Champions-League-Finale Real Madrid — die Krönung

Cardiff/Düsseldorf · Real Madrid bestätigt die Vormachtstellung in Europa beim 4:1-Finalsieg über Juventus Turin in der Champions League. Zinedine Zidane verfügt offenbar über die wesentliche Qualität aller Meistertrainer.

Champions League: Real-Spieler feiern Titel mit dem Nachwuchs
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Real-Spieler feiern Titel mit dem Nachwuchs

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Foto: dpa, TH htf

Am Ende der langen Nacht von Cardiff hatte wahrscheinlich jeder Spieler mal eines seiner Kinder in den Henkelpott gesteckt - sofern es sich um Spieler von Real Madrid handelte, denn die von Juventus Turin hatten keinen Zugriff auf den Pokal. Das schmerzte vor allen anderen den längst legendenumwobenen Torwart Gigi Buffon, der auch sein drittes Finale der Champions League als Verlierer beendete. "Es ist eine große Enttäuschung", sagte Buffon, "wir dachten, wir hätten alles getan für den Sieg." Es war nicht genug. Das nach der Pause überragend aufspielende Real gewann mit 4:1 - der große Buffon kassierte ein Tor mehr als in der gesamten Saison der europäischen Meisterklasse zuvor.

An seiner tadellosen Haltung änderte das nichts. Zumindest für den Moment der Gratulation an den Sieger wischte er sich die Enttäuschung aus dem Gesicht. Auch deshalb gehört der Schlussmann zu den Größen dieser Sportart.

Seit diesem Finale ist es wieder ein Stück wahrscheinlicher geworden, dass noch zahlreiche andere Mannschaften Real zum Erfolg gratulieren müssen. Denn das Team von Zinedine Zidane bestätigte die Vormachtstellung auf dem Kontinent. Real verteidigte als erster Verein den Titel in der Champions League, und die Bilanz der zurückliegenden vier Jahre unterstreicht die überragende Klasse. Dreimal seit 2014 setzte sich Madrid im Finale durch, 2015 scheiterte es erst in der Vorschlussrunde (an Juve).

Es sind aber nicht nur Zahlen, die Reals Ausnahmestellung illustrieren. Auch die Art, wie Zidanes Mannschaft sich durch schwierige Phasen des Wettbewerbs bewegte, muss die Mitbewerber tief beeindrucken. Schwierige Phasen gab es im Viertelfinal-Rückspiel gegen den FC Bayern München, im Halbfinal-Rückspiel gegen Atlético Madrid und in der ersten Hälfte des Endspiels. Real überstand die Probleme, weil die Mannschaft die beste Balance hat.

Auf nahezu jeder Position steht der perfekte Mitarbeiter - selbst wenn Torhüter Keylor Navas für seinen Job ein paar Zentimeter zu klein ist, trifft das sogar auf ihn zu. Ganz sicher trifft es auf ein Mittelfeld zu, das in Toni Kroos und Luka Modric glänzende Spielentwickler, in Casemiro ein dynamisches Kraftpaket und in Isco einen fußballerischen Freigeist hat, den Juventus vergeblich zu stellen versuchte. Und da gibt es ganz vorn in der Verwertungskette eben noch Cristiano Ronaldo, der Tore mit der Zuverlässigkeit von Gerd Müller schießt und im vergleichsweise hohen Alter von 32 Jahren die Schönheiten des Zusammenspiels für sich entdeckt. Eine Mannschaft auf dem Höhepunkt ihres Schaffens.

Sie kann in den nächsten Jahren nur an sich selbst scheitern, am Überdruss am Wettbewerb, der mit den großen Erfolgen schon mal einhergeht. Anzeichen gibt es dafür aber nicht. Das liegt auch an der Altersstruktur. Lediglich Ronaldo (32), Sergio Ramos (31), Navas (30) und Modric (31) sind keine Twens mehr. Alle anderen befinden sich in den besten Jahren oder haben ihre Zukunft noch vor sich.

Das gilt sogar für ihren Trainer. Zidane ist bestimmt einer der größten Fußballer aller Zeiten, als Coach befindet er sich am Anfang seiner Karriere. Gut anderthalb Jahre ist der Franzose Cheftrainer bei Real, auf der Habenseite stehen zwei Champions-League-Titel und eine Meisterschaft. Seine Kritiker behaupten, mit dieser Mannschaft würde jeder Zeugwart Titel holen. Die sollten sich mal die Bilanz des allseits anerkannten Fußballgenies Pep Guardiola in dieser Saison anschauen, das trotz der sprudelnden Millionen des Scheichs von Abu Dhabi mit Manchester City die großen Ziele verpasste.

Zidane verfügt offenbar über die wesentliche Qualität aller Meistertrainer. Er kann die Spannungen zwischen 20 Hochbegabten moderieren, und er hält die schwierigen Jungs im Theater der Eitelkeiten bei Laune. Selbst das notorisch anspruchsvolle Umfeld von Real muss feststellen: Dieser Mann hat Klasse - nicht nur auf dem Platz.

(pet)
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