Kuranyi verabschiedet sich augenzwinkernd "Der Blinde hört endlich auf"

Hamburg · Kevin Kuranyi hat seine Karriere beendet. In 15 Profijahren zeichnete sich der Vize-Europameister vor allem durch seinen ausgeprägten Torriecher aus. Im Gedächtnis bleibt auch sein unrühmlicher Abgang aus der Nationalmannschaft.

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Abgang durch die Hintertür: Zwei Tage nach der glamourösen Gala für Lukas Podolski hat Kevin Kuranyi leise Abschied genommen und die große Fußball-Bühne ziemlich unspektakulär verlassen. Nach 52 Länderspielen, 275 Bundesliga-Einsätzen und 15 Jahren im Profigeschäft hängt der einstige Topstürmer seine Schuhe an den Nagel.

"Der Blinde hört endlich auf", schrieb Kuranyi mit einem Augenzwinkern auf seiner Homepage in einem emotionalen Abschiedsbrief zum Ende seiner bewegten Karriere und griff darin auch das schwierigste Kapitel seiner erfolgreichen Laufbahn auf - den unrühmlichen Abgang aus der Nationalmannschaft im Herbst 2008. "Das verfolgt mich bis heute", sagte Kuranyi dem SID.

Weil er von Bundestrainer Joachim Löw nicht für die Partie gegen Russland nominiert worden war, hatte Kuranyi, zwei Monate zuvor mit dem deutschen Team noch Vize-Europameister geworden, das Dortmunder Stadion in der Halbzeitpause verlassen - und sorgte mit seiner Kurzschlussreaktion für größere Schlagzeilen als mit jedem seiner 19 Länderspiel-Tore.

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Doch auch seinen womöglich größten Fehler hat Kuranyi inzwischen verarbeitet, er sei "damit schon seit vielen Jahren im Reinen. Auch mit Bundestrainer Joachim Löw". Nach dem Ende seiner Karriere will er sich nun mehr der Familie widmen.

Kuranyi will Familienmensch sein

"Ich gebe zu, ab und zu juckt es mich, auf den Platz zu laufen und wieder zu kicken", sagte Kuranyi. Aber es sei "viel schöner, dauerhaft das Familienleben genießen zu können - an Geburtstagen zu Hause zu sein, am Wochenende etwas mit den Kindern unternehmen zu können." Er habe nach seinem Vertragsende von 1899 Hoffenheim im vergangenen Sommer noch einige "finanziell verlockende Angebote aus Russland, Brasilien, Katar und China" erhalten, doch nun sei es an der Zeit für einen neuen Lebensabschnitt.

"Ein Großer verlässt die Bühne", sagte Nationalspieler Mario Gomez, langjähriger Weggefährte von Kuranyi, und bezeichnete den Freitag in seiner Videobotschaft als "schwarzen Tag für den Fußball. Wir werden ihn als Spieler nie vergessen. Er war eine große Inspiration."

Kuranyi pendelte in seinen 15 Profi-Jahren stets zwischen den Extremen. Der Vollblutstürmer gehörte wie Weltmeister Philipp Lahm zu den jungen Wilden des VfB Stuttgart, die in der Champions League Anfang der 2000er für Furore sorgten. Für Deutschland debütierte Kuranyi im zarten Alter von 21 Jahren, als noch Spieler wie Carsten Ramelow und Jörg Böhme den Adler auf der Brust trugen.

Doch trotz seiner vielen Tore - acht Bundesliga-Spielzeiten nacheinander traf er von 2002 bis 2010 für Stuttgart und Schalke 04 zweistellig - war der stets perfekt gestylte Angreifer nicht unumstritten. Wurde der 111-malige Bundesliga-Torschütze nach guten Spielen als eiskalter Goalgetter, vorbildlicher Arbeiter und Kopfball-Ungeheuer gefeiert, musste er nach Misserfolgen bei einigen Fans wahlweise als Schönspieler, Söldner oder Chancentod herhalten.

Zuletzt war es still geworden um Kuranyi. Nach seinem Engagement in Russland bei Dynamo Moskau (2010 bis 2015) ging das Vorhaben, in der Bundesliga noch einmal Fuß zu fassen, schief. In seinen 14 Liga-Spielen für 1899 Hoffenheim blieb ihm ein weiterer Treffer verwehrt, seit dem Vertragsende im vergangenen Sommer war Kuranyi vereinslos. Nun ist Schluss.

(sid)
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