Bayern-Präsident zu Gast im Ständehaus Uli Hoeneß erklärt Uli Hoeneß

Düsseldorf · Wer verstehen will, wie Bayern-Boss Uli Hoeneß tickt, der muss ihn live hören: Ein besonnener Mensch, der sich über Gott und die Welt seine Gedanken macht. Und die sehr offen äußert, auch über die Fortuna aus Düsseldorf. Was nicht jedem gefällt. Aber das kann ihm egal sein: Die Fußball-Legende hat einen Status erreicht, in der sagen und tun kann, was er will – und dafür beklatscht wird.

Wer verstehen will, wie Bayern-Boss Uli Hoeneß tickt, der muss ihn live hören: Ein besonnener Mensch, der sich über Gott und die Welt seine Gedanken macht. Und die sehr offen äußert, auch über die Fortuna aus Düsseldorf. Was nicht jedem gefällt. Aber das kann ihm egal sein: Die Fußball-Legende hat einen Status erreicht, in der sagen und tun kann, was er will — und dafür beklatscht wird.

Klar, der Mann teilt gerne aus. Notfalls auch mit der großen Kelle. Aber kann auch anders, eleganter und subtiler. Und das ist nicht weniger schmerzhaft, womöglich sogar schlimmer. Uli Hoeneß hat beides drauf. Ein Beispiel? Bitte sehr: Als der Bayern-Boss jetzt beim Ständehaus-Treff mit Moderator Gabor Steingart auf der Bühne des Düsseldorfer K 21 (dem früheren Ständehaus) steht, da muss früher oder später auch das Thema Fortuna kommen. Kommt es auch — und die Reaktion der Fußball-Legende hat die Fortunen im Saal (sie sind reichlich vertreten, Aktive wie Passive) sicher sehr geschmerzt. Nach dem jüngsten und teuersten Neueinkauf Javi Martinez gefragt und warum der denn nicht gegen Düsseldorf von Beginn an gespielt habe, da meint der Mann aus München ein bisschen süffisant, Martinez sei schließlich ein Defensivspieler allererster Güte. Und die Defensive der Bayern sei gegen Fortuna ja nicht so sehr gefragt gewesen. Wohl war — das Ergebnis von 0:5 war eine böse Klatsche für die Düsseldorfer.

Hoeneß warnt vor zu viel Euphorie

Das sitzt — wenn auch bei einigen wohl ersten im zweiten gedanklichen Anlauf. Aber dann folgt auch gleich ein Quantum Trost: Nein, meinte Hoeneß, er sei nicht der Meinung, die Fortuna sei eben nicht bundesligareif. Wer binnen so weniger Spiele zehn Punkte hole, der habe ja wohl bewiesen, wo er hingehöre. Das ist Balsam auf die Seelen der Fans. Aber Hoeneß ist zu sehr Realist, um nur Zuspruch zu spenden und liefert zwecks Einschätzung der Lage ein paar Fakten aus der realen Welt des Fußballs: Bayern habe 70 Millionen für neue Spieler ausgegeben, die Düsseldorfer zwei. Eine klare Botschaft: Dazwischen liegen nicht nur finanziell Welten. Außerdem: Hoeneß warnt vor zu viel Euphorie in der Stadt. Das oberste Ziel sei der Klassenerhalt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Da nicken nicht nur die vielen Bundestrainer im Saal, weil er ja ausspricht, was sie alle ja schon immer gewusst haben. Wenn einer wie Hoeneß sowas sagt, dann ist das wie in Stein gemeißelt, gebannt hängt man an den Lippen des erfolgreichsten deutschen Fußballmanagers aller Zeiten — und hört gern von ihm, wie toll die Bayern dastehen. Nicht nur sportlich.

400 Mitarbeiter hat der Verein, 188.000 Miglieder, um die 15 Millionen Fans. Der Verein ist reich (er spricht das tatsächlich so offen aus!), aber er steht auch für Zuverlässigkeit und soziale Kompetenz. Wer einmal dort unterkomme, der sei sicher fürs Leben, Man lasse keinen zurück.

Und schon gar keinen Gerd Müller. Der frühere Bomber der Nation ist längst ein Schatten seiner selbst, sehr schlecht gehe es ihm, sagt Hoeneß — aber so lange er lebe, werde der Verein sich um ihn kümmern. Das habe er dem Franz (also Beckenbauer) in die Hand versprochen, daran fühle er sich gebunden. Da jubelt der Saal, weil selbst die hartgesottenen Manager, die da sitzen, sowas gern hören und gern beklatschen.

Genauso wie die Schimpftirade gegen einige Banker mit ihren schwer durchschaubaren Geschäften. Man glaubt es dem Metzgerssohn aus der Gegend südlich des Weißwurst-Äquators, wenn er seine Abscheu gegen miese Geldgeschäfte regelrecht ins Mikro spuckt. Er ist sicher, dass man in der Finanzwelt noch besinnt und binnen weniger Jahren zu den Wurzeln und zum Anstand zurückkehrt. Er, so Hoeneß, möchte jedenfalls sein Geld nicht wie manche Spekulanten mit dem Elend und dem Tod armer Menschen in Bangladesch verdienen.

Würde er wohl wirklich nicht, das nimmt man ihm ab. Muss er aber auch nicht. denn seine Geschäfte gehen auch abseits des Fußballs glänzend. Er macht in Wurst, und zwar in der ganz besonderen aus Nürnberg. Die heißt Rostbratwürstchen und darf nur deshalb so genant werden, weil sie aus der oberfränkischen Metropole kommt. Dort hat Hoeneß vor Jahren eine Produktion aus dem Boden gestampft, weil er, der Metzgerssohn, ganz plötzlich mit der Frage konfrontiert wurde, ob er denn größere Mengen liefern könne.

70 Millionen Euro Umsatz

Wie das Leben halt so spielt — der Ball ist rund, und wenn man einmal ganz oben bei Bayern München ist (was er nicht nur als Spieler, sondern ab 27 auch als Manager war), dann trifft man auch mal den Chef-Einkäufer von Aldi-Süd. Und jener war eben gerade auf der Suche nach einem Lieferanten für zig Tonnen Würstchen. Heute setzt Hoeneß nach eigenen Angaben pro jahr 70 Millionen Euro damit um — das sind eine Menge Würstchen, und die liefert er nicht nur an Aldi. Dienstagmorgen ist er zu einem Kunden nach Hamburg geflogen, weil dort sein Sohn gerade verhandelt. Der führt zwar jetzt die Firma, aber bei manchen Deals ist Papa noch dabei — und hilft. Kann man sich leicht vorstellen. Hoeneß zu sein ist ganz gewiss nicht schlecht fürs Geschäft. Danach geht es per privatem Jet nach Lille, um rechtzeitig zum Spiel der Bayern gegen die dortige Mannschaft im Stadion zu sein. Man darf davon ausgehen, dass das klappt.

An Bord dürfte er gelesen haben, was über seinen Düsseldorfer Auftritt so berichtet wurde. Sollte es Philipp Rösler (FDP-Chef) auch gehört haben, wird der kaum beglückt gewesen sein. Den würde er vielleicht als Arzt für seine Presseabteilung einstellen, mehr nicht, hatte Hoeneß geätzt, als er sich zu Politikern äußern sollte. Den Edmund Stoiber, den schätzt er dagegen sehr, aber nichts geht über Angela Merkel — da ist sein Werte-Kanon eindeutig besetzt. Die Vorteile der Kanzlerin preist er, als ob er gerade von einem Top-Spieler aus Brasilien spricht. Dazu passend: Zu Peer Steinbrück fällt ihm nur ein, wie wurscht es ihm ist, wer gegen Frau Merkel verliert — kurzer Anlauf, Schuss, Tor. Dass der Saal ihm da laut zustimmt, überrascht keinen — SPD-Mitglieder und -Fans sind eher eine Minderheit in diesem Publikum, das sich hauptsächlich aus Wirtschaftsleuten zusammensetzt. Hoeneß jedoch dürfte auch das "wurscht" sein. Längst hat er einen Status erreicht, in dem er (fast) alles machen oder sagen kann, was er will und denkt. Das weiß er, das genießt er.

Aber er stimmt auch freundlich zu, als die Mutter eines kleinen Bayern-Fans ihn nachher fragt, ob ihr Sohn ein Autogramm kriegen könne. Kriegt er, sagt Hoeneß, er solle sein Sekretariat anschreiben und die Bildcollage schicken, auf die der Name soll.

Kein Zweifel — auch das wird er tun.

(RP/seeg/jre/can/ila)
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