Jürgen Klopps letztes Spiel als BVB-Trainer Noch einmal auf den Laster

Berlin · Am Samstag (20 Uhr/Live-Ticker) endet nach sieben Jahren die Trainerzeit von Jürgen Klopp bei Borussia Dortmund. Im Finale des DFB-Pokals gegen Wolfsburg kann die Mannschaft eine verkorkste Saison vergolden – und ihr Coach noch einmal um den Borsigplatz fahren.

Am Samstag (20 Uhr/Live-Ticker) endet nach sieben Jahren die Trainerzeit von Jürgen Klopp bei Borussia Dortmund. Im Finale des DFB-Pokals gegen Wolfsburg kann die Mannschaft eine verkorkste Saison vergolden — und ihr Coach noch einmal um den Borsigplatz fahren.

Der Schriftsteller Frank Goosen schreibt gern über seine Heimat. Einen ganzen Roman hat er "Radio Heimat" genannt. Da widmet er dem Ruhrgebiet diese nette Bemerkung: "Und trotzdem stehen wir an lauen Sommerabenden auf unseren Eisenbahnbrücken, schauen auf unsere Städte und denken: Schön ist dat nich, abba meins."

Goosen ist Bochumer. Er würde das aber auch mit gutem Recht über so manchen Dortmunder Stadtteil sagen. Ganz sicher über den Borsigplatz. Hier wurde 1909 über der Gaststätte "Zum Wildschütz" der Ballspielverein Borussia gegründet. Der Platz ist sicher keine Perle glanzvollen städtischen Lebens, zumindest dann nicht, wenn der BVB gerade mal nichts zu feiern hat. Dann will man hier lieber nicht sein.

Vielleicht aber hat der BVB bald, genauer: am Samstagabend, wieder was zu feiern. Denn er steht im DFB-Pokalfinale, und es ist nicht auszuschließen, dass er gegen Wolfsburg gewinnt. Rein rechnerisch stehen die Chancen 50:50, wie die Fußballer so gern sagen. "Die Jungs müssen das auf dem Platz regeln", sagt Dortmunds Trainer Jürgen Klopp.

Vor ein paar Wochen bei seiner Abschiedsankündigung hat er sich gewünscht, "noch mal aus gutem Grund auf dem Lkw um den Borsigplatz zu fahren". Auf den Ladeflächen von Lastkraftwagen präsentieren die Dortmunder nun mal ihre Trophäen. Aus Tradition und weil das Rathaus keinen Balkon hat. Anders als im gediegenen München, wo 2010 ein vorübergehend eingewanderter Holländer namens Louis van Gaal auf dem Marienplatz zum Amüsement des eher feineren Publikums das Feierbiest erfand, sind Dortmunder Partys am Borsigplatz wie volkstümlicher Rock'n'Roll.

Das hat mit der Selbstwahrnehmung der Dortmunder zu tun, die sich trotz kerniger Millionenumsätze gern als folkloristisches Unternehmen präsentieren. Und es hat natürlich auch mit Jürgen Klopp zu tun, der schon am Spielfeldrand alles andere als den vornehmen leitenden Angestellten gibt.

Der BVB verliert sein stärkstes Gesicht

Klopp war sieben Jahre das Gesicht dieses Klubs, wie gemalt für den BVB, so passend, dass er auch in der Marketingschmiede des BVB entstanden sein könnte. Er selbst hat zuletzt Abnutzungserscheinungen gespürt, und er hat darauf in seiner spontanen Art mit dem Rücktritt am Saisonende reagiert. Das Berliner Finale ist sein letztes Spiel mit Dortmund. Und obwohl er sich bei den Anhängern längst unsterblich gemacht hat durch seinen hingebungsvollen Fußball, durch sein Gefühl für die Fans auf den billigen und auf den teuren Plätzen, vor allem aber durch die Erfolge der Jahre 2011 bis 2013, kann er sich am Samstag selbst übertreffen. Ein Sieg wäre nach der Meisterschaft 2011 und dem Double aus Meisterschaft und Pokalsieg 2012 der vierte Titel seiner Amtszeit. Vielleicht benennen sie einen Platz nach ihm.

Klopp weiß um sein Ansehen. Aber er kokettiert mit Idealen, die wie die Dortmunder Vereinsfolklore aus einer anderen Zeit zu stammen scheinen. Er sagt: "Ich bin stolz, ein Teil dieses großen Klubs zu sein", Und: "Niemand ist größer als dieser Klub." Wahrscheinlich stimmt das sogar.

Klopps große Kunst besteht darin, die Gegensätze von altmodischem Vereinsbewusstsein und modernem Marketing perfekt zu vereinen. Deshalb war die Klubführung zunächst nicht so begeistert von seiner Kündigung. Inzwischen hat sie bemerkt, dass der Trainer damit noch mal feinen Schwung in den Laden gebracht hat. Die Mannschaft schaffte in der bemerkenswertesten Aufholjagd der Bundesliga-Geschichte den Sprung vom Tabellenende in den europäischen Fußball. In Berlin kann sie eine lange Zeit völlig verkorkste Saison regelrecht vergolden.

Der Borsigplatz wird für die passende Feier vorbereitet. Er ist nicht schmuddelig, sondern schwarz und gelb. BVB-Fans würden Frank Goosen geringfügig umdichten: "Schön ist dat, weil et meins is." Klopp sagt: "Feiern am Borsigplatz könnte mein Hobby werden."

(RP)
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