5:3 im Elfmeterschießen Real erklimmt nach Elfer-Drama Europas Fußball-Thron

Mailand · Cristiano Ronaldo riss sich schreiend sein weißes Trikot vom Leib, er sank unter Freudentränen zu Boden. Ausgerechnet der bis dahin völlig enttäuschende Superstar hat Real Madrid zum Triumph im Derby-Finale der Champions League geschossen.

Real Madrid gewinnt dank Cristiano Ronaldo Champions League nach Elfmeter-Drama
Foto: afp

Im Mailänder San Siro sorgte der Portugiese beim 5:3 nach Elfmeterschießen gegen den Stadtrivalen Atlético für den entscheidenden Treffer und bescherte den Königlichen den elften Triumph in Europas Königsklasse.

"Ich bin sehr, sehr glücklich. Wir haben gelitten, nun ist es ein wunderschöner Tag", sagte Ronaldo, der angeschlagen ins Finale gegangen und bis zum Elfmeterschießen praktisch unsichtbar gewesen war. Sein Teamkollege Toni Kroos, der als erster Deutscher mit zwei Teams die Königsklasse gewonnen hat, meinte: "Das ist einfach nur schön." Kroos reist nun als Champions-League-Sieger ins EM-Trainingslager der Nationalmannschaft nach Ascona. "Wir wollten es in der regulären Zeit über die Bühne kriegen. Am Ende war es auch ein bisschen Glück", gab Kroos im ZDF zu.

In einem packenden, aber nur phasenweise hochklassigen Endspiel hatte es nach 120 Minuten 1:1 (1:1, 1:0) gestanden, nachdem Sergio Ramos (15.) Real früh in Führung gebracht und Yannick Ferreira-Carrasco (79.) ausgeglichen hatte. Atlético scheiterte auch im dritten Anlauf im Finale, weil Juanfran vom Punkt die Nerven versagten und Ronaldo den Schlusspunkt setzte — zuvor hatte bereits in der zweiten Halbzeit Atléticos Antoine Griezmann (48.) einen Foulelfmeter verschossen.

Vor den Augen von Spaniens König Felipe VI., einem erklärten Atlético-Fan, schrieb Nationalspieler Kroos kurz vor der EM deutsche Fußball-Geschichte — 2013 hatte er mit Bayern München in Wembley gegen Dortmund (2:1) triumphiert. Die deutschen Nationalspieler fieberten in ihrem Hotel vor ihrem EM-Härtetest gegen die Slowakei in Augsburg vor einer großen Leinwand mit ihrem Teamkollegen mit.

Keine Revanche für 2014

Ein Wiedersehen von Kroos mit den Bayern im Endspiel von Mailand hatte Atlético mit seinem Halbfinal-Erfolg gegen den deutschen Meister verhindert. Aber wie schon vor zwei Jahren in Lissabon (1:4 n.V.) ließ der große Stadtrivale Real den Titeltraum der Rojiblancos jäh platzen. 1974 hatte Atlético sein erstes Landesmeister-Finale gegen die Bayern verloren (1:1 n.V./0:4).

In einer von Beginn an feurigen Partie - Real hatte in der Startelf neben Kroos auch den zuletzt angeschlagenen Superstar Cristiano Ronaldo aufgeboten - hatte Karim Benzema bereits in der sechsten Minute die erste Riesenchance, scheiterte nach einem Freistoß von Gareth Bale aber aus kürzester Distanz an Atlético-Keeper Jan Oblak.

Ebenfalls nach einem Standard war Ramos mit der Führung zur Stelle, er drückte den Ball zum 1:0 allerdings aus abseitsverdächtiger Position über die Linie. Im Finale 2014 hatte Atlético-Schreck Ramos Real in der Nachspielzeit in die Verlängerung geköpft. Atlético enttäuschte bis zur Pause, blieb ohne nennenswerte Torchance.

Nach dem Wechsel zeigte Atlético die erwartete Reaktion und war sofort im Spiel. Nach einem Foul von Real-Verteidiger Pepe an Fernando Torres entschied Referee Mark Clattenburg auf Elfmeter, den schoss Griezmann allerdings an die Latte. In der Folge begegneten sich beide Teams auf Augenhöhe, das Spiel verlor aber an Klasse. Der unauffällige Kroos wurde in der 72. Minute ausgewechselt, der lange wirkungslose Ronaldo durfte durchspielen.

Real-Coach Zinedine Zidane behielt damit seine weiße Weste, er gewann auch sein drittes Champions-League-Finale in der dritten Rolle mit Real: 2002 hatte er die Königlichen gegen Bayer Leverkusen zum neunten Titel geschossen (2:1), 2014 war er bei der "Decima" Co-Trainer.

Die Mailänder Innenstadt und der Bereich ums Stadion im Viertel San Siro waren den ganzen Tag fest in spanischer Hand. Beide Fanlager stimmten sich an naturgetreuen Nachbildungen ihrer beiden "Stammbrunnen" aus der spanischen Hauptstadt ein: Die Real-Anhänger tanzten um eine Kopie des Cibeles-Brunnen, Atléticos Schlachtenbummler an ihrem geliebten "Neptuno". Vor dem Stadion wurden die letzten Schwarzmarkt-Tickets zu horrenden Preisen gehandelt, sie gingen für mehr als 2000 Euro weg.

(seeg/sid)
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