"Ich zwinkere ihm zu" Die Sehnsucht nach dem Henkelpott treibt Buffon an

Cardiff · Im Champions-League-Finale in Cardiff kann sich die Juventus-Ikone Gianluigi Buffon den letzten großen Traum als Torwart erfüllen.

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Das Konfetti war längst vom Himmel geregnet, die Fans hatten bereits den Heimweg angetreten und die Spieler der alten Dame die Meisterfeier unter die Dusche verlagert. Auf dem Rasen kickten die Kinder der Juve-Stars fröhlich auf ein Tor, gehütet von einem der größten Idole Italiens. Gianluigi Buffon genoss das Treiben, um seinen Hals baumelte die Medaille - und ab und an ließ er sogar einen Ball passieren.

Die Szenen, aufgezeichnet nach dem sechsten Turiner Scudetto in Folge, lassen tief blicken. Sie charakterisieren den "heiligen Gigi", der für ein ganzes Land weit mehr als nur ein Weltklasse-Torhüter ist. Sie zeugen von menschlicher Größe, kindlicher Freude und von Leidenschaft, die Buffon im biblischen Fußballer-Alter von 39 Jahren noch immer versprüht.

Warum er nicht schon längst das süße Leben in seiner Heimatstadt Carrara am Rande der Toskana genießt und sogar noch die Weltmeisterschaft in Russland spielen will, erklärte Buffon in einem bemerkenswerten Interview mit dem "kicker". Der Henkelpott, die Trophäe für den Gewinn der Champions League, fehle ihm noch im Lebenslauf.

"Ich habe ihn lieb"

"Ich habe ihn lieb und zwinkere ihm zu, denn er treibt mich voran, mich weiterhin täglich zu motivieren und infrage zu stellen", sagte Buffon: "Hätte ich schon alle möglichen Pokale gewonnen, wäre ich vor Langeweile längst berufsmüde."

Am Samstag (20.45 Uhr/Live-Ticker) bekommt Buffon in Cardiff gegen Real Madrid seine dritte Chance auf den Triumph in der Königsklasse. 14 Jahre liegt sein erster Versuch zurück - in Manchester unterlag er mit Juve, der er selbst nach dem Zwangsabstieg 2006 treu blieb, im Elfmeterschießen dem AC Mailand. 2015 in Berlin war der FC Barcelona zu stark.

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"Das Leben ist schön, weil vor zwei Jahren jeder dachte, dass es meine letzte Chance war, die Champions League zu gewinnen", sagte Buffon, nachdem er - mit Hilfe seiner routinierten Vorderleute Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini - im Halbfinale die Offensive des AS Monaco um Sturmjuwel Kylian Mbappé entzaubert hatte. Im Viertelfinale war Buffon in beiden Spielen gegen Barca ohne Gegentor geblieben, nur dreimal musste er in elf Spielen in dieser Saison in der Königsklasse hinter sich greifen.

In den wichtigen Spielen "ist Gigi immer noch der Beste der Welt", lobte sein Trainer Massimiliano Allegri, und auch Zinédine Zidane geriet ins Schwärmen. "Er ist ein geborener Anführer", sagte Reals Meistermacher: "Er hat sich immer um seine Mitspieler gekümmert, das zeigt, welch Mensch er ist, neben dem großartigen Torwart und Kapitän." Ein Mensch, der auch einmal Schwäche zeigt in einem Beruf, in dem Stärke belohnt wird, und der Verantwortung übernimmt, wenn Mitmenschen leiden.

Kein Geheimnis macht er aus seiner Depression, die ihn jahrelang belastete: "Ich entdeckte mich fragiler, als ich glaubte." Offen redet er über seinen geschäftlichen Fehlschlag, der ihn Millionen kostete, aber Tausenden Arbeitern den Job rettete: "Die Erfahrung hat mir selbst gezeigt, dass ich ein Herz habe, und diese Erkenntnis war unbezahlbar."

Und manchmal kickt Gianluigi Buffon einfach aus Spaß mit ein paar Kindern - ab und an lässt er dabei sogar einen Ball passieren.

(sid)
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