Revierderby in der Bundesliga Schalke 04 verneigt sich vor dem BVB

Gelsenkirchen · Die Rollen vor dem 143. Derby sind klar verteilt. Die Königsblauen sind vor allem mit sich selbst beschäftigt und haben große Personalsorgen. Dortmund strotzt vor Selbstbewusstsein und hofft auf Revanche für die vergangene Saison.

Das ultimative Lob kommt von höchster Stelle. Clemens Tönnies, der mächtige Aufsichtsratschef von Schalke 04, hat sich zu Wort gemeldet. Dem Bezahlsender "Sky" hat er ein paar Sätze gesagt, wie man sie selten in der langen Geschichte des Revierderbys vor einem Duell gehört hat. "Der BVB hat sich aus einer ganz misslichen Situation befreit, hat über den sportlichen Erfolg, allerdings auch durch wirklich gute Sanierungskonzepte den Weg zurück an die Spitze der Liga geschafft", sagt der 57-Jährige. "Und dafür kann man nur sagen: Hochachtung." Anerkennung. Demut. Respekt — das alles wirkt nicht gespielt, sondern ist Ausdruck der neuen Lage in der Liga. Der gemeinsame Gegner ist der FC Bayern München. So etwas verbindet zumindest im begrenzten Maße.

Dementsprechend weichgespült hören sich auch die übrigen Kommentare der anderen Handlungsbeteiligten an. Schalkes Sportvorstand Horst Heldt bereut gar eine Attacke vor ein paar Monaten, als er seinen Arbeitgeber schon auf Augenhöhe mit Dortmund wähnte. "Ich ärgere mich selbst, weil ich da Auskunft gegeben habe", bekundet Heldt vor der Begegnung am Samstag (15.30 Uhr/Live-Ticker) in der Gelsenkirchener Arena.

Die defensive Grundhaltung hat mit verschiedenen Faktoren zu tun. Schalke versucht das Duell auf ein Normalmaß runterzuschrauben, weil es nicht wenige gibt, die sich vor einer heftigen sportlichen Blamage fürchten. Das liegt auch an den Personalsorgen. Nach den Ausfällen von Klaas-Jan Huntelaar, Marco Höger und Jeferson Farfan ist viel Substanz verloren gegangen. Schon jetzt sind die Verhältnisse ohnehin deutlich — nach neun Bundesliga-Spieltagen hat Schalke als Fünfter des Klassements schon acht Punkte Rückstand auf Dortmund (2.).

Metzelder glaubt an Dortmunder Sieg

Christoph Metzelder hat für beide Klubs gespielt. Erst für Dortmund (2000 bis 2007), dann für Schalke (2010 bis 2013). Man hat solche Typen in früheren Jahren als Söldner abgestempelt und der Stammtisch hat noch ganz andere Bezeichnungen gefunden. Metzelder beherrscht indes die hohe Schule der Fußball-Diplomatie perfekt und betont wenige Monate nach seinem Karriereende, wie viel Abstand er zum Geschehen mittlerweile hätte (eigene Stiftung, TV-Experte bei Sky, Geschäftsführer einer Sportmarketingagentur) und wie unbelastet er auf das Wirken seiner früheren Arbeitgeber gucken könne.

"Ich denke, dass Dortmund in der Favoritenrolle ist. Gerade weil Schalke in der letzten Saison beide Duelle gewonnen hat", sagt der 32-Jährige. "Das wird in der Vorbereitung des Spiels von Jürgen Klopp mit Sicherheit angesprochen, und so wie im letzten Jahr wird sich der BVB dieses Mal gewiss nicht noch einmal präsentieren."

Der ehemalige Nationalspieler weiß, wie viel dieses Spiel bedeutet, dass es für viele Menschen im Pott um mehr geht als um drei Punkte. Und das sich viele nicht darum scheren, wie es aktuell um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ihres Vereins bestellt ist. "Das ist Schalke gegen Dortmund — wenn du dieses Spiel gewinnst, relativiert sich vieles gleich wieder. Verlierst du, kann es schnell ungemütlich werden", sagt Metzelder. Die Königsblauen stünden gleichwohl unter deutlich höherem Druck. "Wenn Schalke sich nicht für die Champions League qualifiziert, sind Spieler wie Julian Draxler, Benedikt Höwedes und Klaas-Jan Huntelaar absolut gefährdet, den Verein zu verlassen", bekundet der Ex-Abwehrspieler, der nun gelegentlich noch bei seinem Jugendverein TuS Haltern in der Landesliga Westfalen aushilft. "Du musst Top-Spielern eine Perspektive bieten. Wenn dir das nicht gelingt, kann es eng werden." Es steht also viel auf dem Spiel.

(RP)
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