Ex-Schiedsrichter Pauly Karriere von Kempter ist zerstört

Düsseldorf (RP). Manfred Amerell hat sich in den vergangenen Tagen "ein wenig zurückgenommen", wie er selbst sagt. Er habe sich eine "psychische Auszeit" genehmigt. Kräfte sammeln für die nächste Runde in einem obskuren Schauspiel. Die beginnt mit dem Gang zu seinem Anwalt.

Das ist Michael Kempter
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Amerell kämpft weiter und bereitet seine Klagen vor. Gegen vier Schiedsrichter, vielleicht auch gegen den DFB. Amerell sieht sich nach wie vor als Opfer einer großen Intrige.

Michael Kempter, 27, Deutschlands jüngster Bundesliga-Schiedsrichter, war es, der Amerell vorgeworfen hatte, ihn sexuell genötigt zu haben. Amerell sieht das anders und veröffentlicht Mails, die intime Bekenntnisse von Kempter ihm gegenüber bezeugen sollen.

Ein zwischenzeitlich geplantes Comeback von Kempter als Unparteiischer wurde kurzfristig abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben, der Weltverband Fifa hat nun auch verkündet, den Bankkaufmann vorerst international nicht einzusetzen.

Ist die Laufbahn von Michael Kempter damit beendet? "Er wird durch das Fehlverhalten eines anderen seine Karriere einbüßen", sagt DFB-Schiedsrichterbeobachter Dieter Pauly. "Eine Rückkehr für ihn dürfte sehr, sehr schwierig sein. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen."

Pauly, 68 — bekannt geworden durch das Sportfoto des Jahres 1981, das ihn Nase an Nase mit Torwart Toni Schumacher zeigt — gilt als einer der Größten unter den Unparteiischen. Von 1980 bis 1990 leitete er genau 100 Partien, wurde drei Mal als Bester seiner Zunft ausgezeichnet.

"Ich bin nicht Mitglied irgendeines Geheimbundes, wir Schiedsrichter sind um absolute Transparenz bemüht", betont der im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt lebende Pauly. "Ich bin schlichtweg erschüttert über das Verhalten eines Einzelnen. Er hat sein Amt missbraucht."

Wenn Pauly über den seiner Meinung nach Schuldigen spricht, verwendet er nur die Bezeichnung "Er", den Namen Manfred Amerell benutzt er nicht. "Ich möchte diesen Namen auch nicht mehr aussprechen", sagt er. "Wer sich so schändlich verhalten hat, den streiche ich aus meinem Vokabular. Es geht nicht um die sexuelle Ausrichtung von einem Menschen, es geht darum, dass man seine Macht nicht missbrauchen darf, um jemanden zu bedrängen."

Pauly selbst ist Mentor von Bundesliga-Referee Guido Winkmann aus Kerken. Er begleitet den Nachwuchsmann in seinen ersten Jahren, versucht ihm Tipps zu geben, ihn bei Problemen zu unterstützen. "Ich bin aber nicht für seine Bewertung zuständig. Das ist nie nur die Entscheidung von einer Person", sagt Pauly. "Zwischen uns gibt es daher keinerlei Abhängigkeitsverhältnis. Es geht um die Leistung auf dem Platz. Da nützen dir Beziehungen wenig. Unser System ist so ausgereift, dass wir darum weltweit beneidet werden."

Der Fall Amerell, so Pauly, sei für ihn nur ein Einzelfall. "Es ist natürlich jetzt besonders öffentlichkeitswirksam, sich hinzustellen und irgendwelche Rücktritte zu fordern", sagt er. "Vor diesen Karren lasse ich mich aber nicht spannen. Wir sind im DFB gut aufgestellt und werden auch diese Krise überstehen."

(RP)
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