Kolumne: Gegenpressing Relegation als Artenschutzprogramm für Dinos

Seit 2009 bekommt der Drittletzte der Bundesliga wieder die Chance, den Abstieg verhindern zu können. Den Hamburger SV freut das.

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Hamburg - Karlsruhe

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Vermutlich hatten die Erstligisten nur lange genug gejammert - über die Qualen hoher Ausgaben, über das Elend der zweiten Liga, über die Ungerechtigkeiten an sich. Deshalb führte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zur Saison 2008 die Aufstiegsspiele zur Bundesliga wieder ein, die er 1991 abgeschafft hatte. Er gab ihnen den schönen Namen Relegation, der aus dem Lateinischen stammt und so was Ähnliches wie Verbannung bedeutet. Klingt so gesehen äußerst vielversprechend.

Für die Erstligisten, die nach einer meist nicht sonderlich befriedigend verlaufenen Saison als Drittletzter die Punkterunde beenden, ist es die ultimative Chance, dieser Verbannung zu entgehen. Rein statistisch betrachtet, gelingt ihnen das meist. Bis 1991 gewannen die Erstligisten sieben der zehn Duelle, seit 2009 vier von sechs.

Sie finden es daher ziemlich gerecht, noch eine Trostrunde spielen zu können. Die Zweitligisten hat ganz bestimmt niemand lange gefragt, was sie von dem Prozedere halten. Denn in den seligen Jahren ohne Relegation gelangte der Zweitliga-Dritte auf geradem Weg in die Bundesliga. Er würde das heute noch gern tun - trotz der Einnahmen durch die TV-Direktübertragung.

In den vergangenen beiden Jahren ist die Relegation als eine Art Artenschutzprogramm für den sogenannten Dino der Liga aufgelegt worden. Vor einem Jahr stolperte der Hamburger Sportverein gegen die SpVgg Greuther Fürth zum Klassenerhalt, obwohl er keines der beiden Spiele gewann (0:0, 1:1), aber eben auswärts ein Törchen schoss, das bei Punktgleichheit den Ausschlag in dem Wettbewerb gibt.

Diesmal stolpert er wieder, und nach dem 1:1 daheim gegen den Karlsruher SC sieht es noch mehr als 2014 so aus, als werde das Artenschutzprogramm keinen Erfolg haben. Verdient wäre das langsam mal. Misswirtschaft und Überheblichkeit haben den einstigen Sieger im Landesmeisterpokal (1983 mit 1:0 gegen Juventus Turin, Torschütze: Felix Magath), dem Vorläufer der Champions League, zu einem dauerhaften Gast im unteren Tabellendrittel gemacht. Da muss endlich Gerechtigkeit walten.

Aber wahrscheinlich rumpelt Stürmer Pierre-Michel Lasogga beim Rückspiel in zwei Tagen in Karlsruhe beim Versuch, die Schuhe zu binden, den Ball ins Tor, während der KSC ein unergiebiges Wettschießen auf die Torlatte veranstaltet. Anschließend feiert sich das Gründungsmitglied der Bundesliga für ewige Klassenzugehörigkeit und leitet daraus den Anspruch ab, weiter Gehälter zu zahlen wie ein Champions-League-Aspirant.

Bis zum nächsten Jahr. Da geht es nach vier neuen Trainern und drei Panikkäufen in der Winterpause gegen Rasenballsport Leipzig in die Relegation. Ach nein, Leipzig steigt ja direkt auf.

Aber das ist eine andere leidvolle Geschichte.

(RP)
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