Flächendeckende Praktiken? Freiburger Doping-Bericht sorgt für Aufschrei

Dieser Bericht hat es in sich. In der Bundesliga soll in den 1970er und 1980er Jahren regelmäßig Anabolika verabreicht worden sein. Der Bund Deutscher Radfahrer hat angeblich fast flächendeckend anabole Steroide an Sportler verteilt. Der Ruf nach Aufklärung wird laut.

Reaktionen zu den Doping-Vorwürfen
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Foto: dapd, dapd

Systematisches Anabolika-Doping im deutschen Profifußball? Flächendeckendes Doping im Bund Deutscher Radfahrer? Die Vorwürfe der Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin haben für einen Aufschrei gesorgt. Der Ruf nach lückenloser Aufklärung ist laut, frühere Spitzensportler weisen angebliche Doping-Praktiken entschieden zurück.

"Wir waren weit entfernt, über Doping nachzudenken", versicherte der frühere Stuttgarter Torwart Helmut Roleder gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "Ich kann den VfB von irgendwelchen Doping-Geschichten absolut freisprechen."

Der frühere deutsche Radstar Dietrich Thurau zeigte sich von den Anschuldigungen gegen den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) über nahezu flächendeckendes Doping von 1975 bis 1980 überrascht. "Davon weiß ich nichts. Als ich 1974 bei den Amateuren die WM in Montreal gefahren bin, war es kein Thema. Da sind wir nur mit Wasser gefahren", beteuerte Thurau gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Erkenntnissen der Freiburger Untersuchungskommission zufolge hat in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren Anabolika-Doping beim Bundesligisten VfB "in größerem Umfang" sowie in kleinerem Rahmen beim damaligen Zweitliga-Club SC Freiburg eine Rolle gespielt. Beide Vereine sowie der Radverband distanzierten sich klar von möglichen Doping-Praktiken.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) fordert Aufklärung. "Hier werden gravierende Vorwürfe geäußert, die selbstverständlich umfänglich aufgeklärt werden müssen", sagte der Vorsitzender der Anti-Doping-Kommission des DFB, Rainer Koch.

Im BDR soll zwischen 1975 und etwa 1980 in fast flächendeckender Manier nicht nur auf Veranlassung des früheren Freiburger Sportmediziners Armin Klümper mit anabolen Steroiden gedopt worden sein. "Dieses Doping wurde, wie hier erstmals bewiesen werden kann, auch vom BDR aus einem eigenen 'Ärzteplan' finanziert", heißt es.

Bei Klümper waren früher auch Profis des VfB Stuttgart in Behandlung. "Doping war bei uns in der Mannschaft niemals ein Thema. Ich habe es so in Erinnerung, es ist ja schon einige Jahre her, dass Professor Klümper ein anerkannter Sportmediziner war, der auch von seinen Behandlungsmethoden vielleicht etwas progressiver war als die anderen", erzählte Roleder, der bei Klümper etwa wegen Meniskusproblemen behandelt wurde.

Die skurrilsten Ausreden der Doping-Sünder
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Foto: AFP

"Für mich war Klümper jemand, der als anerkannter Sportmediziner gesucht wurde. Da ging es aber nur um Diagnostik und Behandlung", erläuterte Roleder, der von 1972 bis 1987 beim VfB aktiv war. "Von Doping, auch innerhalb der Mannschaft, war wirklich nie die Rede."

Unter anderen wehrten sich auch die ehemaligen VfB-Profis Karlheinz Förster und Karl Allgöwer gegen die Anschuldigungen. "Ich war zwar bei Dr. Klümper, habe mit diesen Dingen aber nie etwas zu tun gehabt", sagte Allgöwer dem "kicker". Für Förster sei Doping abwegig: "Ich hatte nie mit diesem Thema zu tun." Roleder, Förster und Allgöwer wurden 1984 mit Stuttgart deutscher Meister.

Die Kommission wies in ihrem Bericht ausdrücklich daraufhin, dass "eine Zuordnung von Medikationen an einzelne, konkret zu benennende Spieler nach Auswertung der Akten der Staatsanwaltschaft Freiburg nicht möglich" sei. Zumindest könnten aber die Strukturen des Dopings im Fußball unter starker Mitwirkung Klümpers, der mittlerweile zurückgezogen in Südafrika lebt, belegt werden.

Das Gremium betonte, dass dem früheren Sportmediziner erst "durch politische Kreise in Stadt, Land und auf Bundesebene sowie unter Einflussnahme des organisierten Wettkampfsports die entsprechend günstigen Arbeitsbedingungen geschaffen" werden konnten.

(dpa)
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