Serie Fussballprofi - Traumjob mit Tücken Kicken ohne Tarifvertrag

Duisburg · Der Aufschrei der Öffentlichkeit ist jedes Mal groß. Dann, wenn Züge mal wieder nicht fahren, Flüge ausfallen oder der Müll tagelang nicht abgeholt wird, weil Lokführer, Piloten oder Müllmänner streiken. Da stellt sich die Frage, was wäre eigentlich los, wenn der Deutschen liebstes Kind, der Fußball, einmal am Wochenende ausfiele, weil die Spieler streiken?

 Im Vergleich zum europäischen Ausland gibt es Nachholbedarf in der gewerkschaftlichen Struktur.

Im Vergleich zum europäischen Ausland gibt es Nachholbedarf in der gewerkschaftlichen Struktur.

Foto: Ferl

"Im internationalen Vergleich sind die gesetzlichen Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer in Deutschland recht hoch. Dies mindert natürlich den Leidensdruck und die Bereitschaft zum Arbeitskampf", sagt VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky. Und: "Tarifverträge können von Gewerkschaften mit Arbeitgeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern geschlossen werden. Als Verhandlungspartner für den Lizenzfußball - also Bundesliga und 2. Liga - käme die DFL als Arbeitgeberverband in Betracht", doch ob die Deutsche Fußball Liga als "Verband mit Zwangsmitgliedschaften" für die Vereine kartellrechtlich überhaupt tariffähig wäre, sei fraglich. Der Abschluss von Tarifverträgen ist dabei satzungsgemäßes Ziel der VDV.

Was es in Deutschland im Fußball bis dato gibt, ist ein Mustervertrag für Vertragsspieler, an dem die VDV mitgewirkt hat, und ein monatlich festgeschriebenes Mindestgehalt von 250 Euro. Wie sehr Praktiken aus dem Fußball mit geltendem Arbeitsrecht kollidieren können, zeigt das Beispiel des früheren Mainzer Torhüters Heinz Müller, in dessen Fall nun das Bundesarbeitsgericht entscheiden muss, ob sein befristeter Vertrag in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hätte übergehen müssen. "Sollte das Gericht für den Torhüter entscheiden, hätte dieses Urteil immense Auswirkungen auf die Transferpraxis", sagt Baranowsky. Im Fußball ist das Aufeinanderfolgen befristeter Verträge die Regel, von Gesetzes wegen ist eine Befristung grundsätzlich aber nur für einen Zeitraum von maximal zwei Jahren zulässig.

Themen, die über einen Tarifvertrag grundsätzlich geregelt werden könnten, fallen Baranowsky etliche ein: Begrenzung von Pflichtspieleinsätzen, Mindestzahl von Urlaubstagen am Stück, Ausweitung der Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, verbesserte Absicherung bei Spielunfähigkeit, betriebliche Altersversorgung oder die Achtung der Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre der Spieler.

Etwas neidisch blickt die VDV dann auch ins europäische Ausland, vor allem nach Spanien, Italien oder England. "Tarifverträge sind in anderen großen europäischen Fußballnationen eine Selbstverständlichkeit", sagt er, und er sieht darin "die notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche internationale Vermarktung" einer Liga, weil es eben eine kollektive vertragliche Basis gebe, auf der der Spielbetrieb stattfinde. Gleichwohl gab es auch in Italien und Spanien in den vergangenen Jahren durchaus Streiks, die ganze Spieltage lahmlegten. Es ging um ausstehende Gehälter.

Baranowsky jedenfalls ist optimistisch, dem Ziel eines Tarifvertrags auch in Deutschland näher zu kommen. "Ich bin zuversichtlich, dass die Möglichkeiten von Tarifverträgen im Fußball auch hierzulande immer mehr in den Fokus rücken werden", sagt er.

(klü)
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