Fußball-Anhänger diskutieren in Berlin Krawalle stehen beim Fankongress im Fokus

Berlin · Krawalle trüben immer wieder das Erlebnis Fußball. Fans und Polizisten geraten aneinander. Am Wochenende ist die Eskalation ein Thema beim Fankongress. In Berlin kommen Hunderte Anhänger zum Dialog zusammen, um die Probleme aus ihrer Sicht zu besprechen.

Chronologie der Sicherheits-Debatte im deutschen Fußball
Infos

Chronologie der Sicherheits-Debatte im deutschen Fußball

Infos
Foto: dpa, Tobias Kleinschmidt

Randalierer wüten, verletzen gar Polizisten. Fans fühlen sich wiederum unverhältnismäßig angegangen. So emotionalisiert das schwierige Verhältnis zur Polizei die Anhänger - und die Veranstalter des zweiten zentralen Fankongresses an diesem Wochenende in Berlin haben es zu einem ihrer dringendsten Themen bestimmt. "Natürlich geht es darum, zu schauen, wie kann man Gewalt von beiden Seiten verhindern", sagt Daniel Nowara von der BVB-Fanabteilung und der Organisation "Unsere Kurve" der Nachrichtenagentur dpa.

In einer Podiumsdiskussion mit dem Sicherheitsbeauftragten des Deutschen Fußball-Bundes, Hendrik Große Lefert, und einem angekündigten Vertreter der Polizei erhoffen sich die Organisatoren konstruktive Gespräche über Auswege. "Grundsätzlich ist Dialog der Schlüssel zum besseren Verständnis. Das gilt natürlich insbesondere dort, wo Probleme existieren", erklärt Große Lefert. Aus Sicht von Jakob Falk von "ProFans" müsste die Vermittlung durch Fanprojekte und Fanbetreuer ausgebaut werden: "Das ist für mich die einzig erfolgversprechende Kommunikation".

Auch in den Fanforen heiß diskutiert wurde der Einsatz beim Champions-League-Playoff des FC Schalke 04 gegen PAOK Saloniki. Im Schalker Block hatte die Polizei Tränengas und Schlagstöcke eingesetzt, um eine drohende Eskalation durch eine Flagge mit einem mazedonischen Symbol zu unterbinden und Ausschreitungen griechischer Fans zu verhindern. Schalke hatte das Eingreifen kritisiert, die Polizei hatte es als "notwendig und rechtskräftig" bezeichnet.

"Die Fanprojekte beobachten bundesweit besorgniserregende Vertrauensverluste von vielen Fans gegenüber der Polizei", erklärt KOS-Leiter Michael Gabriel, der sich wünscht, dass Fans mehr Verantwortung übernehmen. Die bundesweite Koordinationsstelle in Frankfurt betreut 54 Fanprojekte an 49 Standorten.

Fankongress als neuer Startschuss?

Nowara hat den Eindruck, "dass jetzt noch härter eingegriffen wird". Er meint, nachdem das umstrittene Sicherheitskonzept im Dezember 2012 von DFB und Deutscher Fußball Liga (DFL) verabschiedet wurde - nach wochenlangen Protesten in der Fanszene. Mit ihrem Motto "Ein fanfreundliches Stadionerlebnis: Wie Fans den Fußball wollen" beziehen sich die Organisatoren auf das DFL-Konzeptpapier "Sicheres Stadionerlebnis". "Das Stadion war schon sicher, ich habe nicht den Eindruck, dass es noch sicherer ist", erklärt Nowara und hofft: Beim Konzept "hat man es nicht geschafft, rechtzeitig miteinander zu reden, vielleicht ist der Fankongress ein neuer Startschuss."

Mit dem Kongress mit rund 600 Anhängern der Profiklubs aus der 1. und 2. Bundesliga sowie von Amateurvereinen - dem zweiten nach Januar 2012 - wollen sich die Fans Gehör für die aus ihrer Sicht wichtigen Probleme verschaffen. Sie wollen "ernst genommen werden" und mehr Mitspracherecht einfordern. "Wir wollen zeigen, dass Fans miteinander arbeiten und das Bild der prügelnden Fans nicht stimmt", sagt Nowara.

Große Lefert erwartet "interessante Themen": "Hieraus können auch neue Impulse für unsere Gremien entstehen." Neben Große Lefert nimmt auch DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock an der Veranstaltung im Berliner Kino Kosmos teil. DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig hält ein Grußwort über das Thema Antidiskriminierung. Dabei dürfte auch das Thema Homophobie zur Sprache kommen. Die Reaktionen der Fans könne man nicht vorhersehen, hatte Thomas Hitzlsperger nach seinem Coming-Out erklärt. "Rassismus und Diskriminierung widersprechen unserer Vorstellung von Fankultur", stellt Falk für "ProFans" klar.

In zahlreichen Foren werden Referenten und Besucher auch über die Stadionverbotsrichtlinien, Vereinsstrukturen, die 50+1-Regel und die Mitbestimmung in den Vereinen diskutieren. Sig Zelt von "ProFans" betont: "Wir wollen herausstellen, dass Fußballkultur etwas sehr Schönes ist, dass Fußball Menschen miteinander verbindet, die sonst durch soziale Schranken voneinander getrennt sind."

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort