Klubs international nur "zweitklassig" Englische Europa-Krise: Premier League schaut wieder nur zu

Zum ersten Mal seit 22 Jahren hat kein englisches Team das Viertelfinale der Europapokalwettbewerbe erreicht. Die Gründe sind vielfältig.

Englische Viertelfinalisten in der Königsklasse
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Foto: afp, tg/llg/tg

Viel Geld, aber keine Ideen und null Erfolg: Wenn am Freitag in Nyon die Viertelfinals der Champions und Europa League ausgelost werden, ist die englische Premier League nur Zuschauer. Bereits zum zweiten Mal binnen drei Jahren hat kein Team der reichsten Fußball-Liga der Welt die Runde der letzten Acht in der Königsklasse erreicht - das Aus des FC Everton in der Europa League am Donnerstag machte das erste "englandfreie" Europapokalviertelfinale seit 1992/93 perfekt. Ein Desaster mit vielen Ursachen.

"Es ist doch so: Mit den besten Mannschaften Europas können wir weder mental noch physisch mithalten", sagte der ehemalige englische Nationalspieler Gary Neville bei Sky. Der 40-Jährige absolvierte mehr als 400 Partien für Manchester United, gewann auf Klubebene praktisch alles, was es zu gewinnen gibt. Neville war eine der prägenden Figuren im Mutterland des Fußballs in einer Zeit, in der England tatsächlich noch den Takt in Europa vorgab.

Heute ist das nicht mehr so. "Was die englischen Klubs international abliefern, ist im Verhältnis zu den anderen Top-Ligen schlichtweg zweitklassig", sagt Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann, der mehr als zehn Jahre auf der Insel spielte.

Dass andere Teams besser spielen, ist allerdings nicht der entscheidende Grund für das englische Scheitern, es ist vor allem auch die Folge der liga-immanenten Strukturen. Geld wird nach dem neuen, milliardenschweren TV-Deal weiter in Strömen fließen, hier und dort wird sicherlich auch deshalb mal wieder ein Superstar nach England wechseln. Erfolg wird das allein aber nicht garantieren.

"Der spanische Fußball ist jedes Jahr dabei, der deutsche Fußball floriert, und auch in Frankreich preschen einige Klubs vor", sagte Arsenal Londons Teammanager Arsene Wenger - vor zwei Jahren! Geändert hat sich wenig, im Gegenteil: Wenger selbst ist Teil des vielleicht größten Problems im englischen Fußball.

Denn die Verantwortlichen der großen Vereine sind nicht mehr "up to date", ihre taktischen Konzepte nicht mehr zeitgemäß. Unter Jose Mourinho etwa kann der FC Chelsea auch gegen ein dezimiertes Paris St. Germain nicht gewinnen, Manuel Pellegrini vertraut bei Manchester City noch immer auf das 4-4-2-System. Und Rekordmeister Manchester United? Der war unter Louis van Gaal international gar nicht erst dabei.

In England, so scheint es, zählen auf der Trainerbank Namen mehr als Spielideen und Konzepte. Die Stars auf dem Platz werden es ja schon richten, zur Not auch allein. "Wir brauchen uns aber doch nur mal aktuell die 20, 30 besten Spieler in Europa anschauen", sagte Hamann: "Mir fällt es schwer, da ein, zwei Spieler zu finden, die in England ihr Geld verdienen."

Und wenn, dann verlassen sie die Insel früher oder später, wie etwa Gareth Bale oder Luis Suarez. "Wir haben noch immer gute Spieler, aber früher haben wir die Gegner förmlich überrannt", sagte der englische Ex-Nationalspieler Jamie Carragher. Aber der enge Zeitplan in der Liga, glaubt zumindest Pellegrini, lässt das heutzutage nicht mehr zu.

"Dass wir keine Winterpause haben, ist ein großer Vorteil für die anderen Teams", sagt der Chilene, aber: "Der Boxing Day ist eine wunderbare Tradition. Wir können das nicht ändern." Aber irgendetwas müssen sie auf der Insel ändern, wollen sie demnächst wieder im Topf sein, wenn die entscheidenden Runden ausgelost werden.

(sid)
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