Chefreformer oder Kurzarbeiter Viele Fragezeichen hinter Grindel

Am Freitag wird Reinhard Grindel zum neuen DFB-Präsidenten gewählt. Über seine Bedeutung für den Verband entscheiden allerdings erst die kommenden Monate.

Reinhard Grindel - ehemaliger DFB-Präsident
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Gefeierter Chefreformer oder gescheiterter Kurzarbeiter: Reinhard Grindel wird zwar am Freitag zum neuen Präsidenten gewählt, über seine Bedeutung für den kriselnden Deutschen Fußball-Bund (DFB) entscheiden allerdings erst die kommenden Monate. Wenn es ganz blöd für den in der Öffentlichkeit eher unbekannten 54-Jährigen läuft, könnte seine Amtszeit schon nach sechseinhalb Monaten wieder vorbei sein.

Schließlich endet das Mandat Grindels, an dessen Wahl beim Außerordentlichen Bundestag in Frankfurt/Main keine Zweifel bestehen, bereits Anfang November. Bis dahin hat der bisherige DFB-Schatzmeister alle Hände voll zu tun: Er muss die Grabenkämpfe zwischen Profis und Amateuren beenden, die notwendigen Reformen als Lehre aus dem Skandal um die WM-Vergabe 2006 auf den Weg bringen und das angekratzte Image des Verbands aufpolieren.

Sollte Grindel ("Mich reizt es, die Verantwortung zu übernehmen und mit meinen Erfahrungen an der Basis die Arbeit zu gestalten") an diesen Aufgaben scheitern, könnten die Delegierten beim Ordentlichen Bundestag am 3. und 4. November in Erfurt einen neuen Hoffnungsträger ins Rennen schicken. Das ließ der bisherige Interimspräsident Reinhard Rauball schon durchblicken. Grindels Bestätigung im Amt sei kein "Automatismus", äußerte der Ligapräsident.

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Rauballs Pendant vonseiten der Amateure sieht das natürlich ganz anders: "Ich wünsche mir, dass Reinhard Grindel nach seiner Wahl gesund und erfolgreich dieses Amt viele Jahre ausübt", sagte Rainer Koch der Rheinischen Post. Doch auch der andere Interimspräsident weiß, dass sich Grindel - der eine Ethikkommission einrichten und an der Bewerbung um die EM-Ausrichtung 2024 festhalten will - bewähren muss.

"Den DFB zu führen, ist ein bisschen vergleichbar mit der Bundesregierung. Es sind einfach viele Kräfte beteiligt, die zusammengeführt werden müssen", sagte Koch (57): "Wenn man das gut macht, dann dient es dem Wohl des Fußballs. Und wenn man es nicht hinbekommt, dann wird es schwierig."

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Dass es schwierig für Grindel wird, scheint außer Frage zu stehen. Denn schon vor der Wahl des CDU-Politikers, der sein Bundestagsmandat ruhen lassen will, brodelt es beim Weltmeister-Verband. Die internen Machtspielchen haben bereits begonnen.

So fordert Rauball (69) mehr Einfluss für den Profi-Fußball, ein Eckpunkte-Papier dafür gibt es bereits. Laut der Sport Bild soll DFL-Direktor Ansgar Schwenken ohne Stimmrecht ins DFB-Präsidium aufgenommen werden, ein zweiter Ligavertreter soll im bisher fünfköpfigen DFB-Präsidialausschuss sitzen, der DFB soll bei sportpolitischen Fragen nicht gegen die Interessen der Profis entscheiden, und der Pokal soll reformiert werden (Erstrunden-Freilose für die Europacup-Starter).

Ob die Amateure dies alles mittragen, ist fraglich. Koch ("Es ist wichtig, dass die Seele des DFB-Pokals erhalten bleibt") hat bereits klargemacht, dass die Landesfürsten ihre Zweidrittel-Mehrheit beim Bundestag zum Mitgestalten nutzen werden - und nicht nur zum Abnicken. "Der Amateurbereich im Verband braucht eine starke Stimme. Wir stehen vor großen Veränderungen", sagte der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV).

Wie stark die Amateure sind, haben sie bereits bei der Kandidatenkür bewiesen. Sie hatten Grindel ohne Absprache mit der Liga auserkoren - und ihn damit quasi schon zum Nachfolger des zurückgetretenen Wolfgang Niersbach (65) ernannt. Darüber ärgern sich die Profis nach wie vor. Sollte der Profibereich nicht mehr Mitsprache bekommen und die geforderten Reformen scheitern, droht dem größten Einzelsportverband der Welt eine Zerreißprobe.

Die anderen Personal-Entscheidungen neben der Grindel-Wahl werden dafür sicher nicht sorgen: Der Arbeitsrechtler Stephan Osnabrügge (Vizepräsident des Mittelrhein-Verbands) wird neuer Schatzmeister, der frühere Niersbach-Büroleiter Friedrich Curtius soll als neuer Generalsekretär bestätigt werden.

(sid)
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