Schiedsrichter-Chef über den Hoyzer-Schock Fröhlich: "Diese Szenarien waren bis dahin unvorstellbar"

Man könne nicht in die Köpfe der Menschen schauen, sagt der hauptamtliche Schiedsrichter-Boss beim DFB. Zehn Jahre nach dem Skandal um Referee Hoyzer aber ist Lutz Michael Fröhlich überzeugt, dass man die richtigen Konsequenzen gezogen hat.

 Lutz Michael Fröhlich glaubt nicht an einen neuen Fall Hoyzer.

Lutz Michael Fröhlich glaubt nicht an einen neuen Fall Hoyzer.

Foto: dpa, mni jai nic

Lutz Michael Fröhlich war Vertrauensmann der deutschen Spitzenreferees, als ihm kurz vor Weihnachten 2004 seine Kollegen Felix Zwayer und Manuel Gräfe berichteten, dass Robert Hoyzer Spiele manipuliere. Daraufhin rief er den damaligen Schiedsrichter-Chef Volker Roth an - der Fall kam ins Rollen. Inzwischen ist Fröhlich Abteilungsleiter beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht er über die Konsequenzen aus dem Skandal und ob so etwas heute noch möglich wäre.

Wie haben Sie die Situation damals als Vertrauensmann der Spitzen-Schiedsrichter erlebt?

Fröhlich: Die Informationen zu den möglichen Manipulationen waren damals für uns alle zunächst nur schwer einzuordnen und lösten Gedanken zu Szenarien aus, die bis dahin nur schwer vorstellbar waren. Das war unangenehm. Einerseits musste man dem irgendwie nachgehen, andererseits gab es keine Beweise, nur Äußerungen Dritter. Deshalb war auch Behutsamkeit angesagt. Schließlich will man auch niemanden diskreditieren oder einer Verleumdung Vorschub leisten.

Wie hat der Fall Hoyzer das Schiedsrichter-Wesen hierzulande verändert?

Fröhlich: Natürlich war das zunächst ein Schock: Ein Schiedsrichter in Deutschland war an Spielmanipulationen beteiligt! Andererseits hat die Tatsache, dass die Impulse zur Aufklärung aus dem Kreis der Unparteiischen selbst kamen, doch auch wieder das Vertrauen in das Schiedsrichtersystem gefestigt.

Wären Manipulationen wie damals im deutschen Profifußball heute noch möglich?

Fröhlich: Es gibt inzwischen verschiedene Kontrollsysteme über Entwicklungen bei den Quoten auf dem Wettmarkt. Zudem unterliegen die Spiele und Entscheidungen durch die umfassende mediale Präsenz heute auch einer viel größeren öffentlichen Kontrolle, als das noch vor zehn Jahren der Fall gewesen ist. Aber bei allen Schutzmechanismen und Kontrollsystemen, die gut funktionieren: man kann schlussendlich nicht in die Köpfe der Menschen schauen.

Welche Konsequenzen hat man für das Schiedsrichter-Wesen daraus gezogen und gingen diese weit genug?

Fröhlich: Die Schiedsrichter heute haben sich explizit gegen Manipulation und für eine redliche und unbeeinflusste Leitung ihrer Spiele verpflichtet. Eine Art Kodex. Zudem müssen sie ein polizeiliches Führungszeugnis und Auskünfte über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegen. Darüber hinaus wurden auch die Rahmenbedingungen deutlich verbessert, sowohl inhaltlich, in der Aufarbeitung der Spiele, wie auch materiell, was die Honorare angeht.

Würden Sie als Abteilungsleiter heute für ihre Bundesliga-Schiedsrichter die Hand ins Feuer legen?

Fröhlich: Es ist wichtig, dass wir den Schiedsrichtern vertrauen! Und wir wissen, dass es neben den vielen richtigen Entscheidungen auch wenige Entscheidungen gibt, die nicht richtig sind. Diese werden aufgearbeitet, mit dem Ziel, dass das dann künftig besser läuft.

Wie groß war - im Nachhinein - der Schaden für die deutschen Schiedsrichter?

Fröhlich: International haben wir daraus keinen Schaden erlitten. Die internationalen Verbände haben dem deutschen Schiedsrichterwesen weiter vertraut. Sicherlich auch aufgrund der konsequenten Aufarbeitung innerhalb des Verbandes. Deutsche Schiedsrichter genießen international nach wie vor hohe Anerkennung.

Sie stehen ja auch im Austausch mit FIFA- und UEFA-Verantwortlichen: Wie groß sind heute die Gefahren, dass es bei Spielen auf internationaler Ebene nicht mit rechten Dingen zugeht?

Fröhlich: Auf Schiedsrichterseite sind die Rahmenbedingungen international vergleichbar mit denen in Deutschland. Der Austausch zum Thema Manipulation, der eventuell eine Gefahreneinschätzung ermöglicht, findet aber in erster Linie innerhalb der Fachkommissionen statt, die sich speziell mit diesem Thema beschäftigen.

Wird der Fall Hoyzer beim Lehrgang der Erst- und Zweitliga-Schiedsrichter diese Woche auf Mallorca nochmal angesprochen?

Fröhlich: Das wird kein Programmpunkt sein und ich denke auch nicht, dass es unter den Schiedsrichtern noch ein Thema sein wird.

(dpa)
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