DFB-Schiedsrichter zur WM Ja zu Technik und Spray — nein zur Regelauslegung
Grassau · Die deutschen Schiedsrichter sehen sich durch die teils schwachen Leistungen ihrer Kollegen bei der WM in ihrer konsequenten Regelauslegung bestätigt.
Ja zu Torlinientechnik und Freistoßspray, klares Nein zur Marschroute des Laufenlassens: Die deutschen Schiedsrichter haben kurz nach dem Ende der Fußball-WM in Brasilien ein gemischtes Fazit gezogen. Während die Unparteiischen die in Brasilien erfolgreich getestete Technik weiterhin uneingeschränkt begrüßen und dem Spray "offen" gegenüberstehen, fiel das Urteil über die Leistungen ihrer Kollegen am Zuckerhut negativ aus.
"Die Leistungen der Schiedsrichter waren nicht zufriedenstellend", sagte Referee-Chef Herbert Fandel am Donnerstag am Rande des Lehrgangs für die Unparteiischen der Bundesliga und 2. Liga in Grassau am Chiemsee. Hellmut Krug, Fandels Kollege in der "DFB-Schiedsrichter-Kommission Elite", kritisierte die Spielführung und -philosophie der Unparteiischen. Diese hätten "immer wieder das Bestreben" gezeigt, "das Spiel laufen zu lassen. Gegen jeden Verstand. Wir waren nicht begeistert".
Auch Fandel sah hier einen "roten Faden". Die deutschen Schiedsrichter seien daher aufgefordert, diesem Beispiel nicht zu folgen. "Das werden wir so nicht übernehmen", sagte Fandel. Laut Krug war das Foul, das zum WM-Aus von Brasiliens Star Neymar geführt hatte, eine Folge dieser Linie. Referee Carlos Velasco Carballo (Spanien) warf er "mangelnde Spielkontrolle" vor. Insgesamt sei die Attacke an Neymar aber unglücklich gewesen, "es hat sicher deutlich brutalere Fouls gegeben", meinte Krug.
Über Ursachen für das Vorgehen der WM-Schiedsrichter wollte Fandel nicht spekulieren und von einer möglichen Ansage durch Weltverband FIFA nichts wissen. "Ich kenne Massimo Bussacca (Schiedsrichter-Chef der Fifa, d. Red.) persönlich, das ist ein Ehrenmann", sagte er. Dennoch solle den deutschen Unparteiischen im Trainingslager vermittelt werden, "an der alten Konsequenz festzuhalten".
Weniger mangelnde Konsequenz als vielmehr ein klarer Fehler war es aus Sicht der DFB-Schiedsrichterei, bei Manuel Neuers Foul im WM-Finale gegen Gonzalo Higuain ein vermeintliches Vergehen des Argentiniers zu ahnden. "Die Entscheidung Stürmerfoul hat mich sehr überrascht. Das ist für uns ein Strafstoß und Gelb", sagte Deutschlands Schiedsrichter des Jahres Felix Zwayer (Berlin). Der aus seinem Tor geeilte Neuer hatte den Ball in der 57. Minute weggefaustet und Higuain dabei umgerempelt. "Deutschland hat sehr viel Glück gehabt in dieser Situation", meinte Krug.
Deutschlands einzigen WM-Referee Felix Brych lobte Fandel indes erneut. "Er hat eine gute WM gepfiffen und gehörte nach der Vorrunde aus unserer Sicht zu den besten Schiedsrichtern", sagte er. Brych habe genau die Konsequenz gezeigt, "die wir uns wünschen". Deshalb habe der Münchner ein drittes Spiel verdient gehabt. "Er ist enttäuscht, aber er wird den Weg ohne Probleme zurückfinden", meinte Fandel.
Fandel und Kollegen hoffen derweil weiterhin auf die Einführung der Torlinientechnologie im deutschen Profifußball. Dem Freistoßspray stehen sie ebenfalls "offen" gegenüber, sagte Fandel, "aber das ist nicht das alles heilig Machende". Wichtiger sei weiterhin die Persönlichkeit des Schiedsrichters.