Borussia-Trainer Favre im Interview "Reus im Sturm macht uns stark"

Mönchengladbach · Borussia Mönchengladbachs Trainer Lucien Favre spricht im Interview mit unserer Redaktion über seine Arbeitsweise, das nächste Bundesligaspiel am Sonntag in Hannover und die Perspektiven seiner Mannschaft.

Herr Favre, haben Sie und Ihre Mannschaft die Niederlage gegen Hoffenheim verdaut?

Lucien Favre Wir können es ja sowieso nicht mehr ändern, also muss ich das akzeptieren. Wir hätten das Spiel gewinnen müssen, normalerweise fällt auch das 2:0. Aber dann haben wir ein bisschen Pech und kassieren das Tor, machen ein paar Fehler. Und dann verlieren wir so ein Spiel. Das war unverdient.

Nun reist Ihre Mannschaft nach Hannover. Ein sehr heimstarkes Team.

Favre Es ist völlig egal, gegen wen wir spielen müssen. In Deutschland ist jede Mannschaft gut. Vor allem geht es für jede Mannschaft um etwas. Es ist nicht wie in anderen Ligen, dass es Teams gibt, für die es nach oben oder unten um nichts mehr geht. Das macht die Liga spannend – es ist für uns aber jede Woche aufs Neue sehr schwer.

Trotzdem hat Ihr Team 51 Punkte gesammelt. Planen Sie schon für Europa?

Favre Ich plane – wie Sie wissen – nur das nächste Spiel. Wir tun gut daran, von Spiel zu Spiel zu gucken und um jeden Punkt zu kämpfen. Alle reden immer nur von Siegen. Aber ein Unentschieden in Nürnberg oder gegen Hoffenheim wären auch zwei Punkte gewesen, die uns sehr gut getan hätten. Aber zu Ihrer Frage: Wir sind nicht dumm, wir kennen die Tabelle. Es wird einen Plan geben.

Sichten Sie Spieler? Schauen Sie sich Spiele an?

Favre Ich schaue keine Spiele im Stadion an. Das kostet zu viel Zeit. Nur unsere U23 besuche ich ab und zu.

Haben Sie denn geahnt, dass Ihre Mannschaft so gut sein würde?

Favre Unsere 51 Punkte sind alle verdient, das ist klar. Aber vergessen Sie nicht, wie wir zu Anfang der Saison gespielt haben. Wir haben kompakt gespielt, waren gut organisiert. Aber die Siege, zum Beispiel in München oder Hamburg, haben wir uns erkämpft. Auf Dauer geht das aber nicht gut. So richtig stark wurden wir erst, als Marco Reus im Sturm gespielt hat.

Reus rückte nach vorn, als Igor de Camargo verletzt war.

Favre Ja, aber es war schon viel länger ein Wunsch von mir. Eigentlich ein Wunsch vom ersten Tag, seit ich hier in Mönchengladbach bin. Selbst im Abstiegskampf habe ich ihn phasenweise nach vorne geschickt. Ich brauche seine Schnelligkeit im Zentrum. Als Patrick Herrmann dann seine Top-Form erreichte, hatten wir dieses Tempo zusätzlich auf dem Flügel. Wir haben in dieser Saison aber auch in anderen Kombinationen vorne gespielt. Es ist ein langer Prozess, wir haben noch viel zu verbessern.

Zum Beispiel?

Favre Wir trainieren jeden Tag die Beidfüßigkeit der Spieler. Nur mit einem Fuß zu spielen, ist extrem schwer. Hoffenheim hat den Ausgleich gegen uns erzielt, weil Firminho mit links getroffen hat, obwohl er Rechtsfuß ist. Wenn du mit beiden Füßen spielen kannst, bist du flexibler, hast einen Radius von 180 Grad, in dem du am Spiel teilnehmen kannst.

Wieviel Potenzial steckt denn noch in Ihrer Mannschaft?

Favre Viele Spieler haben sich gut entwickelt. Es ist klar, dass man irgendwann ans Limit kommt, aber es gibt noch Details zu verbessern. Nehmen Sie Roel Brouwers. Ich habe, als ich kam, ein paar Videos geschaut. Manchmal habe ich mich gefragt, was er da macht. Dann habe ich zweimal mit ihm trainiert – und ich bin wirklich auf den Hintern gefallen. Er hat sofort verstanden, was ich will. Das ist diese Intelligenz, die ich brauche. Aber die haben all meine Spieler.

Wie lange brauchen Sie, um diese Intelligenz zu erkennen?

Favre Fünf Minuten. Mehr nicht.

Wie gehen Sie in die restlichen Spiele?

Favre Ich bin froh, dass wir uns zuletzt wieder mehr Torchancen erarbeitet haben. Das ist wichtig. Gegen Hoffenheim, auch gegen München hatten wir viele Möglichkeiten. Okay, Bayern hatte insgesamt mehr Chancen als wir. Aber das können wir korrigieren.

Und wie?

Favre Indem man intelligent in die Zweikämpfe geht. Ihnen vor allem nicht aus dem Weg geht. In einem Zweikampf kann man viele Dinge falsch machen. Und der Fußball lebt von Fehlern. Unser Ziel ist es, die wenigsten Fehler zu machen.

Das Gespräch führen Karsten Kellermann und André Schahidi

(RP/rm)
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