlich wie gefühlstechnisch -, ist solch ein Sprachbild nicht angemessen.

Im Vergleich zu Guardiolas finster vorgetragener Aussage wirkt Louis van Gaals aus dem Niederländischen mitgebrachter Spruch vom Tod oder den Gladiolen, um die es in entscheidenden Partien gehe, amüsant. Und die uralte Fußballweisheit von Bill Shankly ist eher eine ironische Auseinandersetzung mit der übersteigerten Bedeutung des schönen Spiels. "Es gibt Leute, die denken Fußball sei eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist", sagte die Liverpool-Legende zu Zeiten, als die Fernsehbilder noch schwarz-weiß, der Ball noch aus Leder und die Schuhe noch nicht quietschbunt waren.

Tatsächlich beschäftigte sich Guardiola diese Woche mit dem Tod. Zur Pressekonferenz vor dem Porto-Spiel kam der ansonsten auf stilvolle Kleidung bedachte Trainer im schwarzen T-Shirt. "#JusticiaParaTopo" stand darauf. Guardiola setzte sich für die Aufklärung des mysteriösen Unfalltodes eines argentinischen Journalisten ein und sorgte mit dem Kleidungsstück für fast so viel Getöse wie mit seiner zerrissenen Hose. Die Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkommission der Uefa (toller Name) nahm Ermittlungen auf. Der Vorwurf: "Sportfremde Manifestation". Am 21. Mai behandelt die zuständige Kammer der Uefa diesen Fall. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge hörte, " dass man das bei der Uefa mittlerweile etwas gelassener sieht". Das wäre gut.

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(RP)
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