Zidane kämpft um seinen Job Der große Schweiger aus Madrid

Madrid/Düsseldorf · Für Real Madrids Trainer Zinedine Zidane entscheidet die Champions League über den weiteren Berufsweg. Dabei steht ihm allerdings niemand geringeres als das Starensemble aus Paris im Weg.

 Real-Trainer Zinedine Zidane.

Real-Trainer Zinedine Zidane.

Foto: afp

Zinedine Zidane ist als Spieler Welt- und Europameister geworden. Er hat die Champions League gewonnen und nationale Meisterschaften in Spanien und Italien gefeiert. Als Trainer gelang ihm das Kunststück, zweimal in Folge in der Champions League zu triumphieren. Das hat vor ihm noch niemand geschafft. Und doch nörgeln sie an ihm herum, an diesem lebenden Denkmal des Fußballs. Das ist ganz schön undankbar.

Aber von zurückliegenden Verdiensten haben sich die kritischen Fans von Real Madrid noch nie sonderlich beeindrucken lassen. Sie sind ebenso ungeduldig wie Präsident Florentino Perez. Trainer halten sich im Schnitt nur wenig länger als ein Jahr bei Real. Zidane gehört schon zu den Langzeit-Fußballlehrern in Madrid. Er behauptet sich immerhin schon zwei Jahre im Amt. Trotzdem geht es im Champions-League-Achtelfinale gegen Paris St. Germain (Mittwoch, 20.45 Uhr/Live-Ticker) um seine berufliche Zukunft. In der Primera Division ist Real nämlich in eine schwere Krise geraten, der Titelverteidiger der europäischen Meisterklasse kämpft als Vierter um den Startplatz für die Champions League. Vom Titel redet längst niemand mehr.

Kritiker zweifeln an Zidanes taktischen Fähigkeiten

Das ruft vor allem jene Kritiker auf den Plan, die dem stillen Franzosen großes taktisches Können absprechen. Sie halten ihn für einen begabten Moderator und netten Kerl, der das Orchester der Stars bei Laune hält. Für den Fußball und die Lösungen auf dem Feld sorge die Mannschaft selbst, glauben sie.

Zidane hält es für unter seiner Würde, da zu widersprechen. Derartige Einwände registriert er stumm und mit unbewegter Miene. So war er schon als Spieler, nie ein großer Redner, dafür aber einer, der in jeder Mannschaft während des Spiels an den richtigen Rädchen zu drehen verstand. Einer der das Tempo variierte, ein großer Individualist und ein demütiger Mannschaftsspieler zugleich.

Als Führungsfigur bei Juventus Turin, bei Real und in der französischen Nationalmannschaft wurde er gefeiert, aber auch sehr genau beobachtet. Meistens hat er beides stoisch ertragen. Wie viel Leidenschaft, ja Wut in ihm kocht, zeigen Platzverweise in großen Spielen, von denen jener wegen des Kopfstoßes gegen den Italiener Marco Materazzi in der Verlängerung des WM-Finales 2006 der berühmteste wurde.

Der Trainer Zidane leistet sich wenige Aussetzer. Er zieht sich eher in sich selbst zurück. Allzu unfreundliche Nachfragen beantwortet er mit einem leisen ironischen Lächeln. So hat er es schon früher gehalten, wenn er als Kind algerischer Einwanderer in seinen ersten Klubs für sein seltsam klingendes Französisch gehänselt oder bei Real für sein Spanisch verspottet wurde. Er tat so, als lasse er es gar nicht an sich heran.

Ob er es im Gespräch mit seinen Spielern ähnlich macht und gelegentlichen Unwillen aus der Mannschaft mit dem unausgesprochenen Hinweis auf die eigene große Klasse als Spieler einfach niederschweigt, ist nicht bekannt. Die entscheidende Qualität eines außerordentlichen Trainers soll ja in der Kommunikationsfähigkeit bestehen.

Manchmal reicht es da allerdings, einfach nichts zu sagen und zu handeln. Schöne Beispiele sind die kleinen Theaterstücke, die an der Außenlinie bei Auswechslungen von Cristiano Ronaldo zu bewundern sind. Während der Superstar so eine Behandlung manchmal nur mit einem lautstarken Knurren erträgt, spielt Zidane mit sehr aufrechtem Oberkörper und neutraler Miene den strengen Staatsmann. Das kann er also auch.

Die Real-Maschine lässt sich nicht mehr auf Knopfdruck starten

Sein Mitteilungsbedürfnis vor dem Treffen mit den von katarischen Millionen extrem aufgepeppten Parisern am Mittwoch hält sich in Grenzen, öffentlich jedenfalls. "Wir haben dieses Spiel im Kopf", versichert Zidane. Und er vertraut auf die Selbstheilungskräfte im Team. Bislang hat es in den zwei Jahren der Zusammenarbeit in den wichtigen Momenten funktioniert wie eine große, gut geölte Maschine aus lauter funkelnden Einzelteilen. Zidane ist es dabei gelungen, seinen Stars ein gutes Gefühl zu geben und den Nachwuchsleuten Spielzeit zu verschaffen.

Das beste Real Madrid, das aus der zurückliegenden Champions-League-Saison, hat als Mannschaft Vorteile vor Paris St. Germain, das vor allem auf seine Artisten Neymar oder Kylian Mbappé setzt. Zidanes Problem: Auf Knopfdruck lässt sich die Real-Maschine offenbar nicht (mehr) starten. Das zeigten die vielen Stotteranfälle des Motors in der spanischen Meisterschaft. Gerade noch rechtzeitig gab es am Wochenende einen 5:2-Erfolg über Real Sociedad. "Wir haben viel Entschlossenheit an den Tag gelegt", erklärt Zidane, "es war eine gute Vorbereitung." Das Denkmal hat gesprochen.

(pet)
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