Ehemaliger Bundesliga-Trainer Dettmar Cramer ist tot

Düsseldorf · Der ehemalige Bundesliga-Trainer Dettmar Cramer ist tot. Cramer verstarb am Donnerstag im Alter von 90 Jahren in Reit im Winkel, wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Freitag bestätigte.

Dettmar Cramer: Bayern-Trainer, Weltenbummler, "Napoleon"
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Die Karriere des Dettmar Cramer

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"Wir haben einen großen Trainer verloren und eine große Persönlichkeit", wird DFB-Präsident Wolfgang Niersbach verlauten. "Dettmar Cramer war ein weltweit hoch anerkannter Botschafter für den deutschen Fußball. Wegen seiner Kompetenz wurde er überall geschätzt, gleichzeitig war er ein lebensfroher, liebenswerter und einfühlsamer Mensch. Ich habe große Hochachtung vor seinem Lebenswerk", so Niersbach weiter.

FC Bayern trauert um Dettmar Cramer. http://fcb.de/TrauerDettmarCramerCramer starb am Donnerstag dieser Woche im Alter...

Seine größten Erfolge als Trainer feierte Cramer mit dem FC Bayern, mit dem er 1975 und 1976 den Europapokal der Landesmeister sowie 1976 den Weltpokal gewann. In der Bundesliga war er außerdem bei Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen und Hertha BSC tätig. Im Auftrag von DFB und des Weltverbandes Fifa arbeitete Cramer später in mehr als 90 Ländern als Fußball-Ausbilder.

Cramer war ein Pionier. Als erster großer deutscher Fußballtrainer wagte der spätere Coach des FC Bayern München in den 60er Jahren den Schritt ins Ausland. Was in der globalisierten Sportwelt von heute Normalität ist, war damals ungewöhnlich. Mut und Abenteuerlust aber brachte Cramer ebenso mit wie die nötige Weltoffenheit.

Bis 1974 arbeitete Cramer für den Weltverband Fifa als Instrukteur und Trainer, ehe er für wenige Monate US-Nationalcoach wurde und schließlich 1975 für drei Jahre zum FC Bayern ging. Deutscher Meister wurde er dort aber nie. Auch nicht während späterer Engagements bei Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen. Den Ruf als Weltenbummler bestätigte der pedantisch Arbeitende danach als Nationalcoach Saudi-Arabiens und als Trainer der Olympia-Auswahl Südkoreas.

Was er durch den Fußball erreicht habe, "verdanke ich Sepp Herberger", befand der gebürtige Dortmunder stets. Schon als 16-Jähriger war dem späteren Bundesverdienstkreuz-Träger nach einem Jugendlehrgang mit dem Weltmeister-Macher von 1954 klar, dass er Trainer werden wollte. Als dessen späterer Assistent arbeitete Cramer zwischenzeitlich auch für den Deutschen Fußball-Bund. Nach Herbergers Rücktritt 1964 erfüllte sich der Wunsch, sein Nachfolger zu werden, aber nicht. Der DFB entschied sich für Helmut Schön.

Stäbchenessen mit Bleistiften

Cramer konnte sich für neue Kulturen begeistern — auch, um sich Respekt zu verschaffen. Vor seiner Station Ende der 80er Jahre in Japan hatte er mit zwei Bleistiften ausgiebig das Stäbchenessen geübt. Tags drauf konnte er Spiegeleier damit zerteilen, die Spieler staunten. Cramer beschränkte sich sein ganzes Leben lang nicht nur auf Fußball, er bildete sich abseits des Rasens fort. In Japan beschäftigte er sich etwa mit dem Zen-Buddhismus.

Dank seiner Fähigkeiten als Fußball-Professor, wie er oft tituliert wurde, bezeichnen ihn die Japaner bis heute als Vater des modernen japanischen Fußballs. Trotz seiner hohen Anerkennung im ostasiatischen Land gab Cramer sich stets bescheiden. "Ich weiß nicht, wer mehr gelernt hat: Die Japaner von mir oder ich von den Japanern", sagte er in einem Interview. Das Gespür für Gesten fehlte ihm in der Trainerzeit nicht. "Napoleon" wurde er genannt, in entsprechender Montur posierte er im Münchner Olympiastadion.

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