Champions League Debütant FC Astana wird zum Meilensammler

Düsseldorf · Der FC Astana ist der erste kasachische Klub in der Champions League und in dieser Saison wohl der krasseste Außenseiter.

CL 15/16: die Gruppen
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Das Abenteuer Champions League beginnt für Neuling FC Astana mit einem Rekord: Fast 6200 km muss der erste kasachische Vertreter in der Königsklasse zurücklegen, um am Dienstag (20.45 Uhr/Live-Ticker) bei Benfica Lissabon seine Premiere feiern zu können. Das entspricht etwa der Entfernung von Berlin nach New York - eine nie dagewesene Strapaze in der Geschichte des europäischen Vereinsfußballs.

Strapaze? "Da muss ich mich kaputtlachen", sagt Holger Fach im Gespräch mit dem SID. Der frühere Nationalspieler war von 2010 bis 2011 Coach des Hauptstadtklubs, gewann dort Pokal und Supercup - und legte "den Grundstein" des heutigen Erfolges, wie er betont. Die lange Anreise sieht er locker. "Die fünfeinhalb Flugstunden kann man den kleinen Rackern nicht zumuten", sagt er mit ironischem Unterton, "die fliegen Business Class und die Stewardess fragt alle zwei Minuten, ob sie noch was bringen darf."

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Doch für Astanas Gegner in Gruppe C - Benfica, Galatasaray mit Weltmeister Lukas Podolski und Atletico Madrid - dürfte der Trip in das größte Binnenland der Erde trotz Rundumbetreuung im Lear-Jet eine Reise ins Ungewisse werden. Lissabon und Astana trennen fünf Stunden Zeitunterschied - als Faustregel gilt: Jede Stunde fordert einen Tag Akklimatisierung.

Die deutsche Nationalmannschaft hat zweimal vorgemacht, wie man das wegsteckt. Bundestrainer Joachim Löw ließ seine Spieler im Oktober 2010 und März 2013 in deutscher Zeit "weiterleben". Dazu wurden etwa die Hotelfenster verdunkelt, um den gewohnten Tag-Nacht-Rhythmus beizubehalten. Mit Erfolg: beide Spiele wurden 3:0 gewonnen.

15.300 km für drei Spiele

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Astana selbst muss zu seinen drei Gruppenspielen fast 15.300 km zurücklegen; doch der erst vor sechs Jahren auf Initiative von Staatschef Nursultan Nasarbajew zunächst als Lokomotive Astana gegründete Fusionsklub ist nicht nur deshalb der wohl krasseste Außenseiter in der Königsklasse. "Allein die Teilnahme bedeutet einen Quantensprung für uns. Mancher wird sagen, das kommt zu früh", sagt der bulgarische Trainer Stanimir Stojlow. Fach ist sich dennoch sicher: "Das wird bestimmt lustig werden."

Die Anfänge 2009 erlebte der 53-Jährige hautnah mit, er spricht von seiner "schönsten Zeit". Zunächst von der kasachischen Bahn finanziert, kommt das Geld inzwischen aus dem Nationalen Wohlfahrtsfonds, der im "Astana Presidential Sports Club" neben den schlecht beleumundeten Radprofis auch Eishockey- und Basketballteams alimentiert. Laut Fach wird Astana, das sich in den Play-offs gegen APOEL Nikosia durchsetzte, keine Eintagsfliege bleiben. "Wo Geld ist, wird guter Fußball gespielt", sagt er.

Fußballer als Botschafter

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Kasachstan sieht Fußballer und andere Sportler als Botschafter des jungen, aufstrebenden Landes, das 2017 die Weltausstellung Expo beheimatet. Die Klubfarben Blau-Gelb sind nicht zufällig die der kasachischen Flagge. Und Nasarbajew fordert Ergebnisse.

Dabei ist es nicht so, dass Astana mit Geld um sich wirft. Mittelfeldmann Nemanja Maksimovic, der die serbische U20 im Sommer zum WM-Sieg schoss, ist mit einer Ablöse von zwei Millionen Euro teuerster Einkauf der Klubgeschichte.

Ein Etappenziel ist laut Manager Kaisar Bekenow schon erreicht. Als Nasarbajew den Auftrag gab, "einen Klub zu schaffen, der in der Lage wäre, an der Gruppenphase eines europäischen Wettbewerbs teilzunehmen, dachten viele, das sei unrealistisch", sagt er, "aber wir haben das Gegenteil bewiesen."

(sid)
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