Überteuerte Eintrittskarten So fördert Viagogo den Schwarzmarkt

Düsseldorf · Was früher ausschließlich vor dem Stadion ging, spielt sich heute immer häufiger im Internet ab: Der Handel mit überteuerten Eintrittskarten floriert nach wie vor. Die Klubs suchen nach effektiven Sanktionen.

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Foto: dpa, gki hak

Michael Faller hatte vor einer Woche Besuch aus China. Eigentlich ist der Neusser kein großer Stadion-Gänger. Wenn aber einmal Gäste aus Fernost kommen, wollte er ihnen etwas bieten. "Ich war schon sehr spät dran und habe bei Viagogo nach Tickets geschaut", sagt Faller. Wohlwissend, dass er ein bisschen tiefer in die Tasche würde greifen müssen für das Spiel Borussia Dortmund gegen Hertha BSC. Aber dass er am Ende 469,03 Euro für drei Plätze im Signal Iduna Park auf der Osttribüne zahlt, damit hätte der 50-Jährige dann wirklich nicht gerechnet.

Er schilderte dem BVB den Sachverhalt. Der Klub teilte ihm daraufhin mit, er habe die Karten auf dem Schwarzmarkt erworben. Er als Käufer der Tickets habe nichts zu befürchten, der Vorgang werde aber den Anwälten des Vereins gemeldet. Am meisten störte Faller, dass beim Bestellvorgang nirgends der Originalpreis von 37 Euro ersichtlich war. "Das ist doch Wucher", sagt er.

"Nein, mit Wucher hat Viagogo erstmal nichts zu tun", sagt Julian Graf von der Verbraucherzentrale NRW. "Viagogo ist eine Vermittlungsplattform, wie ein Flohmarkt oder Ebay", sagt Graf. Der Anbieter stellt sein Produkt ein, in dem Fall ein Ticket. Der Preis, den der Käufer schließlich zahlt, orientiert sich am Markt. "Gibt es eine Marktknappheit, steigt der Preis. Das ist Vertragsfreiheit", sagt der Verbraucherschützer.

Für Michael Plum von Borussia Mönchengladbach handelt es sich bei Viagogo "ganz klar um einen Schwarzmarkt". Der Verein habe Viagogo bereits verklagt, "wir sind allerdings gescheitert, weil die Karten nur über das Portal angeboten werden, nicht aber verkauft", sagt Plum. Besonders wütend macht Plum, in dessen Zuständigkeit Ticketing und Mitgliederverwaltung fallen, dass bereits jetzt bei Viagogo Karten für das Rückspiel gegen Bayern angeboten werden. Irgendwann Mitte März. "Liefern müssen die Anbieter auf Viagogo die Karten erst eine Woche vor dem Spiel", sagt Plum. Genug Zeit also, um sich über Fanclubs mit verschiedenen Identitäten und Kreditkarten Tickets zum regulären Preis zu beschaffen. Inzwischen macht Gladbach auf Vermittlerportalen Testkäufe, um Vereinsmitglieder zu entlarven, die überteuerte Tickets anbieten. 1200 Fälle hat Gladbach in der vergangenen Saison entdeckt, 85 bis 90 Prozent der Täter seien ermittelt worden. Gegen die geht Borussia mit Maßnahmen wie Entzug der Dauerkarte oder Stadionverbot vor.

Ob nun Schwarzmarkt, Vermittlungsplattform oder Zweitmarkt: Die Klubs wollen dem unseriösen Tickethandel einen Riegel vorschieben. Bayer Leverkusen erwirkte bereits 2013 eine einstweilige Verfügung gegen Viagogo, weil die Ticketbörse überteuerte Karten für Bayer-Spiele verkaufte, zum Teil lange, bevor der Klub selbst welche anbot. Schalke 04 kündigte wenig später den Vertrag mit dem Internet-Unternehmen nach nur zehn Tagen, weil Viagogo vertragliche Regelungen nicht eingehalten haben soll und es massive Fanproteste gab. Beim 1. FC Köln gibt es zwar nicht die Probleme mit dem Online-Handel wie bei anderen Vereinen, dafür gingen Klub, Ordnungsamt und Polizei eine Zeitlang vor dem Stadion gegen Tickethändler vor. Denn auch diese Form des Ticket-Handels ist in Deutschland anders als in England grundsätzlich keine Straftat. Vereine können über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Weiterverkauf von Karten einschränken.

Die Liga jedenfalls ist sich einig: Sie will keine Preistreiberei auf Kosten der Fans. "Wenn ein Spiel ausverkauft ist, dann ist es ausverkauft. Dann gibt es nicht noch mal ein paar hundert Tickets auf irgendeiner Internetplattform zu völlig überzogenen Preisen", sagt Borussias Geschäftsführer Stephan Schippers. Die Realität aber sieht anders aus. Bei Viagogo werden nach wie vor Karten angeboten. Michael Plum fordert deswegen harte Gesetze und Strafen für Betreiber, Anbieter und Käufer. Um den Handel einzudämmen, ist die Borussia Anfang Oktober mit einem eigenen Ticketzweitmarkt online gegangen, an dem der Verein nicht verdienen wolle. "Die Fans müssen sich dann nicht auf teure und eventuell unseriöse Ticketkäufe einlassen", sagt Schippers.

Von Viagogo gab es zu Michael Fallers konkretem Fall keine Stellungnahme.

(RP)
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