DFB-Pokal Wieso Magdeburg für den BVB gefährlich werden kann

Magdeburg · Der Spitzenreiter der Bundesliga muss in der zweiten Runde des DFB-Pokal zu Drittligisten 1. FC Magdeburg reisen – eine klare Sache? Mitnichten! Die Sachsen-Anhalter könnten den BVB in eine ernsthafte Krise schießen, die Mittel dazu haben sie.

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Ein Herbstabend im Jahr 2000, DFB-Pokal, zweite Runde, Spielort Magdeburg: Oliver Kahn springt in die linke Ecke, Dirk Hannemann verwandelt seinen Elfmeter sicher rechts oben – und die Sensation ist perfekt. Der Oberligist 1. FC Magdeburg wirft den Titelverteidiger und Rekordmeister Bayern München raus. Wahnsinn!

 Die Anzeigetafel bezeugt den sensationellen Sieg des FCM gegen Bayern.

Die Anzeigetafel bezeugt den sensationellen Sieg des FCM gegen Bayern.

Foto: dpa

Die Oberliga hat der Verein mittlerweile hinter sich gelassen. Mehr noch: "Der Club" - wie sie den FCM in Sachsen-Anhalts Hauptstadt nur nennen – ist auf dem Weg zurück in die Zweitklassigkeit, steht aktuell auf Rang zwei der 3. Liga. Ein neues Stadion wurde gebaut, der Verein ist schuldenfrei. Doch viel wichtiger vor dem vorläufigen Saison-Höhepunkt am Dienstagabend: Der 1. FC Magdeburg ist noch immer ein Pokalschreck. Als nächstes zu spüren bekommen soll das Borussia Dortmund. "Wir wollen gewinnen, ganz klar", stellt Geschäftsführer Mario Kallnik unumwunden fest.

Magdeburg Trainer-Härtel: "Lieber einmal 0:3 verlieren, als mehrmals 0:1"

Zu jeder guten Premiere gehört eine verpatzte Generalprobe. Vielleicht auch deshalb nahm man in Magdeburg die 0:3-Heimpleite vom Samstag gegen die Spielvereinigung aus Unterhaching recht entspannt hin. "Es war ein gebrauchter Tag", stellte Rechtsaußen Philip Türpitz fest, Trainer Jens Härtel ergänzte: "Lieber einmal 0:3 verlieren, als mehrmals 0:1." Und so feierten die 15.500 Fans ihre Mannschaft auch trotz der ersten Heimniederlage seit April 2017. "Am Dienstag geht's weiter, alle zusammen!", rief der Einpeitscher via Mikrofon in Richtung Spielfeld.

Schon zu DDR-Zeiten war Magdeburg eine Pokalmannschaft: Siebenmal konnte der FDGB-Pokal – das ostdeutsche Pendant zum DFB-Pokal – gewonnen werden. Viel wichtiger aber: Als einziger DDR-Verein konnte der FCM auch international triumphieren und 1974 den Europapokal der Pokalsieger gewinnen. "Es kann nicht jede Mannschaft Europas Beste sein" - dieser Spruch prangt heute auf Beton gesprüht im Magdeburger Stadion, in Anlehnung an den größten Erfolg der Vereinsgeschichte.

Mit Europas Fußballelite hat man in Magdeburg nicht erst seit der Wende keinen Kontakt mehr, doch gerne reist bis heute kein vermeintliches Spitzenteam in die Bördestadt. Die Bundesligisten Leverkusen (2014) und Frankfurt (2016) mussten dort im Pokal ins Elfmeterschießen, Augsburg sich 2014 (1:0) und zuletzt in dieser Saison (2:0) jeweils geschlagen geben. Und nun also Dortmund.

Magdeburgs Vorbild heißt Nikosia

Der Titelverteidiger reist angeschlagen in den Magdeburger Hexenkessel. Sechs Gegentore kassierte die Borussia in de vergangenen drei Spielen, keines davon konnte gewonnen werden. Zuletzt verspielte die Mannschaft von Trainer Peter Bosz eine 2:0-Führung in Frankfurt. "Das darf uns einfach nicht passieren. Wir müssen die Lehren daraus ziehen und es am Dienstag besser machen", sagt Maximilian Philipp.

Der FCM wird jedoch darauf setzen, gar nicht erst zwei Gegentore zu kassieren. Vor der Haching-Pleite blieb der Zweite der 3. Liga vier Spiele in Folge ohne Gegentor. "Es geht darum, den Gegner auf dein Level runterzuziehen. Indem man sie in Zweikämpfe verwickelt, immer auf den Füßen steht", sagt Trainer Härtel der " SportBild" und kündigt den Schwarzgelben ein denkbar ungemütliches Spiel an.

Wie schwer sich der BVB mit tief stehenden Gegnern tut, konnte der FCM-Trainer eine Woche vor dem Pokalduell in Nikosia sehen. Beim peinlichen 1:1 in der Champions League hatten die Dortmunder am Ende sogar Glück, überhaupt einen Punkt mitnehmen zu können. Über 90 Minuten schaffte es das Bosz-Team nicht, sein temporeiches Offensivspiel aufzuziehen.

Erdmann bekommt Startplatz-Garantie gegen Dortmund

Die Waffen des zypriotischen Vertreters hat auch der deutsche Drittligist. Allen voran an den eisenharten Mittelfeldmann Dennis Erdmann haben die Borussen schlechte Erinnerungen. Im März 2015 noch für Dynamo Dresden im DFB-Pokal gegen den BVB am Ball, lieferte der "Earthman" seinem Gegenspieler Marco Reus ein körperintensives Duell und fügte dem Nationalspieler schließlich eine Prellung zu, sodass dieser vom Platz musste. "Solch ein Spieler hat auf dem Fußballplatz nichts zu suchen, nicht mal in der Kreisklasse", tobte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc nach dem Spiel.

Erdmann hält dagegen: "Das war kein zu hartes Foul. Ich wollte ihn einfach nur auf dem Weg zum Tor stoppen. Das würde ich heute wieder genau so machen", sagte er zuletzt dem " MDR". Und nachdem der 26-Jährige gegen Unterhaching nicht mal im Kader stand, gab ihm sein Trainer für das Dortmund-Spiel bereits eine Einsatzgarantie. "Er wird am Dienstag definitiv spielen."

1. FC Magdeburg - FC Augsburg: die Bilder des Spiels
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Magdeburg - Augsburg: die Bilder des Spiels

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Foto: dpa, kdg

Defensiv kompakt stehen, jeden Zweikampf annehmen und gegen die zuletzt so wacklige Dortmunder Defensive auch selbst gefährlich werden – das ist der Plan. Für letzteres setzt Härtel vor allem auf Christian Beck. Auch der bekam gegen Haching eine Pause, gilt aber als der ultimative Pokalschreck, schon gegen Augsburg traf der 29-Jährige zur Führung.

Darüber hinaus hat der FCM mit dem 21-jährigen Michel Niemeyer und Türpitz zwei weitere brandgefährliche Offensivkräfte. Und als vielleicht größten Vorteil: Die rund 20.000 Fans, die schon im Liga-Alltag die heimische Arena regelmäßig in ein Tollhaus verwandeln. "Gegen Dortmund haben wir hier einen Hexenkessel, und das kann den Unterschied für eine Überraschung ausmachen", sagt Härtel. Es wird ein heißer Tanz für den Titelverteidiger, in der zweiten DFB-Pokalrunde, im Herbst, in Magdeburg – da müssen sie in Dortmund nur beim FC Bayern nachfragen.

(cbo)
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