Hawk-Eye-System kommt Torlinientechnik-Triumph lässt Bundesliga-Bosse strahlen

Frankfurt/Main · Die Bundesligisten haben sich mit deutlicher Mehrheit für die Einführung der Torlinientechnik entschieden. Das Hawk-Eye-System kommt ab der kommenden Saison.

Reaktionen zur Einführung der Torlinientechnik
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Foto: dpa, km pt hak

Der Torlinientechnik-Triumph ließ die Liga-Bosse strahlen und die Gegner kleinlaut zurück. "Für den deutschen Fußball ist das ein wichtiger Schritt nach vorne", sagte Ligapräsident Reinhard Rauball am Donnerstag nach dem Erdrutsch-Sieg der Befürworter bei der Abstimmung unter den Bundesligisten. Mit 15:3-Stimmen hatten die Klubs kurz zuvor die Einführung des Hilfsmittels beschlossen.

Das Hawk-Eye-System ("Falkenauge") wird ab der kommenden Saison Schiedsrichter-Torheiten entlarven, Phantomtore gehören der Vergangenheit an. Bei dem Votum in Frankfurt/Main wurde die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit (zwölf Stimmen) überraschend deutlich übertroffen. Einige Technik-Gegner wechselten die Seiten - nicht so Schalke 04 und Eintracht Frankfurt.

"Das muss man respektieren", sagte der Frankfurter Vorstandsboss Heribert Bruchhagen. "Wir waren dagegen, aus den verschiedensten Gründen. Wenn sich die Mehrheit aber dafür entschieden hat, freuen wir uns 2015/16 auf die Torlinientechnik", äußerte auch Schalke-Manager Horst Heldt.

Die Technik soll ausschließlich in der Eliteklasse eingeführt werden. Bei der Frage nach dem System hatte sich der Ligavorstand bereits im Vorfeld für das aus dem Tennis bekannte britische Hawk-Eye-System entschieden. Der Vertrag läuft drei Jahre. TV-Zuschauer wie Stadionbesucher werden live sehen können, wie das System arbeitet.

Torlinientechnik: Die Systeme im Vergleich
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Foto: dpa, Daniel Karmann

Das auf Hochgeschwindigkeits-Kameras basierende System, das seit dem vergangenen Jahr in der englischen Premier League eingesetzt wird, soll rund 135.000 Euro pro Saison und Verein kosten (8000 Euro pro Spiel). Zuvor standen außerdem die Systeme GoalControl und GoalRef, die ebenfalls vom Weltverband FIFA lizenziert sind, zur Auswahl.

Der Entscheidung zugunsten der Technik wird sich nun auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) anschließen. Das seit langer Zeit von den Schiedsrichtern geforderte Hilfsmittel wird ab den Viertelfinals im DFB-Pokal zum Einsatz kommen. Auch in der Relegation soll das System eingesetzt werden. Dagegen liegt eine Einführung des ebenfalls diskutierten Videobeweises laut den Verantwortlichen der Liga noch in weiter Ferne.

"Ich habe seit Jahren betont, dass wir Schiedsrichter die Torlinientechnik befürworten. Darüber hinaus waren die Erfahrungen bei der WM in Brasilien äußerst positiv", sagte WM- und Phantomtor-Referee Felix Brych: "Ich bin sehr froh, dass der Wunsch der Schiedsrichter mit der Entscheidung erfüllt worden ist."

Chronologie zur Diskussion über die Torlinientechnik
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Foto: Screenshot ZDF

Bei der zurückliegenden Versammlung im März war die Zweidrittel-Mehrheit noch deutlich verfehlt worden. Auch diesmal stand im Vorfeld der Versammlung ein Scheitern der Einführung im Raum. Zahlreiche Klubs hatten sich zunächst gegen die Technik ausgesprochen, einige Vereinsbosse waren von einem erneuten Votum gegen das Hilfsmittel überzeugt.

Dagegen gehörten Rekordmeister Bayern München, Borussia Dortmund, 1899 Hoffenheim und Bayer Leverkusen zu den prominentesten Befürwortern. Es waren schließlich auch die Bayern, die mit ihrem Antrag dafür sorgten, dass sich die Klubverantwortlichen erneut mit dem Thema befassen mussten.

Entsprechend freuten sich die Bayern. "Ich bin sehr froh, dass unser Antrag mit sehr, sehr klarer Mehrheit angenommen wurde. Das Ganze wurde sehr professionell von der Geschäftsführung der DFL vorbereitet", sagte FCB-Präsident Karl Hopfner.

Auslöser der Debatte über die Einführung war das Phantomtor von Stefan Kießling am 18. Oktober 2013 in Sinsheim. Nach wochenlangem Theater war die Diskussion um die Technik nach der Ablehnung der Einführung im März allerdings zunächst beendet.

Der nicht anerkannte Treffer des Dortmunders Mats Hummels im DFB-Pokalfinale zwischen den Bayern und dem BVB (2:0 n.V.) brachte neuen Schwung hinein. Dass die Technologie bei der WM-Endrunde ihren Härtetest bestanden hat, machte den Befürwortern Hoffnung.

"Wir dürfen uns den Neuerungen nicht verschließen", sagte Hoffenheims Sportdirektor Alexander Rosen dem SID: "Die Technik verändert nicht den Charakter unseres Sports, sondern regelt im Sinn aller Beteiligten einfach und schnell die elementare Entscheidung über Tor und kein Tor."

Dabei wird es nach Ansicht von Jörg Schmadtke aber nicht bleiben. "Wenn man die Tür öffnet, wird es irgendwann Techniken für Abseits und das Seitenaus geben. Der Schiedsrichter ist dann nur noch Erfüllungsgehilfe der Technik", äußerte der Sportchef des 1. FC Köln. In der Tat befürchten Kritiker, dass nun die "Büchse der Pandora" geöffnet wurde.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) sieht sich für die Einführung jedenfalls gerüstet und hatte vor der Versammlung für die Technik geworben. Laut DFL-Boss Christian Seifert habe sich die Fußballwelt schließlich ein wenig darüber gewundert, "warum gerade Deutschland die neue Technik bisher nicht eingeführt hat". Mit dieser Verwunderung ist es nun vorbei.

(dpa)
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