Trainingslager-Hochburg Warum fahren im Winter eigentlich alle nach Belek?

Belek · Seit Jahren zieht es eine Vielzahl an Bundesligisten im Winter an die türkische Riviera. Zurzeit residieren sieben Erstligaklubs in und um Belek, hinzu kommen diverse Zweit- und Drittligisten. Warum nur?

 In Belek steht ein Fußballplatz neben dem anderen.

In Belek steht ein Fußballplatz neben dem anderen.

Foto: dpa, axs

Wenn sich fast der halbe deutsche Profifußball an einem Ort versammelt, geht's hoch her. Allein sieben Bundesligisten bereiten sich dieser Tage an der türkischen Riviera auf die Rückrunde vor. Während die Profis in und um Belek schwitzen, treffen sich in den Lobbys der Luxushotels Spielerberater, Scouts und Klubmanager. Verträge werden ausgehandelt, Gespräche geführt - und das mal ganz ohne Reiseaufwand. "Es gibt nichts Vergleichbares zu Belek, in keinem anderen Land", sagt Ex-Nationalspieler Dieter Burdenski, der sein Geld heute als Veranstalter und Vermittler von Reisen in die ganze Welt verdient. In den 90-er Jahren half die Ikone von Werder Bremen einst mit, Belek als Bundesliga-Wintergarten zu etablieren.

Neben Werder, Borussia Mönchengladbach und Hannover 96 mit seinem neuen Trainer Thomas Schaaf residieren mit dem Hamburger SV, dem VfB Stuttgart und Hertha BSC zurzeit noch drei weitere Erstligaklubs direkt in Belek. Noch bis Dienstag hat Aufsteiger Darmstadt 98 sein Camp im wenige Kilometer entfernten Lara aufgeschlagen. Hinzu kommen wie in den Vorjahren diverse deutsche Zweit- und Drittligisten. Auch Fortuna Düsseldorf zieht es in diesem Jahr nach Belek.

Sie alle hat es vor allem deshalb an die türkische Küste gezogen, weil das Preis-Leistungsverhältnis "hervorragend" ist, wie viele Klubs betonen. "Diese Region hat sich auf die Trainingslager spezialisiert, das Gesamtpaket mit kurzer Anreise und den tollen Trainingsplätzen ist optimal", lobt VfB-Sportvorstand Robin Dutt. Bremens Aufsichtsratschef Marco Bode urteilt: "Man kann hier sehr gut arbeiten."

Belek ist längst zur deutschen Fußball-Dependence in Winterzeiten geworden und zieht seit Jahren auch internationale Spitzenteams an. Dass die russischen Klubs wegen der von Wladimir Putin initiierten Sanktionen gegen die Türkei erstmal wegbleiben könnten, ändert nichts an der Ausgangslage: Belek kann mit der wohl größten Rasenplatzdichte der Welt werben, damit kann kaum eine andere Region mithalten. Der Ort sehe perspektivisch "keine Gefährdung" seiner Vormachtstellung als Trainingslagerstandort, sagt Tahsin Yilmaz, Kulturabteilungschef der türkischen Botschaft in Berlin. "Belek hat sich in diesem Segment seine Stellung erarbeitet und wird diese auch weiterführen."

Von den großen deutschen Klubs waren bis auf den FC Bayern schon fast alle hier. Und das, obwohl das Wetter in Belek im Januar keineswegs top ist. Sonne und Regen wechseln sich ständig ab, teils kommt es zu Unwettern, oft sinken die Temperaturen in den einstelligen Bereich. "Eine absolute Sicherheit" in diesem Punkt gebe es nie, urteilt Burdenski. "In Dubai oder Abu Dhabi wäre das Wetter vielleicht noch besser, die Aufenthalte dort sind aber auch explizit teurer. Und die Klubs würden Probleme haben, Testspiele zu vereinbaren."

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In Belek ist nichts einfacher als das. So spielt Hertha BSC beispielsweise dreimal innerhalb von drei Tagen - gegen Hannover, Gladbach und den VfL Bochum. Bremen und Gladbach haben an bestimmten Tagen sogar je zwei Testspiele binnen weniger Stunden vereinbart. "Man hat Top-Bedingungen, die Temperaturen sind ordentlich und man hat Testspielgegner", fasst HSV-Trainer Bruno Labbadia zusammen.

Der Kern des Tourismus-Paradieses Belek ist klein und übersichtlich, der Ort zählt nur wenige tausend Einwohner. Um ihn herum sind im Laufe der letzten Jahre immer protzigere Hotelkomplexe entstanden, die meisten mit eigenen Golfanlagen und Fußballplätzen, teils sogar eigenen Stadien. Insgesamt 54 Hotel-Fußballfelder böten "sehr gute Trainingsbedingungen, die von Fußball-Vereinen hoch geschätzt werden", urteilt Yilmaz. Bis zu 700 Teams kommen deshalb jährlich nach Belek. "Die Bedingungen und die Trainingsplätze hier sind einfach überragend", meint Stuttgarts Weltmeister Kevin Großkreutz.

Dieser Luxusfaktor ist an der türkischen Riviera auch für den Otto-Normalverbraucher für einen vergleichsweise überschaubaren Preis zu haben. Im Januar gibt's eine Woche Belek in einem "einfachen" Fünf-Sterne-Hotel all inclusive schon ab etwas mehr als 500 Euro pro Person. Solche Angebote locken: Zwischen 2010 und 2014 machten nach Botschaftsangaben jeweils mehr als eine Million ausländische Touristen pro Jahr Urlaub in Belek.

(dpa)
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