Wahre Tabelle der Bundesliga Schalke wäre eigentlich in Europa

Düsseldorf · Die Website wahretabelle.de hat sich der Aufgabe verschrieben, die wahre Bundesliga-Tabelle zu ermitteln. Hätten alle Unparteiischen immer richtig entschieden – die Welt wäre bei manchen Teams gerade eine andere.

 Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes im Austausch mit Schiedsrichter Felix Zwayer.

Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes im Austausch mit Schiedsrichter Felix Zwayer.

Foto: dpa, a lof

Die Website wahretabelle.de hat sich der Aufgabe verschrieben, die wahre Bundesliga-Tabelle zu ermitteln. Hätten alle Unparteiischen immer richtig entschieden — die Welt wäre bei manchen Teams gerade eine andere.

Thomas Tuchel gehört zweifellos zu den rhetorisch beschlagenen Vertretern seiner Zunft. Während die Schalke-Arena nach dem letzten Revierderby gegen Borussia Dortmund tobte, parierte der BVB-Trainer die womöglich entscheidende Szene in der Nachspielzeit bereits trickreich: Er habe sich abgewöhnt, sich über Handspiele zu äußern, da er selbst nicht mehr genau wisse, wann ein Handspiel strafbar sei und wann nicht. Obwohl sich die Regel eigentlich nicht geändert hat, wird in Fußballkneipen und Expertenrunden in der Tat über wenig anderes so intensiv diskutiert wie über unnatürliche Handbewegungen oder Vergrößerungen der Körperfläche — dabei dürfte beides laut gängiger Lehrmeinung unseres Physik- und Bio-Unterrichts eigentlich gar nicht funktionieren. Aber wen interessieren solche Details bei einem Handspiel im Strafraum, in der Nachspielzeit, beim Stand von 1:1 in einem Bundesligaspiel zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund. Sogar Felix Zwayer selbst, der Marc Bartras Ballberührung nicht geahndet hatte, sagte anschließend, dass im Grunde beide Entscheidungen richtig gewesen wären.

Natürlich lief auch diese Diskussion letztlich ins Leere: Beide Mannschaften bekamen für das 1:1 einen Punkt. Die Macher der Website wahretabelle.de sind aber keine Pragmatiker. Seit über zehn Jahren seziert eine Community aus Fans, Experten und lizenzierten Schiedsrichtern jede strittige Entscheidung aller Bundesliga-Spieltage bis aufs Letzte. Dass sie dabei keine Einigkeit erzielen, ist Teil des Spiels, am Ende entscheidet die Mehrheit.

Was nach 30 Bundesliga-Spieltagen dabei herauskommt, wenn man alle Spiele um ihre Fehlentscheidungen bereinigt, ist zunächst, dass die Bundesliga-Schiedsrichter ihren anspruchsvollen Job zu weiten Teilen befriedigend ausüben. Und weiterhin, dass Fehlentscheidungen die Großwetterlage in der Bundesliga nicht maßgeblich verändern. Natürlich stehen die Bayern auch in der wahren Bundesliga-Tabelle seit etwa Ende September als Meister fest, wenngleich mit deutlich mehr Abstand. Satte 15 Zähler Vorsprung auf den Tabellenzweiten — in dem Falle Borussia Dortmund — bescheinigt die wahre Tabelle dem Rekordmeister.

Das hat bei den Bayern freilich nicht viel mehr Einfluss als auf die Terminplanung der Meisterfeier. Da sich nun zwischen Champions League und direkten Abstiegsplätzen ein Hauptfeld von 13 mehr oder weniger ähnlich starken Mannschaften gefunden hat, sind die Umwälzungen im Mittelfeld dafür bisweilen enorm. Überraschungsmannschaften wie der SC Freiburg oder das späte Werder Bremen sorgen in der Liga für Erstaunen, hätten abzüglich irregulärer Begünstigungen aber jeweils satte sieben Zähler weniger auf dem Konto. Im Detail liest sich das Ganze noch eindrücklicher: fünf Tore wurden dem SC Freiburg nach dieser Rechnung geschenkt, zwei Tore des Gegners ungerechtfertigterweise aberkannt. Werder hat in 30 Spielen sogar ganze acht Treffer zugesprochen bekommen, die nicht hätten zählen dürfen. Dass der 1. FSV Mainz 05 um den Klassenerhalt zittert und Trainer Martin Schmidt lange um seinen Job bangen musste, wäre kaum vorstellbar. Mit vier zusätzlichen Punkten stünden die Rheinhessen auf einem komfortablen neunten Platz. Borussia Mönchengladbach wäre mit 35 Punkten bereits aus dem Rennen um das internationale Geschäft.

Besonders viele Klicks dürften die Macher der wahren Tabelle in dieser Saison mutmaßlich aus Gelsenkirchen registrieren. Der FC Schalke 04 würde mit fünf zusätzlichen Punkten den größten Sprung in der Tabelle machen und sich von Platz elf auf sechs verbessern. Damit hätte Markus Weinzierls Team nach jetzigem Stand ein Startplatz in Europa sicher. Zwei der fünf Zusatzpunkte hätte übrigens der Sieg gegen Borussia Dortmund gebracht — die Community hat sich darauf verständigt, dass Schiedsrichter Zwayer Elfmeter hätte pfeifen müssen. Darüber, ob der Schütze diesen aber auch tatsächlich verwandelt hätte, weiß man genauso wenig wie Tuchel über Handspiele.

(ako)
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