Hummels-Tor im Pokalfinale nicht gegeben Klarer Fall — für die Torlinientechnik

Berlin · Schiedsrichter Meyer erkannte einen Treffer des Dortmunder Mats Hummels im Pokalfinale nicht an. Er hatte nicht erkannt, dass der Ball jenseits der Linie war. Die Bayern gewannen in der Verlängerung mit 2:0.

Dante klärt Hummels-Kopfball hinter der Linie
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Ende März hat der deutsche Profifußball bei der Vollversammlung der Deutschen Fußball Liga mit großer Mehrheit die Einführung der Torlinientechnik abgelehnt. "Damit ist das Thema auf absehbare Zeit durch", stellte Ligapräsident Reinhard Rauball fest. Er irrte sich. Denn knapp zwei Monate später ist das Thema, das übrigens vor allem die Schiedsrichter angestoßen hatten, wieder auf der Tagesordnung. Ausgerechnet das erste Finale nach der Entscheidung der DFL hat dafür gesorgt, das Berliner Endspiel im DFB-Pokal zwischen Bayern München und Borussia Dortmund. In der neu entflammten Debatte sieht Präsident Wolfgang Niersbach den Deutschen Fußball-Bund vorerst nicht in der Verantwortung. "Die Bundesligisten haben abgestimmt und sich mehrheitlich dagegen entschieden. Solange das so ist, werden wir vom DFB keine Entscheidung dagegen treffen", sagte der DFB-Chef.

Eine der Schlüsselszenen beim 2:0-Erfolg, den die Münchner in der Verlängerung erkämpften, ereignete sich nach gut einer Stunde. Nach einer Freistoßflanke gelangte der Ball zum Dortmunder Mats Hummels, der köpfte, und Bayerns Verteidiger Dante schlug das Spielgerät ins Feld zurück. Allerdings erst, nachdem der Ball die Torlinie überschritten hatte. Der Schiedsrichter-Assistent schien zunächst auch dieser Meinung, winkte mit der Fahne ein bisschen unsicher zur Mitte, korrigierte sich aber schnell wieder. Schiedsrichter Florian Meyer versagte dem Treffer die Anerkennung. Es blieb beim 0:0.

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Foto: Screenshot Twitter

"Dafür brauche ich keine Torlinientechnik"

Sekunden später wussten die meisten im Stadion, dass es eine Fehlentscheidung war. Denn für sie existiert bereits der Videobeweis. Auf die Smartphones wurden Fernsehbilder gesendet, die zeigen, dass Dante beim Abwehrversuch mit dem rechten Fuß mitten auf der Linie stand und den Ball vermittels großer Ausholbewegung mit dem linken Fuß wegschlug. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp erwies sich als Kenner der Körperphysik und erklärte: "Der Ball muss hinter der Linie gewesen sein. Dafür brauche ich keine Torlinientechnik."

Geholfen hätte sie den Dortmundern — deren Vertreter übrigens wie die der Bayern für die Einführung der Technologie in der Liga gestimmt hatten — trotzdem. Dann hätte der Schiedsrichter ein elektronisches Signal bekommen und den Treffer anerkennen müssen. Dortmund wäre mit 1:0 in Führung gegangen. "Und dann hätte ich das gern mal gesehen", sagte Klopp, "wir ein Tor vor, und die Muskelkrämpfe gab es ja wohl nur auf der anderen Seite."

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So aber schlichen sie, nach dem Verlauf des Spiels, den Anteilen daran und dem fast schon verzweifelten Siegeswillen der Münchner zu Recht, als Verlierer vom Platz. Und Nationalverteidiger Marcel Schmelzer sagte: "Jeder der gegen die Einführung der Technik gestimmt hat, sollte so etwas mal erleben." Sein Kollege Nuri Sahin urteilte völlig im Einklang mit der herrschenden Meinung in der BVB-Kabine: "Wir leben in modernen Zeiten, da muss es solche Hilfsmittel einfach geben."

In England sind sie eingeführt. Aber in Deutschland argumentieren ihre Gegner mit dem Hinweis auf eine seltsame Art von Romantik, die Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern zum Teil des Gesamtkunstwerks erhebt — wochenlange Debatten über mögliche Wendungen im Spielausgang inbegriffen. Dabei vergessen die Akteure, dass es bei der Abstimmung pro oder contra Torlinientechnik um einen Einsatz ab der Saison 2015/2016 ging. Auf das Finale hätte sie also auch bei einer Mehrheit noch keinen Einfluss nehmen können.

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Foto: dpa, ah fpt

Für Klopp ist die Debatte, speziell nach dem Kopfball von Hummels ohnehin unnötig. Dafür hätte es die Torlinientechnik nicht gebraucht, so der 46-Jährige, der Fall sei so eindeutig gewesen. "Die Torlinientechnik gibt es ja nun einmal nicht, aber es gibt Torrichter. Wo waren die denn?", ereiferte sich Klopp. "Überall in Sibirien" würden Torrichter eingesetzt, nur nicht bei einem Finale einer der größten Verbände der Welt, wetterte Klopp. Mats Hummels ist kein Anhänger des Konjunktivs in der Spielbetrachtung. "Wir müssen nicht so tun, als ob es an dieser einzigen Szene gelegen habe", sagte der Verteidiger, "uns hätte ein bisschen mehr fußballerische Klasse gut getan — das ist eine Sache, an der wir hoffentlich noch arbeiten werden."

(RP)
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