Sicherheitsgipfel in Berlin "Task Force" soll Hooligan-Debatte beruhigen

Berlin · Neue Sachlichkeit statt drakonische Strafen: Mit der Gründung einer "Task Force Sicherheit" soll die hitzige Debatte um die zunehmende Hooligan-Gewalt im deutschen Fußball beruhigt werden.

Darauf einigten sich die Spitzen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der Deutschen Fußball Liga (DFL) und des Bundesinnenministeriums im Rahmen des mit Spannung erwarteten großen Sicherheitsgipfels am Montag in Berlin. Konkrete Maßnahmen sollen erst durch das neue Gremium beschlossen werden.

"Die Task Force muss sich mit den aktuellen Dingen beschäftigen und Lösungsansätze bringen. Schnellschüsse dürfen wir uns dabei aber nicht leisten", sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger. Dem Gremium sollen nach Wunsch der beiden Verbände unter anderem Vertreter aus Politik, Justiz, Polizei, den Fußball-Verbänden, der Fanszene sowie der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) angehören.

Zuletzt waren immer wieder neue Sanktionsmöglichkeiten ins Gespräch gebracht worden, um eine weitere Eskalation der Gewalt in den Stadien zu verhindern. Diese reichten von Verschärfungen der Stadionverbote bis zum "Einmarschieren" von Polizisten in die Fanblöcke in den Stadien in Konfliktsituationen. Davon wollten die Verantwortlichen jetzt nichts mehr wissen.

"Dialog mit Fans muss gesucht werden"

"Die Diskussionen müssen auf eine fachliche Ebene heruntergebrochen werden", sagte Ligapräsident Reinhard Rauball: "Gewalttaten müssen bestraft werden, aber der Dialog mit den Fans muss gesucht werden."

Sowohl Zwanziger als auch Rauball und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) betonten, dass die Zahl der gewaltbereiten Fans im deutschen Fußball im Promille-Bereich liegen würde. Man dürfe zwar nichts verharmlosen, dürfe jedoch nicht pauschal alle Fans verurteilen, sagte Rauball. "Der Dialog mit den Fans ist einer der Schlüsselfaktoren, um der Gewaltproblematik Herr zu werden", sagte Friedrich.

Beim zweiten "Runden Tisch" für den Fußball war dieser Dialog jedoch noch nicht möglich. Denn die Fans mussten draußen bleiben, als hinter verschlossenen Türen diskutiert wurde. In Michael Gabriel gehörte lediglich der Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte zur Runde. "Wir dürfen Fans nicht generell als Problem ansehen. Fans müssen das Gefühl haben, ernst genommen zu werden", sagte Gabriel:
"Wir werden die Probleme nur vor Ort lösen können."

Die Arbeit an der Basis lobten die Beteiligten, forderten in den Stadien aber mehr Zivilcourage. "Eine Aufteilung in gute und schlechte Fans geht nicht, Zivilcourage bei den Fans muss deutlich sichtbarer werden", sagte Zwanziger.

Von Schnellschüssen, wie einem Alkoholverbot im Stadion, hält der für den Sport zuständige Innenminister Friedrich derweil nichts. "Wo immer man Verbote ausspricht, muss es eine Chance auf Durchführbarkeit geben. Wenn wir friedlichen Fans verbieten wollen, einen Becher Bier zu trinken, würde man ein Übermaß an Verboten aussprechen", sagte Friedrich. Auch ein Stehplatzverbot in deutschen Stadien sei, so Zwanziger, derzeit nicht angedacht. Dafür bleibt das Verbot von Pyrotechnik in den Stadien weiterhin bestehen.

Keine Spiele am 1. Mai

Im vergangenen Jahr wurde von DFB und DFL ein Zehn-Punkte-Plan verabschiedet, um Stadionbesuche sicherer zu machen. Sowohl die Politiker als auch die Fußball-Verantwortlichen sehen in der Umsetzung der Kernpunkte, zu denen die Aufstockung von hauptberuflichen Fan- und Sicherheitskräften in den Klubs sowie mehr Präventivarbeit zählt, den Schlüssel zu einer Eindämmung der Gewalt. Im Vorfeld des bereits seit zwei Monaten geplanten Sicherheitsgipfels war die Diskussion um die Sicherheit in den Stadien unter anderen durch schwere Krawalle rund um die DFB-Pokalspiele zwischen Meister Borussia Dortmund und Dynamo Dresden sowie von Eintracht Frankfurt gegen den 1. FC Kaiserslautern befeuert worden.

Definitiv festgelegt wurde, dass auch im Jahr 2012 am 1. Mai keine Fußballspiele geben wird. "Ich habe die Zusage für den Profifußball gegeben", sagte Rauball. Außerdem werden sich die deutschen Klubs auch künftig nicht an den Kosten für Polizeieinsätze rund um ihre Heimspiele beteiligen müssen. "Es ist kein Thema", sagte Rauball: "Ich sage es offen und ehrlich: Wir würden uns auch mit rechtlichen Mitteln dagegen wehren und notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht gehen."

(sid)
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