Die zehn Hingucker des Spieltags Sanes Schweigen, Raffaels Dusche und Darmstadts Upgrade

Düsseldorf · Kein Auswärtssieg, kein Platzverweis – trotzdem war's ein alles andere als langweiliger und eintöniger Bundesliga-Spieltag. Ein Youngster und ein Aufsteiger haben ihren Teil dazu beigetragen.

Leroy Sane schießt FC Schalke 04 zum Sieg
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Joker Sane schießt Schalke zum Sieg

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Foto: dpa, ahe nic

Kein Auswärtssieg, kein Platzverweis — trotzdem war's ein alles andere als langweiliger und eintöniger Bundesliga-Spieltag. Ein Youngster und ein Aufsteiger haben ihren Teil dazu beigetragen.

Wenn es eine "Kicker"-Rangliste für Humor gäbe, wäre Matthias Sammer normalerweise ein Kandidat für die Rubrik "Hat es leider nicht geschafft". Am Samstag hat er zumindest eine Bewerbung fürs "Blickfeld" abgegeben. "Lewi ist in der Krise. Er hat nur zwei Tore gemacht", scherzte der Sportvorstand von Bayern München nach Robert Lewandowskis Doppelpack beim 3:0 gegen den FSV Mainz 05: "Aber wir drücken noch mal ein Auge zu." So sah es auch Trainer Pep Guardiola: "Er darf mit seiner Frau auf das Oktoberfest." Immerhin gab es die Treffer 100 und 101 im 168. Bundesligaspiel zu bejubeln. Kein Ausländer schaffte es bislang schneller in die Dreistelligkeit — nur die sechs Legenden Dieter Müller, Gerd Müller, Lothar Emmerich, Uwe Seeler, Horst Hrubesch und Rudi Völler.

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Er kam, traf und schwieg: Offiziell fand Leroy Sanés Siegtreffer für den FC Schalke beim Hamburger SV als Jokertor Eingang in die Statistik. Der 19-Jährige war bereits in der 6. Minute für den verletzten Marco Höger eingewechselt worden. Weil er zum dritten Mal in Folge traf, hielten die Schalker Verantwortlichen es für nötig, Sané eine Lehrstunde in Sachen Medientraining zu ersparen. So durfte Johannes Geis, mit 22 Jahren im Vergleich zu Sané gefühlt ein Routinier, über den Teamkollegen sagen: "Leroy ist eiskalt vor dem Tor, er hat einen brutalen Schuss. Im Moment ist er unverzichtbar, das macht er weltklasse."

"Der Weg zur Meisterschaft führt nur über Darmstadt", twitterte @CarstenP und spielte damit darauf an, dass bislang nur der FC Bayern den Aufsteiger bezwungen hat. Nach Schalke 04 (1:1) und Bayer Leverkusen (0:1) konnte auch Borussia Dortmund (2:2) nicht gegen Darmstadt gewinnen. Die Hessen haben zehn Punkte aus den ersten sieben Spielen gesammelt. Beim BVB reichten 23 Prozent Ballbesitz und vier Torschüsse. Das ist nicht schön, aber verhältnismäßig sehr erfolgreich. Wir bleiben bei Twitter und zitieren @astefanowitsch: "Ich würde sagen, Darmstadt 98 hat sich ein Upgrade auf Darmstadt XP verdient."

Diese Spieler erzielten am schnellsten 100 Tore
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Treffen die Kapitäne beider Mannschaften mit dem Kopf, steht es 0:2: Diese Geschichten konnten Gladbachs Granit Xhaka und Stuttgarts Christian Gentner am Samstag erzählen, Letzterer wird über die Kuriosität nicht geschmunzelt haben. In seinem 299. Bundesligaspiel und im 200. für den VfB erzielte Gentner sein erstes Eigentor. Patrick Herrmans Kopfball wäre von alleine wohl nicht reingegangen.

Dr. Markus Merk scherzte schon, er könne ja schnell nach Hamburg fliegen, um einzuspringen. Das hätten die Schalke-Fans mal erleben wollen, nachdem Merk 2001 in Hamburg ewig nachspielen ließ und dann einen indirekten Freistoß für den FC Bayern pfiff, den Patrik Andersson im Tor versenkte — Schalke war Vier-Minuten-Meister. Schon so verlieh Merk den Vorkommnissen in Hamburg eine merkwürdige Dramatik. Schiedsrichter Dr. Jochen Drees hatte sich verletzt, vermutlich eine Zerrung, der Vierte Offizielle Marco Fritz musste ihn ersetzen. Zugeschaltet aus der Ferne, klang Merk, als müsse Drees gerade wiederbelebt werden — dabei übergab der Referee ganz gelassen seine Arbeitsgeräte an Fritz, inklusive Ohrstöpsel, und ließ sich den Oberschenkel verbinden.

Ein Tor und vier Vorlagen gehen auf Raffaels Konto, seit Lucien Favre in Gladbach zurücktreten ist. Das war wohlgemerkt vor einer Woche und bislang war davon auszugehen, dass Raffael nur unter dem Schweizer Trainer funktioniert. Obwohl es auch in diesen beiden Spielen Auszeiten mit hängenden Schultern gab, bleibt eine andere — weil völlig ungewöhnliche — Szene im Gedächtnis: Bei einem Eckball kurz vor Schluss, es stand noch 2:1, peitschte Raffael die 5000 mitgereisten Borussia-Fan an wie ein Animateur auf Mallorca. Als zweifelhaftes Dankeschön gab es beim Torjubel nach dem 3:1 eine Bierdusche. Aber Animateure müssen das abkönnen.

Das erste Spiel nicht zu verlieren, das hatten vor André Schubert schon andere Gladbacher Bundesliga-Trainer hinbekommen, genau genommen alle seit Bernd Krauss 1992. Nun hat Schubert aber nicht nur zwei Spiele lang nicht verloren, sondern sogar beide gewonnen. So gut startete seit 1965 nur einer. Nein, nicht Hennens Weisweiler, nicht Udo Lattek, nicht Jupp Heynckes, sondern Wolf Werner 1987. Der lieferte danach nicht mehr viel Nachahmenswertes für Schubert: Unter ihm stürzte Gladbach zum ersten Mal auf den letzten Tabellenplatz und Werner wurde als erster Borussia-Coach entlassen.

Nicht jeder wird diesen Moment mehr parat gehabt haben, in dem Thomas Müller vor gar nicht langer Zeit unter Beweis stellte, dass er doch von dieser Welt ist. Es war der 23. Juli im chinesischen Guangzhou, als er im Elfmeterschießen als einziger Bayern-Spieler scheiterte. Doch so richtig zählt das natürlich nicht. In Pflichtspielen hatte er zwölfmal in Folge verwandelte, ehe er in Mainz weit über das Tor schoss. Am 11. März 2014 hatte Arsenal-Keeper Lukasz Fabianski Müllers Elfmeter im Achtelfinale der Champions League gehalten.

3485 Tage — im Kopf bekommt man es relativ schnell hin, dass das fast zehn Jahre sind. Marvin Matip war ein Talent beim 1. FC Köln und U21-Nationalspieler, als er sein erstes Bundesligator erzielte. Am Freitag wurde er 30 und traf zum zweiten Mal, diesmal für den FC Ingolstadt, aber immerhin in Köln. Also erinnerte sich Matip an das Nachtleben in der Domstadt und zog mit den Mannschaftskollegen, aber ohne Trainer Ralph Hasenhüttl los. Der ist kein Freund von Bier, schon gar nicht direkt nach einem hart umkämpften Bundesligaspiel. Doch Teambuilding geht manchmal über Regeneration.

Hannover 96 gelang beim VfL Wolfsburg nicht viel mehr als in den Wochen zuvor. Dass es dennoch zum ersten Punktgewinn seit dem ersten Spieltag reichte, hatte das Team von Trainer Michael Frontzeck dem wunderschönen Tor von Hiroshi Kiyotake zu verdanken. Manuel Schmiedebach flankte aus dem Halbfeld, Kiyotake nahm den Ball mit der Brust an und setzte ihn in einer fließenden Bewegung volley unter die Latte.

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